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John Flack. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

John Flack - Edgar Wallace


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irren. In irgendeiner Nacht verschwinde ich stillschweigend – Sie können das dem Direktor erzählen, wenn Sie wollen – und dann werde ich mal mit Ravini unter vier Augen sprechen.«

      Seine Stimme wurde laut und kreischend, und das alte wahnwitzige Flackern, das Simpson schon früher an ihm gekannt hatte, erschien wieder in seinen Augen. »Haben Sie jemals wache Träume, Simpson?... Ich habe drei. Ich habe eine neue Methode ausgefunden, um mit einer Million verschwinden zu können. Das ist Nummer eins, ist aber nicht so wichtig. Kummer zwei hat mit Reeder zu tun. Meinetwegen können Sie I. G. alles wiedererzählen. Ich träume davon, daß ich ihn mal treffe – allein – in einer netten, dunklen, nebligen Nacht, wenn die Schutzleute nicht sagen können, ans welcher Richtung die Schreie kommen. Und mein dritter Traum ist Ravini. George Ravini hat eine Chance, und die ist, er stirbt, bevor ich hier rauskomme.«

      »Du bist verrückt,« entfuhr es Simpson.

      »Darum bin ich ja hier,« erwiderte John Flack wahrheitsgemäß.

      Diese Unterhaltung und die mit dem Direktor waren die beiden längsten, die er im Laufe der sechs Jahre in Broadmoor gehabt hatte. Wenn er nicht schrieb, schlenderte er durch die Gefängnisanlagen, das Kinn auf der Brust, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Manchmal kam er an einen bestimmten Platz in der Nähe der hohen Umfassungsmauer, und man munkelte, – obwohl das sehr unwahrscheinlich erscheint – daß er Briefe hinüberwarf. Wahrscheinlicher ist es, daß er einen Boten gefunden hatte, der seine zahlreichen, chiffrierten Briefe nach der Außenwelt beförderte und kurze Antworten zurückbrachte. Er war sehr gut Freund mit dem Aufsichtsbeamten seiner Abteilung, und eines Tages wurde dieser mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Das Tor der Abteilung stand weit offen, und John Flack war in die Welt zurückgekehrt, um seine »wachen Träume« zu verwirklichen.

      1. Kapitel

      Zwei peinliche Gedanken beschäftigten Margaret Belman, während der Süd-Expreß sie dem Knotenpunkt Selford und der kleinen Nebenbahn, die von dort nach Siltbury kroch, entgegenführte. Der erste Gedanke hatte natürlich mit den durchgreifenden Änderungen zu tun, die sie vorhatte, und mit der Wirkung, die diese bereits auf Mr. J. G. Reeder, einen so gütigen Menschen in mittleren Jahren, gehabt hatten.

      Als sie ihm mitgeteilt hatte, daß sie eine Stellung auf dem Lande suchte, hätte er doch wenigstens ein kleines Zeichen von Bedauern sehen lassen können: eine gewisse Verdrossenheit wäre auf jeden Fall angemessen gewesen. Statt dessen hatte ihn aber diese Mitteilung sichtlich erfreut.

      »Ich befürchte, ich werde nicht oft nach der Stadt kommen können,« hatte sie gesagt.

      »Das freut mich aber wirklich,« hatte Mr. Reeder erwidert und noch irgend etwas Nichtssagendes über den Wert zeitweiliger Luftveränderung und den Vorzug, der Natur näher zu kommen, hinzugefügt. Er war tatsächlich viel heiterer geworden als in der letzten vergangenen Woche, und das war ziemlich kränkend.

      Margaret Belmans hübsches Gesicht verzog sich, als sie an ihre Enttäuschung und ihren Ärger dachte. Alle Gedanken, ihre Bewerbung vielleicht doch noch aufzugeben, waren wie fortgeblasen. Sie bildete sich auch nicht einen Augenblick ein, daß ein Sekretärposten mit sechshundert Pfund pro Jahr ihr so ohne weiteres in den Schoß fallen würde. Für einen solchen Posten war sie ja völlig ungeeignet, hatte keinerlei Erfahrung im Hotelfach, und ihre Aussichten, angenommen zu werden, waren äußerst gering.

      Und der Italiener, der so oft versucht hatte, ihre Bekanntschaft zu machen, war ja nur eine jener täglichen Unannehmlichkeiten, mit denen ein junges Mädchen, das für seinen Lebensunterhalt arbeiten muß, so vertraut ist, daß sie unter gewöhnlichen Umständen keinen zweiten Gedanken an ihn verschwendet haben würde.

      Heute Morgen war er ihr aber bis nach dem Bahnhof gefolgt und hatte sicher gehört, wie sie ihrer Begleiterin sagte, sie würde mit dem 6 Uhr 15 Zug zurückkommen. Ein Schutzmann würde ja kurzen Prozeß mit ihm machen – wenn sie sich den Unannehmlichkeiten eines öffentlichen Skandals aussetzen wollte. Aber jedes noch so vernünftige Mädchen schreckt vor einer derartigen, peinlichen Szene zurück, und sie mußte eben diese Angelegenheit auf eigene Faust erledigen. Das war keine angenehme Aussicht, und dies alles genügte, ihr einen sonst vielleicht netten und interessanten Nachmittag zu verderben. Und Mr. Reeder –

      Margaret Belman runzelte die Stirn. Sie war dreiundzwanzig Jahre alt, befand sich also in einem Alter, in dem jüngere Männer manchmal recht langweilig erscheinen. Andrerseits sind aber Männer in der Nähe der Fünfzig auch nicht besonders anziehend, und Mr. Reeders Bartkoteletten, die ihm das Aussehen eines schottischen Kellermeisters gaben, konnte sie schon gar nicht leiden. Er war ja zweifellos ein lieber Mensch –

      In diesem Augenblick lief der Zug in die Station ein, und sie befand sich schon auf dem überraschend kleinen Bahnhof in Siltbury, ehe sie sich noch im Klaren war, ob sie in Mr. Reeder verliebt war, oder sich nur über ihn geärgert hatte.

      Der Kutscher der Bahnhofsdroschke hielt sein unglücklich in die Welt blickendes Pferd vor dem schmalen Torweg an und zeigte mit der Peitsche.

      »Das ist der bequemste Weg für Sie, Miß! Mr. Davers Bureau ist am Ende des Weges.«

      Er war ein schlauer, alter Mann, der schon so manche Bewerberin um den Sekretärsposten nach Larmes Keep gefahren hatte, und er vermutete, daß diese hier, die niedlichste von allen, nicht als Gast kam. Erstens brachte sie kein Gepäck mit, und außerdem war der Fahrkartenkontrolleur hinter ihr hergelaufen, um ihr die versehentlich abgegebene Rückfahrkarte zurückzugeben.

      »Soll ich nicht lieber auf Sie warten, Miß –?«

      »Ach ja, bitte,« sagte Margaret Belman hastig, als sie aus dem altersschwachen Vehikel stieg.

      »Sind Sie bestellt?«

      Der Kutscher war eine stadtbekannte Persönlichkeit und beanspruchte als solche gewisse Vorrechte.

      »Ich frage bloß, weil 'ne Masse junger Frauensleute nach Larmes Keep gekommen sind, ohne bestellt gewesen zu sein, und Mr. Daver wollte sie nicht empfangen. Die haben bloß die Anzeige rausgeschnitten und sind hergekommen. Aber in der Anzeige steht ›Schriftliche Bewerbungen‹. Ich glaube, ich habe so ein Dutzend junger Frauensleute hierhergefahren, die nicht bestellt waren. Ich sage Ihnen das nur zu Ihrem eigenen Besten.«

      Das junge Mädchen lächelte.

      »Sie hätten ihnen das sagen sollen, bevor sie vom Bahnhof wegfuhren,« sagte sie gutgelaunt, »und hätten ihnen so die Kosten für die Droschke ersparen können. Ja, ich bin bestellt.«

      Von ihrem Standpunkt am Tor hatte sie einen guten Ausblick auf Larmes Keep. Es hatte keinerlei Ähnlichkeit mit einem Hotel und noch weniger mit einer besseren Pension, die es doch sein sollte. Der Teil des Hauses, der ursprünglich das Verließ gewesen war, war deutlich zu erkennen, obgleich die steilen, grauen Mauern hinter Efeu versteckt waren, der auch einen Teil des in späterer Zeit angebauten Gebäudes bedeckte.

      Sie sah über eine glatte, grüne Grasfläche, auf der einige Rohrstühle und Tische standen, zu einem Rosengarten hinüber, der jetzt noch im Spätherbst ein einziges Leuchten von Farben war. Dahinter befand sich ein Kranz von Fichten, der bis an den Rand der Klippen zu reichen schien. Sie sah ein Stückchen graublauer See und den leichten Rauchschleier eines Dampfers, der für sie unsichtbar war. Ein sanfter Wind trug den Duft der Blumen zu ihr, den sie entzückt einatmete.

      »Ist es nicht wundervoll?« sie atmete tief.

      Der Kutscher meinte, es wäre »nicht schlecht« und zeigte wieder mit seiner Peitsche.

      »Es ist das kleine viereckige Haus dort – erst vor ein paar Jahren angebaut. Mr. Daver ist mehr Schriftsteller als Pensionsinhaber.«

      Sie öffnete das eichene Tor und ging den Weg hinauf nach dem Allerheiligsten des schriftstellernden Pensionsbesitzers. Das unebene Pflaster wurde auf beiden Seiten von dichten Blumenbeeten eingefaßt. Es war, als ob sie durch den Garten eines kleinen Landhäuschens ging.

      Der Anbau hatte ein hohes Fenster und eine schmale, grüne Tür. Augenscheinlich war sie gesehen worden, denn die Tür öffnete


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