Johann Heinrich Pestalozzi; Meine Nachforschungen über den Gang der Natur in der Entwicklung des Menschengeschlechts. Johann Buschmann HeinrichЧитать онлайн книгу.
aus der Unbehilflichkeit unserer Natur in ihrer tierischen Freiheit, diese führt unser Geschlecht zur Vereinigung seiner Kräfte und der erste Zweck dieser Vereinigung ist die Genüsse des Lebens, die unsere Natur fordert, uns selber leichter, sicherer und befriedigender verschaffen zu können als dieses uns ohne Vereinigung unserer Kräfte mit andern möglich wäre.
Der ursprüngliche Zweck des menschlichen Wissens ist seiner Natur nach mit dem Zweck der menschlichen Vereinigung der nämliche; aber es ist nichtsdestoweniger gewiss, dass die gesellschaftliche Menschheit sich durch ihr Wissen immer mehr von diesem Zweck entfernt, dass unsere Kenntnisse immer mehr auf einer schwärmenden Neigung beruhen uns den Kopf mit fremden, uns gar nicht mehr berührenden Gegenständen anzufüllen. Daher eine Menge Menschen mit den ausgebreitetsten Kenntnissen dennoch in ihren wesentlichsten Angelegenheiten handeln, als wenn sie nichts wüssten und verführt durch die Ausartung ihrer Kenntnisse dahin kommen Träumer, Bettler und Schurken zu werden.
Gott sprach zum Menschen in Eden: Du sollst die Früchte des Baums der Erkenntnis nicht mit tierischer Rohheit an dich reißen, tust du es, so wird deine Erkenntnis eine unversiegliche Quelle des Todes für dich sein, wirst du dich aber, deiner Pflicht getreu, zum ruhigen Beschauen seiner Früchte erheben, so wirst du glücklich leben auf Erden, ich selber will mit dir in deinen Gefilden wohnen. Aber der Tier-Sinn des Menschen wand sich wie eine Schlange um den Baum der Erkenntnis und sagte zum lüsternen Geschlecht: Warum solltest du sehen, was wahr und gut ist, und nicht mit aller Macht, die in deiner Hand ist, darnach greifen? Da riss seine tierische Begierlichkeit mit weibischer Schwäche die verbotene Frucht von den Ästen des Baums; jetzt war seine Unschuld dahin, die Scham blieb ihm übrig. Er suchte jetzt Feigenblätter gegen die Wahrheit seiner Natur und ein Recht gegen seinen Verführer. – So war es im Anfang und so ist es immer.
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Erwerb
Erwerb
Er entspringt wie die Erkenntnis aus der Unbehilflichkeit meines Geschlechts im Verderben seines Naturzustands. Diese führt uns durch die Vereinigung unserer Kräfte zu den unzähligen Mitteln, Künsten, Fertigkeiten, Einrichtungen, Verträgen, Vorkommnissen und Gesetzen, durch welche wir im gesellschaftlichen Zustand den Endzweck zu erzielen suchen, uns untereinander unsere Lebensgenüsse leichter, sicherer und befriedigender machen zu können.
Der Erwerb geht also ebenfalls von meiner Selbstsorge aus und soll mich, seiner Natur und seinem Zweck gemäß, einfach und gerade zur Befriedigung meiner selbst in meinen nächsten Verhältnissen hinführen.
Das Recht des Erwerbs ruht daher auf dem Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung. Aber der Mensch dehnt im gesellschaftlichen Zustand das Recht des Erwerbs weit über den Zweck dieser Vereinigung aus; darum gibt der gesellschaftliche Zustand dem Menschen auch bald allgemein die verschrobene Richtung, dass er den Zweck desselben nicht erzielt, wohl aber durch die Schwerfälligkeit seiner Anstrengung die wonnevolle Behaglichkeit des Naturlebens in sich selbst auslöscht und die wohlwollende Gemütsstimmung ganz verliert, die das wesentliche Kennzeichen seiner inneren Befriedigung und seiner Kraft ist, seine Nebenmenschen in irgend einer Sache durch sich selbst freundlich und froh befriedigen zu können.
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Eigentum – Besitzstand
Eigentum – Besitzstand
Sein Zweck und sein Recht müssen ebenfalls von meiner Selbstsorge ausgehen und mich zur Befriedigung meiner selbst in meinen nächsten Verhältnissen hinführen. Aber der gesellschaftliche Mensch genießt dieses Recht und erkennt diesen Zweck nicht; im Gegenteil, das Eigentum ist in seiner Hand Pandorens Büchse geworden, aus der alle Übel der Erde entsprungen. Es ist durch die Nahrung, die es der Selbstsucht unserer tierischen Natur gibt, das große Hindernis des gesellschaftlichen Zwecks geworden und hat den Menschen bald allgemein dahin gebracht, dass er dasselbe entweder wie ein beladener Esel auf wundem Rücken herumträgt oder wie ein spielendes Kind als ein nichtiges Ding zersplittert.
Eine ursprüngliche Rechtmäßigkeit des Besitzstandes oder eine Möglichkeit den ursprünglich rechtmäßigen von dem ursprünglich unrechtmäßigen Besitzstand zu sondern vermag ich mir nicht zu denken.
Der Besitzstand ist geheiligt, weil wir gesellschaftlich vereinigt sind und wir sind gesellschaftlich vereinigt, weil der Besitzstand geheiligt ist. Welchen Ursprung er auch immer gehabt habe, das geht uns weiter nichts an, wir müssen ihn respektieren, weil er ist und größtenteils wie er ist oder unsere Bande alle auflösen. Aber wie er gebraucht wird und wie er gebraucht werden dürfe, das geht uns unendlich viel an. Je größer das gesellschaftliche Eigentum, je mehr ist es mit den Rechten vieler anderer, die auf eine nähere oder entferntere Art daran teilhaben, belastet und kann folglich dem Zweck der gesellschaftlichen Vereinigung nur insoweit ein Genüge leisten, als die an demselben teilnehmenden Mitnutznießer derselben, in ihren Rechten gesichert, sich durch dasselbe einen befriedigenden Ersatz ihrer Naturrechte verschaffen können. Die Beschränkung der Nutznießung des Eigentums muss daher nach dem Grade seiner Ausdehnung immer steigen und nach dem Grade seiner Einschränkung muss die Nutznießung immer abnehmen. Die Natur führt uns allgemein auf diese Bahn. Der Mann mit beschränktem Vermögen zieht, mit gleicher Tätigkeit und mit gleichen Kenntnissen, Nutzen aus demselben, dem sich der große Reichtum nie nähern kann.
Auch ruht dieser Grundsatz ganz und gar nicht auf willkürlichen Voraussetzungen, sondern auf der Natur der gesellschaftlichen Rechtmäßigkeit des Besitzstands selber. Wenn dieser nicht als der fortdauernde Genuss aller Folgen meiner bloß tierischen Kraft soll angesehen werden, so muss seine Benutzung notwendig soweit in gesetzliche Schranken gelenkt werden, dass es dem untergeordneten Nutznießer des großen Besitzstands immer möglich bleibt im gesellschaftlichen Zustand durch diese Nutznießung diejenige Befriedigung zu finden, um deren willen er das bürgerliche Joch beruhigt am Halse trägt. Hier schlägt also natürlich die Frage ein: Was ist in einem Staat das Verhältnis der Eigentümer gegen die Nichteigentümer? Der Besitzstand gegen die Menschen, die keinen Teil an der Welt haben? Gehört diesen unseren Mitmenschen, die mit gleichen Naturrechten wie wir geboren uns den Besitzern der Erde mit gleichen Ansprüchen ins Angesicht sehen, gehört diesen Staatsbürgern, die jede Last der gesellschaftlichen Vereinigung siebenfach tragen, keine ihre Natur befriedigende Stellung in unserer Mitte? Fürchtet euch nicht, Besitzer der Erde, es ist hierin wahrlich mehr um Grundsätze als um Almosen, mehr um Rechtsgefühl als um Spitäler, mehr um Selbständigkeit als um Gnaden zu tun.
Aber wenn ich frage: Kennt die Welt diesen Grundsatz? Findet der Mensch, der keinen Teil an der Welt hat, in den bestehenden Einrichtungen der Staaten einen wirklichen Ersatz seiner Naturansprüche an das Gemeinrecht der Erde? Oder findet er in denselben sichere Bildung und Mittel sich diesen Ersatz wirklich zu verschaffen?
Wenn ich das und dergleichen frage, so kann ich mir nicht verhehlen, das erleuchtete Jahrhundert kennt diesen Grundsatz nicht, je aufgeklärter unsere Zeiten werden, je weniger lassen die Staaten solche Fragen an sich kommen. Unsere Gesetzgebungen haben sich zu einer solchen Höhe geschwungen, dass es ihnen unmöglich ist an die Menschen zu denken. Sie besorgen den Staat und machen alle Kronen glänzend, indessen ist der, so keinen Teil an der Welt hat, zum Voraus von ihnen vergessen, man steckt ihn aber unter das Militär oder erlaubt ihm sich selber darunter zu stecken, zu Zeiten macht man für ihn eine Lotterie, darin ein jeder sein Glück mit wenigen Kreuzern probieren kann.
Gewiss ist es, dass der große Besitzstand in der Welt nicht einmal in einem realen Verhältnis mit dem kleinen belastet ist und dass man die Reichen ihre Fonds täglich mehr auf eine Art anhäufen lässt, die die Welt mit elenden, tief verdorbenen Menschen voll macht. Auch das ist wahr, wenn die Folgen dieses Volksverderbens sichtbar werden, so wirft man die Schuld auf diejenigen, die verdorben worden sind und nicht auf diejenigen, so sie verdorben haben und immer fortfahren zu Befriedigung ihrer Selbstsucht und ihrer Gelüste tausend Umstände zu veranstalten, einzulenken, durchschlüpfen zu lassen und sogar mit Gewalt zu erzwingen, durch deren Dasein das Volk immer von Schlechtheit zu Schlechtheit, von Verderben zu Verderben, von Niedrigkeit zu Niedrigkeit herabsinken muss. Gewöhnlich sieht die Schwachheit des Volkes nicht,