Man stirbt nur einmal. Bernhard GierscheЧитать онлайн книгу.
kommt JOSCHKA für einige Tage zu Besuch. Joschka ist eine grüne Ente und ich darf mit ihm fahren. Ich hatte in der Zeitungskolumne und auch hier einmal in einem Nebensatz erwähnt, dass ich so gerne noch einmal Haggis essen würde. Das ist eine Art schottisches Nationalgericht und absolut sündhaft lecker. Leider ist es in Deutschland nicht zu kriegen. Das Selbermachen dieser Delikatesse ist absurd schwierig und langwierig und so musste ich damit rechnen, nie wieder Haggis essen zu können. Eine Leserin des Patrioten brachte gestern einen komplett in Schafsmagen gefüllten, tiefgefrorenen original schottischen Haggis vorbei. Dazu noch die unentbehrliche Steckrübe. Ist das nicht der Hammer? Ich werde berichten, wie Gisela und ich die Haggis-Orgie begangen haben.
Karl lässt mich weitestgehend in Ruhe und mir geht es recht gut. Die kleinen Anzeichen der Krankheit spüre ich kaum noch, denn man gewöhnt sich auch an solche Dinge. Gisela und ich freuen uns auf den geplanten Urlaub, werden Mitte des Monats der Tristesse des deutschen Herbstes entrinnen und uns an einen Ort begeben, an dem die Sonne auch garantiert scheint. Euch allen wünsche ich einen sanften und guten Start in die Woche.
4. Oktober 2017
Gestern: Heute nur Kurznachricht. Bin mit Notarzt ins Krankenhaus. Illeus...
Klinikum Soest. Es ist das zweite Mal, dass mich Karl in die Knie gezwungen hat. Mir geht es beschissen, gelinde gesagt. Immerhin bin ich die Magensonde los, die wahrlich eine Quälerei war aber sinnvoll. Meine Zigaretten schmecken noch nicht, was kein gutes Zeichen ist. Mal sehen was wird. Ein Illeus ist kein Kindergarten... Ich will so gerne wieder wie auf dem Bild sein. Der Mann der besten Frau der Welt und kein Bild des Elends wie heute morgen. Von gestern ganz zu schweigen. Habt unendlich Dank für eure Wünsche und Gesten. Das hilft mir sehr wieder auf die Beine zu kommen.
Urlaubserinnerung
5. Oktober 2017
Die schlimmsten Momente dieser Krise scheinen überwunden zu sein. Gut geht es mir noch nicht aber wenigstens besser als gestern noch. Die Nacht war grausam aber ab drei Uhr trat dann Besserung ein. Heute werden noch verschiedene Dinge getan, um meinen Verdauungsapparat wieder in Gang zu kriegen. Die Chemotherapie haben wir erst einmal ausgesetzt und ich werde das Morphium erheblich reduzieren und ersetzen damit so etwas nicht mehr passiert.
Am 17.10. 2017 werde ich mit Gisela in einen Airbus 330 steigen. Daran gibt es nichts zu rütteln.
Am 5. November gibt es die Onlinelesung und am 15. November die große Lesung in Lippstadt unter der Schirmherrschaft der hiesigen Tageszeitung. Basta.
Santa Muerte muss sich gedulden. Ich kann mich nur bei euch allen bedanken. Ihr ahnt nicht, wie viel es hilft, soviel Beistand zu haben in meiner derart beschissenen Lage.
Update am Abend:
Leider ist es so, dass mein Bauchraum voller Metastasen ist, die den Dünndarm verkleben. Akuter Illeus also wegen Karl. Das ist das Ergebnis des heutigen CT. Morgen wird operiert wobei erst bei der Operation feststellbar ist, was es für Optionen gibt. Alles ist möglich. Lesungen finden statt, Reise leider nicht. Ob Daumen drücken reicht...habe Zweifel. Ich packe das!
Gisela Fischer übernimmt ab morgen, bis ich wieder handlungsfähig bin, die Tagebucheintragungen. Die ärztlichen Aufklärungen sind gelaufen. Wird eine Mörderparty....
6. Oktober 2017
Ich habe Angst. Noch liege ich hier, das OP-Hemdchen und die Kompressionsstrümpfe an und warte auf das Legen der Magensonde. Danach geht es dann in den OP. Wenn die mit mir fertig sind, werde ich sehr viel dünner sein, sagt der Chirurg. Bin aufgebläht wie ein Ballon. Aufwachen werde ich wohl auf der Intensivstation... Oh Mann, es gab bessere Tage in meinem Leben. Also Leute...Bis dann.
Update am Abend von Gisela Fischer:
Mein Bärenliebling hat die heutige Operation soweit gut überstanden. Er wird bis morgen noch auf der Intensivstation überwacht. Seine große Angst war, nicht mehr aufzuwachen oder auch noch zu ARSCHLOCH KARL einen künstlichen Darmausgang als Geschenk zu bekommen. Nein KARL,DAS HAST DU NICHT GESCHAFFT! Bernhard ist noch schwach und müde, aber er lässt Euch ganz lieb grüßen. Morgen dann wieder mehr. Und danke für eure große Anteilnahme und euren lieben Zuspruch!!!
7. Oktober 2017
Zu sagen, es ginge mir gut wäre stark übertrieben. Aber man hat mich mitsamt meiner gefühlten hundert Schläuche von der Intensivstation auf die Innere verlegt. Die Schwestern dort sind sehr lieb. Die Operationsstelle ist heftig, man hat den Dünndarm und den Dickdarm aufgeschnitten und längs miteinander vernäht. Ich habe eine Schmerzpumpe und werde künstlich ernährt. Im Moment sitze ich mit meiner Gisela draußen und rauche die erste Zigarette. Ich lebe und so bleibt das erst einmal. Und wieder darf und will ich mich für eure guten Wünsche bedanken.
Update am Abend:
Leider zu viel Druck... Die Naht im Darm ist gerissen. Not OP.
8. Oktober 2017
Tabea Radke: Bernhard hat die Not OP überstanden und liegt auf der Intensivstation. Es geht ihm denkbar schlecht. Ein Stück abseits der OP Naht im Darm hatte sich eine Läsion des Darmes geöffnet. Durch diese trat Stuhlflüssigkeit in den Bauchraum aus. Diese Läsion ist vermutlich eine Nebenwirkung der Chemotherapie durch die die Wundheilung und das ganze Immunsystem angegriffen ist. Jetzt wurde die Läsion verschlossen und Bernhard hat eine Drainage in Magen und Bauchraum liegen, damit die überschüssige Flüssigkeit ablaufen kann, da der Bauchraum gespült und gesäubert wurde. Wir hoffen und beten inständig, dass Bernhard weiter kämpft und die nötige Kraft dazu aufbringen kann und dass sich keine Sepsis entwickelt.
Danke an Euch Lieben alle für die Gebete und guten Wünsche und Gedanken. Bitte hört nicht auf damit, Bernhard braucht unsere Unterstützung, damit er Kraft und Mut bekommt weiterzukämpfen.
Bernhard Giersche: Intensivstation ist echt nix schönes. Hier liegt man nicht wegen Fußpilz. Nach dem schweren zweiten Eingriff bin ich sehr angeschlagen. Ich darf kein verdammtes Molekül oral zu mir nehmen um auszuschließen dass so etwas erneut passiert. Der Durst macht mir extrem zu schaffen. Vielleicht darf ich heute Abend einen Schluck trinken. Die Schmerzpumpe funktioniert gut und ich werde davon sehr benommen. Das Mobilfunknetz ist katastrophal hier. Ich bitte euch, individuelle Nachrichten zu vermeiden an mich oder oder Gisela, das wird zu viel im Moment. Bitte nicht böse sein. Wenn jetzt nichts mehr dazu kommt oder sich verkompliziert, erhalte ich bald meine Handlungsfähigkeit zurück. Gott, was gäbe ich dafür, eine schöne, eiskalte Cola trinken zu dürfen...
9. Oktober 2017
Leute, das Foto täuscht. Ich bin ein ziemliches Wrack, aber just von der Intensivstation auf die Innere verlegt. Musste mächtig darum Ringen. Trinken darf ich nur ganz ganz wenig. Aber hier draußen zu sitzen ist jede Qual wert. Zweimal hat er wieder mit der Sense gewackelt... Bitte lieber Tod...lass erst einmal gut sein...
Wie weit darf man/ich mit Offenheit umgehen? Ich bin ja schon ziemlich schonungslos. Als ich das letzte Bild heute Abend gepostet hatte, sah ich einen Mann, den es zu diesem