Ut oler Welt - Volksmärchen, Sagen, Volkslieder und Reime - 150 Seiten. Вильгельм БушЧитать онлайн книгу.
weiter und kam zu einem Backofen, drinnen rief das
Brot: »Zieh mich raus, zieh mich raus.« Da zog das
Kind das Brot aus dem Ofen, und als es nun weiter
ging, begegnete ihm eine Kuh, die rief: »Melk mich,
melk mich!« Das tat das Mädchen auch und ging weiter.
Nicht lange, so begegnete ihm eine Ziege, die rief:
»Melk mich, melk mich!« Als das Mädchen die auch
gemelkt hatte, ging es weiter und kam zuletzt an ein
Haus, davor saß eine alte Frau und spann und hatte
einen Hund und zwei Katzen bei sich. »Du mußt nun
bei mir bleiben,« sprach die Alte zu dem Kinde, »und
sollst es gut haben, wenn du alle Tage meinen Hund
und meine beiden Katzen ordentlich flöhen willst; und
dann habe ich da drei Stuben; zwei davon mußt du
jeden Morgen hübsch ausfegen, aber in die dritte
darfst du bei Leibe nicht gehen, sonst geht's dir
schlecht.«
Da ist denn das Mädchen bei der alten Frau geblieben,
hat den Katzen und dem Hunde alle Tage ordentlich
den Pelz besehen und auch die beiden Stuben gefegt;
aber in die dritte Stube ist es nicht hineingegangen.
Als nun der Sonntag herankam, zog die alte Frau
ihr Sonntagskleid an und sagte zu dem Kinde: »Ich
will jetzt zur Kirche, darum geh mir derweilen nicht
weg, sondern achte gehörig auf das Haus.« Damit ist
sie fort in die Kirche gegangen. Das Mädchen aber,
während es so ganz allein im Hause war, überkam
eine große Neugierde zu wissen, was die alte Frau
wohl in dem dritten Zimmer haben möchte; es ließ ihr
auch nicht eher Ruhe, bis sie das Zimmer aufgeschlossen
hatte. O Leute! Was war da für vieles Geld!
Ein Sack stand neben dem andern; hier Kupfergeld,
hier Silbergeld, da nichts als lauter Gold. Da raffte
das Mädchen schnell einen kleinen Sack voll Gold in
seine Schürze, sprang aus dem Hause und fort.
Zuerst begegnete ihm die Ziege, der rief es zu:
»Verrath mich nicht!« »Ich verrath dich nicht,« sagte
die Ziege; »aber lauf was du kannst.« Da kam es zu
der Kuh und rief wieder: »Verrath mich nicht!« »Ich
verrath dich nicht,« sagte die Kuh; »aber lauf was du
kannst!« Da lief das Mädchen weiter, so schnell es
nur konnte.
Mittlerweile war aber auch die alte Frau aus der
Kirche wieder nach Hause gekommen; als sie sah,
daß die dritte Stube offen und das Mädchen fort war,
sprang sie schnell hinaus und hinterher. Zuerst kam
sie zu der Ziege und fragte: »Ist hier nicht eben eine
kleine Dirne vorbeigelaufen?« »Ne!« sagte die Ziege;
»ich habe hier keine Dirne gesehen.« Da lief die Alte
weiter zu der Kuh und fragte wieder: »Ist hier nicht
eben eine kleine Dirne vorbeigelaufen?« »Nein!«
sagte die Kuh; »ich habe keine Dirne laufen sehen.«
Da ist die alte Frau wieder umgekehrt, denn sie hat
gemeint, das Mädchen müßte wohl einen andern Weg
gelaufen sein.
Das Mädchen ist aber glücklich durch den Brunnen
wieder heraufgekommen, ist zu seiner Stiefmutter und
seiner Stiefschwester gelaufen und hat ihnen das viele
Gold gezeigt und gesagt: »Seht! Das habe ich alles
von einer alten Frau gekriegt, die da unten im Brunnen
wohnt.« Wie das die Stiefschwester hörte, trieb
sie der Neid, daß sie auch alsbald in den Brunnen hinabstieg,
die alte Frau zu suchen, von welcher ihre
Schwester das Gold hatte. Sie fand unten auch die
kleine Thür, und als sie hindurchging, lag da der
Klotz mit dem großen Beil und Holz daneben, das
rief: »Hau mich entzwei, hau mich entzwei!« »Ich
will dir was flöten!« sagte das Mädchen, denn es war
ganz erschrecklich faul und mochte keine Arbeit tun.
Als es eine Strecke weiter gegangen war, kam es zu
einem Backofen, darinnen rief das Brot: »Zieh mich
raus, zieh mich raus!« »Ich will dir was flöten!« sagte
das Mädchen, und ging weiter. Mit dem, so begegnete
ihr eine Kuh, die rief: »Melk mich, melk mich!« »Ich
will dir was flöten!« sagte das Mädchen, und als es
nun weiterging, kam es zu einer Ziege, die rief auch:
»Melk mich, melk mich!« »Ich will dir was flöten!«
sagte das Mädchen wieder und ging ihres Weges. Zu-
letzt kam sie auch an das Haus, wo die Alte saß und
spann. »Du mußt nun bei mir bleiben,« sprach die
Alte, »und sollst es gut haben; aber jeden Tag mußt
du meinen Hund und meine beiden Katzen ordentlich
flöhen; und dann habe ich drei Stuben, davon mußt du
zwei jeden Morgen hübsch ausfegen, aber die dritte
darfst du ja nicht aufmachen, sonst geht es dir
schlecht.« Da ist denn das Mädchen bei der alten Frau
geblieben.
Den nächsten Sonntagmorgen, als es Zeit war in
die Kirche zu gehen, zog sich die Frau hübsch an,
nahm ihr Gesangbuch und sagte, als sie wegging:
»Ich will jetzt mal in die Kirche; darum so achte mir
ordentlich auf das Haus, bis ich wiederkomme.«
Damit ist sie fortgegangen. »Jetzt ist's Zeit!« dachte
das Mädchen; »nun sollst du doch mal zusehen, was
in der dritten Stube ist!« Und als es die aufmachte,
stand da ein Goldsack neben dem andern. Schnell
raffte es sich die Schürze voll Goldstücke und lief fort
aus dem Hause.
Mittlerweile war aber auch die alte Frau aus der
Kirche zurückgekommen. Als sie sah, daß die dritte
Stube offen und das Mädchen fort war, sprang sie
schnell hinaus und hinterher. Zuerst kam sie zu der
Ziege und fragte: »Ist hier nicht eben eine kleine
Dirne vorbeigelaufen?« »Ja wohl!« sagte die Ziege;
»da ist sie hingelaufen.« Dann kam die Frau zu der
Kuh und fragte wieder: »Ist