Psychologische Astrologie - Ausbildung Band 11: Das Weib im Horoskop. Beate HelmЧитать онлайн книгу.
Horoskop
Bis zur Entdeckung von Lilith und den Asteroiden für die astrologische Analyse, beschränkte sich die Beschreibung der Weiblichkeit im Horoskop auf die Planeten Mond und Venus. Das bedeutete die Entwicklung von Hingabe, Empfänglichkeit und Gefühlswelt (Mond) sowie der Weiblichkeit, Liebes- und Beziehungsfähigkeit in Mann und Frau (Venus). Frausein hieß kochen, Fürsorge, Kinder und sich schön machen, wogegen auch nichts einzuwenden ist. Diese Eigenschaften gehören zum Menschen dazu.
Die anderen Planeten werden als männlich betrachtet (z.B. Sonne, Mars, Jupiter, Saturn), auch wenn sie ebenso weibliche Merkmale in sich tragen, wie Neptun (Auflösung und Verschmelzung), oder recht neutral sind (Merkur, Uranus) bzw. schwerlich zugeordnet werden können (Pluto).
Der erste Schritt der Emanzipation sieht denn so aus, dass Frauen auch ihre männlichen Qualitäten entfalten und Männer sich um die Umsetzung ihrer weiblichen Fähigkeiten bemühen. Damit sind wir dem Ziel des ganzen Menschen erheblich näher gerückt.
Der nächste Schritt liegt darin, die weiblichen Kräfte aus ihrer Reduktion auf die zwei Planeten zu befreien und durch "neue" Planetenenergien zu erweitern und zu differenzieren. Der allgemeine Aufruf zu einer breiter gefächerten Weiblichkeit zeigt sich in der Astrologie in der Aufnahme von Lilith und den Asteroiden in die Horoskopdeutung in den letzten Jahrzehnten.
Diese Erweiterung soll beiden Geschlechtern zugutekommen. Auch der Mann wird es möglich, seine Weiblichkeit nicht nur auf die bescheidene Version des Hausmanns (Mond) oder des Modepoppers (Venus) einfrieren müssen.
Wie schon immer in der Astrologie wurde genau dann eine neue Qualität (Planet, hier Asteroiden) entdeckt, wenn sich ein Umschwung in der Entwicklung des Menschen vollzog (Beispiel: Entdeckung des Uranus zur Zeit der amerikanischen und französischen Revolution, Plutoentdeckung zur Zeit der Atombombenkonstruktion / Massenvernichtungsmethode).
Die folgenden Ausführungen zu den verschiedenen Weiblichkeitsbereichen verstehen sich nicht als völlige Neuheiten, sondern als Differenzierungen der globalen Mond- und Venusenergien. Sie wollen aus dem tiefen weiblichen Unbewussten wachrufen und wieder an die Oberfläche bringen, was bei den meisten Menschen in der zivilisierten Welt so lange Zeiten verschüttgegangen ist. Schuld für dieses bisherige Defizit sollte nicht bei den (äußeren) Männern gesucht werden, sondern in der eigenen überbewerteten Männlichkeit, der Angst vor weiblicher Tiefe und Stärke, vor der inneren Kraft und Vielschichtigkeit sowohl des Mannes als auch der Frau.
Lilith - der schwarze Mond
Lilith war die erste Frau Adams, die standhaft dagegen aufbegehrte, sich unterzuordnen (ganz real durch ein klares Nein zu der Forderung, im Sexakt unter ihm zu liegen). In Ablehnung dieses für sie unergiebigen Geliebten, der sich nicht auf eine gleichberechtigte Verbindung einlassen wollte, verließ sie das Paradies.
Lilith flog davon und vereinigte sich mit einer Schar von Dämonen, die nahe des Roten Meeres lebten. Folge dieser Zusammenkünfte waren unzählige Geburten dämonischer Kinder. Sie wurde gewarnt, dass täglich hundert dieser Kinder sterben sollten, wenn sie sich weiter weigerte, zu ihrem Ex-Geliebten Adam zurückzukehren. Doch sie blieb. Sie erwürgte Neugeborene als Rache für ihre eigenen getöteten Kinder, mordete ihre verführten Liebhaber oder trieb sie in den Wahnsinn. Kurz, es wird ihr alles denkbar Schlechte an Weiblichkeit unterstellt. Ursache für ihr Verhalten soll ihr Schmerz über die Trennung vom Paradies und den Tod ihrer Kinder sein, ist aber auch ihre unbeherrschte, totale Sexualität und körperliche Begierde.
Wie die Geschichte mit Adam weitergeht, wissen wir ja. Er nahm sich Eva, die gefügige, wesentlich umgänglichere Variante an Frau, mit der es sich jetzt endlich im Paradies gemütlich machen wollte. Beine hoch und bitte das Bier anreichen. Weit gefehlt. Schon hatte Lilith einen letzten Auftritt, geschickt verwandelt in die züngelnde Schlange, die verführerisch den Apfel reichte. Da wir immer beide Seiten einer Energie in uns tragen, wurde Evas dunkle Seite angespitzt und griff beherzt zu. Schluss mit lustig und Schluss mit dem Paradies.
Diese Gesamtthematik erinnert stark an Mond-Pluto/Venus-Pluto. Die schwarze innere Tiefe, die klaffenden Abgründe, die verschlingende Mutter, die alles Blut aussaugende Geliebte, die weibliche Form des Teufels, die neben ihm gleichberechtigt herrschen möchte.
Lilith lebt sich aus, ist total und verweigert jede Halbheit, jede Ungleichheit. Sie will beide Geschlechter auf einer Ebene sehen und lässt sich, ist der damit verbundene Schmerz auch noch so groß, nicht in die üblichen Erwartungen zwängen. Sie zieht Abschied, Abwendung und Alleinsein einem artigen Frauendasein vor. Lilith symbolisiert vollkommene Instinkthaftigkeit, so genannte Verderbtheit, all das, was man sich in seinen meist gut verdrängten Phantasien vorstellen kann. Sie repräsentiert Lust, Sinnlichkeit, unkontrollierte Leidenschaft, ist die Verführerin par excellence, das triebhafte, gelüstige Spinnenweibchen, das nach absoluter Befriedigung schreit und hinterher genüsslich ihren Gespielen zum Nachtisch verspeist. Sie ist Hölle, Hure, und dabei vollkommen selbständig und unabhängig.
Mancher Astrologe verweist wie gesagt auf den alten Trennungsschmerz als Ursache für ihre bestialische Note. Meiner Ansicht nach bedarf es dafür keiner Ursachen. Es gibt diese Eigenschaften einfach und sie müssen wieder als ebenbürtig zur braven Mutti und Gattin ins menschliche Selbstbild integriert werden. Sie bringen erst dann Schwierigkeiten mit sich, wenn sie weggesteckt, aus dem Gedächtnis verdrängt und als schlecht abgeurteilt und bewertet werden.
Dann fangen sie an, Angst zu machen, sich erst richtig aufzubauen und als Schreckgespenster in der Außenwelt aufzutauchen. Anders sieht es aus, wenn man sich freiwillig in die dunklen Begierden fallen lässt, die diese Thematik erweckt.
Lilith lehrt blutige Totalität und Freiheitskampf. Sie macht Angst, solange sie nicht bereitwillig als eine innere Figur, als neue Verwandte der inneren Großfamilie erkannt, willkommen geheißen und geliebt wird. Dann kann sie sich jedoch frei entfalten und dem Menschen zu mehr Festigkeit und innerer Weite verhelfen, da er es gewagt hat, auch dunkle Seiten zu integrieren und den Kampf zwischen namenloser Begierde und strikter Verweigerung als typisches Zeichen für diese (wieder entdeckte) neue weibliche Wesenheit in sich aufzunehmen.
Liliths Position im Horoskop oder auch als Transit zeigt deutlich an, in welchem Bereich wir uns total hineinsteigern und verausgaben oder total abwenden und verweigern. Meist besteht ein Ringen, ein Wechsel zwischen diesen Extremen. Wesentlich ist die Absolutheit, mit der beide Seiten gelebt und verfolgt werden. In unseren Lilithbereichen können wir nicht kühl und gelassen sein, sondern es tobt die Schlacht gegen Ungleichheit, Unfreiheit, Unwahrheit, Unechtheit.
Es ist eine kleine Teufelin, die hier wiedergeboren wird, als gleichwertiges Pendant zum sonst so üblichen Satan. Warum soll stets nur die männliche Seite sich der Verführungen zum Kontakt mit dem Verdrängten rühmen können. Nein, hier lebt die weibliche Seite dazu auf, will als ebenbürtig und mindestens ebenso höllenhaft erkannt und geehrt werden wie ihr männliches Spiegelbild.
Und sie haust sowohl in Mann und Frau, so dass die Projektionsarbeit auf die Frau allein gleich unterlassen werden sollte. Jeder hat die Möglichkeit, ihre Kräfte und Begierden, ihre Kompromisslosigkeit zu entfachen und sein Leben damit zu bereichern. Sie bleibt in ihrer Totalität nicht nur dem weiblichen Geschlecht vorbehalten.
Mag sein, dass ein tiefer Schmerz, ein Jahrhunderte alter Racheplan Paten für ihre Werke gestanden sind. Doch tut dies nichts zur Sache. Lilith verlangt ihr Recht. Sie will gesehen und zum Ausdruck gebracht, sie will wieder aktiv und lustvoll zum Leben erweckt werden.
Ihre Konstellationen im Horoskop zeigen an, in welchem Bereich sie das verlangt und mit welchen Methoden sie ihr Werk vollbringt.
Sie zeigen auch an, wie sie in ihrer (auch vorhandenen) allumfassenden, gebenden Seite in Erscheinung tritt. Sie entreißt nicht nur, sondern symbolisiert zudem die endlos nährende Kraft und Quelle, aus der alles entsteht, der jedes Wesen, alle Natur entspringt, und die sich deshalb das Recht heraus nimmt, sich im stillen Hain, in der Dämmerung