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Jugend ohne Gott. Ödön von HorváthЧитать онлайн книгу.

Jugend ohne Gott - Ödön von Horváth


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stellt sich mir militärisch vor. Ein ungefähr fünfzigjähriger Mann in der Reserve. Er trägt eine einfache Brille, sicher kein unrechter Mensch.

      Nun gehts an die Arbeit. Der Feldwebel und die Pioniere zeigen den Jungen, wie man Zelte baut, auch ich baue mit. In der Mitte des Lagers lassen wir ein Viereck frei, dort hissen wir unsere Fahne. Nach drei Stunden steht die Stadt. Die Pioniere salutieren und steigen ins Dorf hinab.

      Neben der Fahnenstange liegt eine große Kiste: dort sind die Gewehre drin. Die Schießscheiben werden aufgestellt: hölzerne Soldaten in einer fremden Uniform. Der Abend kommt, wir zünden Feuer an und kochen ab. Es schmeckt uns gut, und wir singen Soldatenlieder. Der Feldwebel trinkt einen Schnaps und wird heiser. Jetzt weht der Bergwind.

      »Der kommt von den Gletschern«, sagen die Jungen und husten.

      Ich denke an den toten W.

      Ja, du warst der Kleinste der Klasse – und der Freundlichste. Ich glaube, du wärest der einzige gewesen, der nichts gegen die Neger geschrieben hätt. Drum mußtest du auch weg. Wo bist du jetzt?

      Hat dich ein Engel geholt, wie im Märchen? Flog er mit dir dorthin, wo all die seligen Fußballer spielen? Wo auch der Tormann ein Engel ist und vor allem der Schiedsrichter, der abpfeift, wenn einer dem Ball nachfliegt? Denn das ist im Himmel das Abseits. Sitzt du gut? Natürlich! Dort droben sitzt jeder auf der Tribüne, erste Reihe, Mitte, während die bösen Ordner, die dich immer hinter dem Tor vertrieben, jetzt hinter lauter Riesen stehen und nicht aufs Spielfeld schauen können. –

      Es wird Nacht.

      Wir gehen schlafen. »Morgen beginnt der Ernst!« meint der Feldwebel.

      Er schläft mit mir im selben Zelt.

      Ich entzünde noch mal meine Taschenlampe, um nach der Uhr zu sehen, und entdecke dabei auf der Zeltwand neben mir einen braunroten Fleck.

      Was ist das?

      Und ich denke, morgen beginnt der Ernst. Ja, der Ernst. In einer Kiste neben der Fahnenstange liegt der Krieg. Ja, der Krieg.

      Wir stehen im Feld.

      Und ich denke an die beiden Pioniere, an den Feldwebel in der Reserve, der noch kommandieren muß, und an die hölzernen Soldaten, an denen man das Schießen lernt; der Direktor fällt mir ein, der N und sein Vater, der Herr Bäckermeister bei Philippi; und ich denke an das Sägewerk, das nicht mehr sägt, und an die Aktionäre, die trotzdem mehr verdienen, an den Gendarmen, der lächelt, an den Pfarrer, der trinkt, an die Neger, die nicht leben müssen, an die Heimarbeiter, die nicht leben können, an die Aufsichtsbehörde und an die unterernährten Kinder. Und an die Fische.

      Wir stehen alle im Feld. Doch wo ist die Front? Der Nachtwind weht, der Feldwebel schnarcht. Was ist das für ein braunroter Fleck? Blut?

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