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Der Tanz mit der Kobra. Angelika StormЧитать онлайн книгу.

Der Tanz mit der Kobra - Angelika Storm


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wir beide haben jeder nur ein Modell aber nie die Wirklichkeit. Hör auf mit der Feindseligkeit und Kälte und lass uns in Ruhe darüber reden.“ Bettelnd sah er mir in die Augen.

      Müde schaute ich ihn an. „Ja, lass uns in Ruhe darüber reden. Aber nicht mehr heute. Ich kann nicht mehr.“ Wir haben das Thema nie wieder angeschnitten. Jedoch von der jungen Frau hörte ich später, dass sie gemeinsam essen waren und Jo sie unverschämt angebaggert hat.

      ***

      Erinnerungen

      Ich saß verträumt neben Jo auf dem Sofa. Es war Sommer und ziemlich heiß. Leise schnurrte der Ventilator im Hintergrund.

      Zärtlich strich Jo über meine Beine und sagte: „Wie schön, dass du nicht rasiert bist. Nilgün hat ihre Beine immer rasiert. Das piekste dann, wenn wir miteinander im Bett waren.“ Irritiert schaute ich ihn an. Schon öfter hatte er mich mit meiner Vorgängerin verglichen. Das mochte ich nicht so gerne. Ich zog meine Beine zurück und erwachte frustriert aus meinem Traum. Fragend und irritiert schaute er mich an. Sarkastisch sagte ich: „Es freut mich sehr, dass es mal etwas gibt, was du an mir magst. Nilgün war jünger, hatte größere Brüste und war besser im Bett als ich. Nur ihre Beine pieksten.“ Irritiert schaute Jo mich an. Mit meinem Sarkasmus konnte er schwer umgehen. Ihm war nie bewusst, dass unter meinem Sarkasmus ein tiefer Schmerz lag.

      Er umfasste mit beiden Händen meine Brüste. „Du hast die schönsten Brüste, die ich je in der Hand hatte.“ Fast hätte ich ihm eine geknallt. Ich biss die Zähne zusammen und drehte mich um. „Was ist denn nun schon wieder?“ fragte Jo. „Nichts“, sagte ich bissig und floh in die Küche.

      ***

       Das kleine Mädchen zog sich um. Während es das Hemd auszog kam Papa ins Kinderzimmer. Er umfasste die Brüste und sagte: „Sieh mal an, da kommen schon kleine Knospen.“ Starr hielt ich das aus. Die Unwirklichkeit seiner abendlichen Besuche wurde ins Tageslicht gezerrt.

      ***

      Abends, als wir gemeinsam im Wohnzimmer saßen, sprach ich ihn auf seine Erzählungen über seine Verflossenen an und sagte ihm, dass ich langsam keine Lust mehr habe, mir immer wieder sein stundenlanges Gejammer anzuhören. Er setzte sich auf und erwiderte: „Wenn ich „stundenlang“ von der Vergangenheit rede, was zum Teil sehr schmerzhafte Rückblicke sind, wenn man die eigenen Fehler anschaut und was nun vorbei ist und ich nun – Gott sei Dank – bei meiner Partnerin Glück und Geborgenheit erleben darf und ich mich so wohl fühle bei ihr und soviel Vertrauen habe, dass ich ihr dies anvertrauen kann, und das Gefühl habe, verstanden zu werden dann sage ich der Partnerin damit, dass ich ihr vertraue. Ich vertraue mich ihr an!“ betonte er mit schmerzendem Blick.

      Ich überlegte, wie ich es ihm sagen konnte, dass es mich belastete, wenn er lang und breit über Frauen sprach, mit denen er mal zusammen war. Leider ließ er intime Dinge auch nicht aus. Er war schmerzhaft grenzüberschreitend.

      Ich nahm seine Hand und schaute ihm in die Augen: „Je näher ich dich an mich heranlasse und umso mehr ich mein Gefühl für dich zulasse, je mehr Ängste tauchen in mir auf. Umso mehr Verletzlichkeit zeigt sich in mir. Vielleicht sind das auch alte Automatismen, Meldungen aus dem Unbewussten, die aufpassen, dass ich nicht wieder so verletzt werde - ich weiß gar nicht so richtig, was da in mir abläuft. Ich wünsche mir, dass ich das Leben, unser Leben, einfach angstfrei genießen kann - es fließen und freudvoll annehmen kann. Wenn ich mich in diesen Gedanken hineinfallen lassen kann, sehe ich, dass es möglich ist. Dann spüre ich in meiner Fantasie die Leichtigkeit und die vielen Möglichkeiten, die gerade wir, mit den vielen gleichen Interessen, haben. Da ist dann wieder die Diskrepanz zwischen Möglichkeiten und Umsetzen, weil dort etwas greift, wovon ich nicht weiß, wie ich es ablegen könnte. Wenn du immer und immer wieder bis ins Detail von deinen Liebschaften in alle Einzelheiten erzählst, macht es mir Angst.“

      ***

      „Weißt du“, sagte Papa zu dem kleinen Mädchen, „mit Hertha habe ich ein Zimmer damit ich auch mal Sexualität genießen kann. Deine Mama weiß es nicht und ich weiß, dass du es ihr nicht sagen wirst.“ Brav nickte ich. Ein Teil von mir war neugierig, denn Papa klärte mich über die Erwachsenenwelt auf. Ein anderer Teil von mir war einfach überfordert.

      ***

      „Ich verstehe dich nicht“, sagte Jo nachdenklich. „Das mit den anderen Frauen ist doch schon lange vorbei. Es sind Konservendosen, mehr nicht. Auf die brauchst du nicht eifersüchtig sein.“ Tief holte ich Luft. Ich konnte mir meine Angst auch nicht richtig erklären. Zwischendurch dachte ich, was mache ich, wenn er mich mal versehentlich mit einem anderen Namen anspricht. Auch die Frage tat ich unbeantwortet als albern und affig ab und schob diese wieder weg. Ich fühlte in mich hinein und suchte eine Erklärung. „Ich bin nicht eifersüchtig. Ich fühle mich durch deine Erzählungen vergewaltigt.“ Ein altes bekanntes Gefühl machte sich in mir breit. Irritiert schaute Jo mich an. „Wie kann das angehen? Ich erzähle doch nur.“ Tief holte ich Luft. „Ich möchte das Thema jetzt beenden. Du kannst und willst mich nicht verstehen. Ich verstehe es selber ja auch noch nicht. Vielleicht kannst du dich bei deinen Erzählungen etwas mehr bremsen. Nur darum möchte ich dich bitten.“ Jo kam auf mich zu und nahm mich in den Arm. „Du musst noch viel aufarbeiten. Wollen wir das gemeinsam angehen?“ Ich nickte zweifelnd.

      Zu dem Zeitpunkt war ich noch nicht fähig, meine Gefühle in Worte zu fassen – eigentlich wollte ich es auch nicht, da ich mir diese Gefühle nicht erlauben konnte und wollte.

      Endlich gemeinsam

      Jo´s Mutter wurde 80. Sie lebte in Augsburg. Anlässlich ihres Geburtstages lud Jo sie zu sich ein. Er erzählte mir, dass er 35 Jahre keinen Kontakt zu seiner Mutter hatte. Den Kontakt mit seinen beiden Kindern hielt seine Frau über Jahre aufrecht. Er erzählte, dass die beiden sich gut verstanden. Somit feierten Jo, seine Exfrau, seine Kinder und seine Mutter gemeinsam ihren 80. Geburtstag in einem Lokal. Da Jo in dieser Zeit zur Messe musste, lud er seine Mutter ein paar Tage bei mir in der Wohnung ab. Sie war eine kleine ängstliche Frau. So nahm ich sie damals wahr. Wir aßen gemeinsam Mittag, saßen auf dem Balkon in der Sonne und plauderten über Belangloses. Sie bat um Erlaubnis eine Mittagspause zu machen und wirkte sehr unsicher.

      Da Jo mir aber erzählt hatte, wie viel sie ihn geschlagen und manipuliert hatte, war ich mir nicht sicher, wie ich sie einordnen konnte. Jedoch war es mir nicht sehr wichtig, da ich wusste, dass ich mit ihr nicht viel zu tun hatte.

      Jo hatte mir sehr viel über seine Kindheit erzählt. Er ist katholisch erzogen worden. Ursprünglich wollte er Priester werden. Er sagte, er sei froh, dieser Sekte entkommen zu sein. Seine Mutter trennte sich von seinem Vater, als er drei Jahre alt war. Er erzählte von Misshandlungen von Seiten des Vaters und Schlägen von der Mutter. Sie sagte immer: „Ich muss auch den Vater ersetzen und deswegen schlage ich dich. Die Leute werden nicht schlecht über uns reden können.“

      Seine Kindheit war bestimmt kein Zuckerschlecken. Obwohl Jo sehr liebevoll mit seiner Mutter umging, konnte ich mich des Gefühls nicht erwehren, dass viel unterdrückter Hass und Wut dabei war. Wie sagte er des Öfteren? „Gefühle kann man erzeugen.“ Konnte es sein, dass dieser Mann jedes Gefühl nur erzeugte und es nicht fühlte? Das schien mir unvorstellbar und war in meiner Welt nicht vorhanden.

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