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27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim. Jürgen RuszkowskiЧитать онлайн книгу.

27 Jahre Himmelslotse im Seemannsheim - Jürgen Ruszkowski


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„So einen Gewerkschaftsheini wollen wir hier nicht haben.“ Allerdings muss ich zur Ehrenrettung erwähnen, dass mein Vorgänger Otto Brunschede nach seiner Pensionierung als stimmberechtigtes Mitglied aufgenommen wird!

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      Auch Fiete Jahnke wird auf meinen Vorschlag als Ersatz für Pastor Wilhelm Schmidt vom Diakonischen Werk Hamburg Mitglied.

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      Die Kirche stellt die von ihr besoldeten Seemannspastoren und Diakone im Seemannspfarramt zur Verfügung. Ich bin in Personalunion als Diakon des Seemannspfarramtes Geschäftsführer des Vereins und Heimleiter und unterstehe in personeller Hinsicht der kirchlichen Dienstaufsicht, in puncto Finanzen und Heimbetrieb dem Vereinsvorstand.

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      Die personelle Situation in der Seemannsmission: Ein Theologe als Seemannspastor ist für den Bereich der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburger Staate zuständig. Dazu gehört damals auch noch die Exklave Cuxhaven. Theo Mundt, der dieses Amt innehat und von seinem Studienfreund, Bischof Hans-Otto Wölber, in die Seemannsmission gebracht worden war, ist ein lieber, oft etwas hilfloser Zeitgenosse. In seiner vorherigen Pfarrstelle in Cuxhaven hatte man ihn „Opa müde“ genannt. Meine anfänglichen Befürchtungen vor territorialen Machtkämpfen zwischen Pastor und Diakon (eine Berufskrankheit vieler Diakone) sind völlig unbegründet. Brunschede hatte vor Mundt mit dessen Vorgänger, Kurt Rössing, mit dem er zunächst dick befreundet gewesen war, entsprechende Kämpfchen auszufechten gehabt. Mundt ist todunglücklich, dass die Seeleute so wenig von ihm wissen wollen. Er sitzt oft einsam in seinem großen Amtszimmer im 2. Stock des Seemannsheimes und wartet BILD-Zeitung lesend darauf, dass mal jemand beim Seemannspastor um einen Heiermann nachfragt. Die Mitarbeiter, und was vor allem wichtig ist, die Seeleute, sehen von vorn herein uneingeschränkt im Heimleiter den „Chef“. Ganz anders sieht das im Seemannsheim Altona an der Großen Elbstraße aus, wo Pastor Harald Kieseritzky bis ins Detail des Alltags unumschränkter Herrscher ist und die Hausväter deshalb alle paar Monate wechseln.

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      Etwas überspitzt wird behauptet, der Altonaer Hausvater müsse seinen Pastor fragen, ob er ein halbes Pfund Nägel kaufen dürfe. Das ändert sich erst, als der sehr tüchtige Carl Osterwald Seemannspastor in Altona wird.

      Mit mir auf gleicher Ebene arbeitet Diakon Karl-Heinz Hansen als Seemannsmissionar. Er ist bereits seit seinem Diakonenexamen im Jahre 1953 bei der Seemannsmission tätig.

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       Diakon Karl-Heinz Hansen mit Senioren aus dem Seefahrer-Altenheim

      Seine Arbeitsschwerpunkte sind Krankenhaus- und Bordbesuche, Bücherkistendienst und das Spendenwesen.

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      Wir kommen recht gut und kollegial miteinander zurecht. Jeder respektiert den Arbeitsbereich des anderen und wir vertreten uns bei Bedarf gegenseitig. Nach Hansens Ruhestand im Jahre 1983 wird durch meine Vermittlung Jan Borowski, der Sohn des Rauhhäusler Diakons Lothar Borowski, sein Nachfolger.

      Einige Wochen nach meinem Dienstbeginn in Hamburg erhalte ich einen Anruf von Pfarrer Kottschlag aus Werl. Zur evangelischen Kirchengemeinde Werl im Kirchenkreis Soest gehört auch die kleine Diasporadorfgemeinde Bremen an der Möhne. Hier habe ich bisweilen von Soest aus als Urlaubsvertreter gepredigt. Der bisherige Pastor von Bremen geht in den Ruhestand. Kottschlag bietet mir die Nachfolge an. Es wäre ein verlockendes Angebot gewesen und die „Chance“, in die „höheren Weihen“ aufzusteigen. Etliche Rauhhäusler Diakone sind diesen Weg gegangen. Meistens hatten sie Pastorentöchter zu Ehefrauen! Kurz entschlossen lehne ich das Angebot – nicht ohne heimliches Bedauern – ab. – Etwas später will mich Bruder Fahrni, als er in Ruhestand geht, für das Schröderstift abwerben. Auch diese Aufgabe hätte mich sehr gereizt. Aber ich sage wiederum ab.

      Im Seemannsheim finde ich folgende Belegschaft vor: Die Wirtschaftsleiterin, Frau Marlene Dernedde, sie ließ sich damals nur mit „Fräulein“ anreden, bleibt bis nach meinem Ruhestand im Jahre 1997.

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      Sie verantwortet selbständig Küche und Hauswirtschaft.

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      In der Küche wirkt als Köchin eine dem Klosterleben entronnene Nonne, Fräulein Elisabeth Nordheider, die später einen Seemann namens Werner Lösekow heiratet, der wiederum Jahre später meine rechte Hand im Hause wird und sie bleibt weit über zwei Jahrzehnte, bis sie in Rente geht.

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      Zwei Küchenhelferinnen bleiben ebenfalls bis über meine Pensionierung hinaus. Die Wäscherin und sieben Raumpflegerinnen sind auch fast alle jahrzehntelang treu dabei, bis sie das Rentenalter erreichen. Ein Hausmeister und vier Pförtner, ehemalige Seeleute, und eine männliche Halbtagskraft im Büro verstärken die Mannschaft. Pförtner „Timo“, Detlef Nören, ein netter, stets einsatzbereiter Kerl, mag gerne einen guten Tropfen und schüttet bei Personalfeiern ein Glas nach dem anderen in sich hinein, bis er unter den Tisch rutscht. Beim Mittagessen muss er meistens das ganze Programm hintereinander durchprobieren. Das bleibt nicht ohne gesundheitliche Folgen. Eines Tages finden wir ihn tot in seinem Zimmer. Auch ein zweiter Pförtner, Fleing, säuft sich tot. Der Hausmeister „Bazi“, Emil Morban, auch Ex-Seemann und Weltbürger, der bereits zu Hitlers Zeiten das KZ Neuengamme erleiden musste, jammert immer darüber, dass ihm sein Chef nicht einmal seine Arbeitskleidung finanzieren will. Als er nach einigen Jahren stirbt, finden wir ein kleines Vermögen vor, das der Bruder erbt, mit dem er unversöhnlich im Streit gelebt hatte.

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      Hotelmanager im Seemannsheim

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      Der von mir jetzt erwählte Arbeitsbereich ist etwas ganz Neues für mich. Ich fühle mich plötzlich als Hotelmanager mit viel Verwaltungskleinkram im Alltagstrott; denn im Seemannsheim wird alle Verwaltungsorganisation mit Buchhaltung inklusive Lohnbuchhaltung an Ort und Stelle selbst erledigt. Im Laufe der Jahre böte sich für mich sicherlich die Möglichkeit, diese lästigen Verwaltungsarbeiten an eine kirchliche Verwaltungsstelle zu delegieren, die Vorteile einer autarken Selbstversorgung überzeugen mich aber immer wieder neu, mich auf dem Verwaltungssektor nicht in Abhängigkeiten zu begeben, und ich bin bis zum Schluss gut damit gefahren. Auf Grund meiner Verwaltungsprüfungen und als Sozialpädagoge wird mir angesichts der knapp werdenden Lehrstellenplätze auf meinen Antrag von der Handelskammer die Erlaubnis zur Ausbildung von Bürokaufleuten erteilt. Über Jahre hinweg haben wir meistens einen oder zwei Lehrlinge im Büro. Der erste, Klaus Lücke, arbeitet später in der kirchlichen Verwaltung. Einer der letzten, Manfred Smirnow, bleibt bei uns, als ich keine neuen Azubis mehr annehme. Er bestreitet zum Schluss und noch jahrelang nach meiner Pensionierung den Großteil der Verwaltung recht selbständig.

      Ich übernehme Anfang 1970 von Otto Brunschede an Kapital und Rücklagen fast 430.000 Mark und steigere diese bis Anfang der 1990er Jahre auf fast zwei Millionen DM. Die Bilanzsumme beträgt zuletzt mehr als zwei Millionen, die Gewinn- und Verlustrechnung weist einen Umsatz von eineinhalb Millionen Mark aus.

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