Эротические рассказы

Die Stunde, eh' du schlafen gehst. Ханс ФалладаЧитать онлайн книгу.

Die Stunde, eh' du schlafen gehst - Ханс Фаллада


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dir, Doktor, sie spricht kein Wort!«

      »Das wird sich geben!« sagte beruhigend der Arzt. »So was kommt häufig nach einem starken Schrecken vor. Es gibt sich fast immer wieder, mal schneller, mal langsamer. – Aber ich wundere mich«, setzte er nachdenklich hinzu, »daß die im Krankenhaus ausgerechnet dich angerufen haben – wenn sie nicht sprechen kann?«

      »Das ist es ja gerade!« rief Babendererde verzweifelt. »In ihrer Handtasche hat man nichts gefunden als einen Zettel mit meiner Adresse! Nicht den geringsten Hinweis auf ihre Angehörigen!«

      »Aber sie wird dir geschrieben, sich angemeldet haben? Du wirst ihren Namen wissen?«

      »Nichts, gar nichts! Sie kam völlig wie das Mädchen aus der Fremde. Ich weiß nur, daß sie ihrer Mutter ausgekniffen ist, daß sie Ilsebill genannt wird, weil alles nach ihrem Kopf gehen soll, und daß sie wahrscheinlich aus Lübeck ist.«

      »Und ihren Namen hat sie dir nicht genannt?«

      »Doch, ja, aber ich Schafskopf habe ihn völlig vergessen! Ich weiß nur, es fiel mir etwas an dem Namen auf. Ich glaube, weil er etwas Seemännisches hatte wie Reling oder Vortopp oder Gangspill – ich habe keine Ahnung mehr.«

      »Nun«, meinte Doktor Altpeter, »mit deinen Hinweisen wird die Mutter sich durch die Polizei in Lübeck unschwer ermitteln lassen.« Und er wiederholte: »Mädchen aus gutem Hause, blutjung. Der Mutter ausgerissen. Hang zur Bühne. Hört auf den Namen Ilsebill …«

      »Hör auf, Doktor! Als wenn du einen weggelaufenen Foxköter beschriebest! Und auch du redest gleich von der Polizei! Genau wie die im Krankenhaus. Es muß dir doch klar sein, daß wir das junge Mädchen nicht kompromittieren dürfen!«

      »Wir! Mit wir meinst du dich und mich?«

      »Natürlich! Ich habe dem Arzt auch gleich gesagt, er darf sich in Lübeck höchstens erkundigen, ob dort jemand vermißt gemeldet ist. Keinesfalls mehr. Gibt’s dort keine Vermißtmeldung, so heißt das, die Angehörigen wünschen über die Ausreißerei Schweigen …«

      »Und was dann?«

      »Jedenfalls will ich erst einmal nach ihr sehen, heute abend noch, gleich nach der Vorstellung. Der Arzt erwartet uns.«

      »Uns! Entschuldige Gerd, aber ich bin nachher mit einem Haufen Leute verabredet.«

      »Ach, Unsinn mit deinem Haufen Leute! Denkst du, ein einziger wird dich vermissen? Du wirst an einem Krankenbett erwartet, ich habe Vertrauen zu dir, du mußt mir deine ärztliche Meinung sagen. Außerdem fahre ich dich hinterher zu deinem Haufen Leute hin!«

      »Du bist die Liebenswürdigkeit selbst, Gerd! – Übrigens lädst du dir mit dem jungen Mädchen unter Umständen was Hübsches auf. Woher, frage ich mich, dieses bei dir so ungewohnte Interesse …?«

      »Du hältst mich wohl für einen Egoisten?« fragte Babendererde fast empört. Er hatte schon wieder vergessen, was er eben erst von sich gesagt hatte. »Mein Lieber, da beurteilst du mich ganz falsch! Ich fühle mich einfach für das junge Ding verantwortlich. Wenn sie gedankenlos in das Auto gelaufen ist – schließlich: ich bin daran schuld! Sie hat an mich geglaubt wie an den lieben Herrgott, ich war gemein zu ihr – da paßte sie eben nicht auf! Du verstehst, wie ich es meine?«

      »Ich verstehe, daß du entweder alt wirst oder dich verliebt hast, Babendererde! Ich weigere mich, bei dir an Gewissensbisse zu glauben. Für solchen Luxus hast du noch nie Zeit gehabt. Also verliebt – denn an Alter zu glauben würde mir deine ewige Feindschaft eintragen, und die riskiere ich nicht!«

      »Kannst du denn nichts ernst nehmen, Doktor?! Ich glaube, du siehst uns Schauspieler alle wie Kinder an!«

      »Gerade weil ich das tue, nehme ich dich verteufelt ernst! Ich bin nie ernster gewesen als in diesem Augenblick! Du Kind hast keine Ahnung, in was du dich da einläßt …«

      »Doktor!« bat der Schauspieler flehentlich. »Rede nicht so geschwollen! Ich bin ein ganz einfacher Mensch, und wie der einfachste Mensch empfinde ich Reue über etwas Schlechtes, was ich getan habe! Daran gibt’s gar nichts Geschwollenes! Ich will bloß wissen: kommst du mit oder läßt du mich sitzen?«

      »Ich muß wohl schon mitkommen und Kindermädchen spielen«, seufzte der Arzt. »Aber jetzt bitte ich dich, entlasse die schöne Unbekannte aus deinem Sinn – sie ist doch schön? Natürlich! – und denke ein bißchen an die wohlbekannte Marielen, die dir einen Streich spielen will. Du mußt gleich auf die Bühne, es hat schon zum zweiten Mal geklingelt …«

      »Ach, die alte Marielen mit ihrem verruchten Ehrgeiz!« sagte Babendererde. »Die Arme mag noch so hoch steigen, sie wird es nie verwinden, daß sie nicht filmen kann! – Wetten, Doktor, daß ich sie zum Sprechen bringe?!«

      »Die Marielen?«

      »Das Mädchen aus der Fremde doch! Die Marielen ist mir völlig piepe!«

      »Aha!« sagte der Arzt und folgte dem Schauspieler besorgt in die Kulisse.

      · · ·

      Aber vorläufig schien zu irgendwelcher Besorgnis kein Anlaß vorzuliegen. Die siebenundachtzigste Aufführung des Stückleins ›Liebe geht auf sachten Sohlen‹ lief wie am Schnürchen. Es war eines jener schwankartigen Lustspiele, bei denen auch der unerfahrenste Theaterbesucher von der ersten Minute an weiß, daß das Liebespaar sich kriegen wird, so finster manchmal auch der Himmel dräuen mag. Trotzdem folgt er mit innigem Behagen den verschlungenen Pfaden, über die ein erfahrener Autor die Liebenden irren läßt, bis sie endlich unschlagbar als Sieger durchs Ziel gehen.

      Die Handlung brachte es mit sich, daß ›er‹ (Herr Babendererde) die steile Wand eines Schlößchens erklimmt, um in ›ihr‹ (Fräulein Marielens) Zimmer zu schauen und dabei das Lied von der Stunde, eh’ du schlafen gehst, zu singen, teils allein, teils vereint mit ihr, während unten im nachtdunklen Park sowohl Nebenbuhler wie unzufriedene Verwandte auf den unbekümmerten Sänger lauern. Für diese Szene hatte der Architekt einen sehr wirkungsvollen Aufbau geschaffen: der Zuschauer sah sowohl in das wohlig erleuchtete Schlafgemach der Heldin wie in den nachtdunklen Park, über dessen Wipfeln Sterne funkelten, und konnte so den halsbrecherischen Aufstieg des Helden in allen Einzelheiten verfolgen.

      An Babendererdes Kletterkünste wurden hohe Anforderungen gestellt; außerdem hatte er das Duett – oder ›seinen Schlager‹ – in einer etwas unbequemen Haltung zu singen: während seine Füße über dem Abgrund schwebten, hielt er sich mit seiner einen Hand am Fensterkreuz. Die andere konnte er gelegentlich aufs Fensterbrett stützen, er mußte sie aber auch, um die Hand der Heldin zur gemeinsamen Schlußstrophe zu ergreifen, frei machen können. All das hatte eine kräftige Portion Albernheit in sich, besaß in seiner Unbekümmertheit aber auch Frische und Reiz, wobei ungewiß blieb, wieviel davon Verdienst des Autors war und was das heitere Spiel der Mimen dazu tat.

      Babendererde dachte schon längst nicht mehr an die Warnung des Theaterarztes oder überhaupt an die Marielen. Je näher ›sein Schlager‹ gekommen war, um so unruhiger war er geworden. Für Augenblicke vergaß er ganz, daß er auf der Bühne war. Dann dachte er an das dunkle, blasse Mädchen, das diese Zeilen vor ein paar Stunden noch für ihn gesungen hatte und das nun, stumm geworden, in einem Krankenhausbett lag. Er mußte an ihre schöne Stimme denken, die wie eine tiefe Glocke geläutet hatte, und dann war das Mädchen schlaff die Straße hinuntergeschlichen, und die Glocke hatte ausgeläutet, vielleicht für immer!

      Er erwachte aus seinen Gedanken von einem unruhigen Rauschen, das durch den Zuschauerraum ging. Wie weit war er? Welche Strophe hatte er eben gesungen? Er wußte es nicht! Lieber Himmel, dachte er, ich muß mich zusammennehmen. Die Marielen ist noch beim Spiegel, es wird also wohl die dritte Strophe gewesen sein.

      Und er begann wieder zu singen.

      Aber kaum war er dabei, irrten seine Gedanken von neuem ab. Jetzt war eine andere Angst über ihn gekommen. Sie kann nicht mehr singen, mußte er denken. Und nun kann vielleicht ich auch nicht mehr singen! Weil ich ihr die Stimme genommen habe, nimmt sie mir meine!

      Der Rest Aberglaube, von dem sich kaum ein Künstler ganz frei machen


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