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Das indische Tuch. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Das indische Tuch - Edgar Wallace


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selbst haben mich doch engagiert – das genügt vollkommen. Einen so guten Patienten findet man so bald nicht wieder.«

      Er lachte über diesen Scherz, aber Lady Lebanons Gesichtsausdruck blieb starr.

      »Ihr Chauffeur ist wirklich nicht viel wert. Der Kerl ist ziemlich unverschämt; er hatte doch die Frechheit, mich zu fragen, warum ich mir nicht meinen eigenen Chauffeur mitbringe! Außerdem steht er auch auf etwas zu vertrautem Fuß mit Willie!«

      »Wer hat Ihnen das gesagt?« fragte sie schnell.

      »Das habe ich gehört. Es gibt genug Leute in der Nähe, die mir mitteilen, was hier passiert.« Er lächelte befriedigt, denn er hatte wirklich zwei sehr gute Freunde in Marks Priory; außerdem war da die hübsche Mrs. Tilling. Andererseits verehrte die Frau des Parkwächters auch den Chauffeur Studd, was Dr. Amersham zu seinem größten Missvergnügen entdeckt hatte.

      »Und was sagt Isla zu der Heirat?«

      »Ich habe noch nicht mit ihr gesprochen.«

      »Keine schlechte Idee. Merkwürdigerweise ist mir der Gedanke noch nie gekommen. Isla... ja, eine außerordentlich gute Idee.«

      Wenn sie über seine Worte erstaunt war, so zeigte sie es jedenfalls nicht.

      »Außerdem ist sie eine Blutsverwandte der Lebanons. Ist es nicht schon einmal in der Geschichte der Familie vorgekommen, daß Vetter und Kusine einander unter ähnlichen Umständen geheiratet haben?« Er sah zu den dunklen Bildern auf, die an den hohen Wänden hingen. »Ich habe ein gutes Gedächtnis und kenne die Geschichte der Lebanons fast ebensogut wie Sie.« Umständlich zog er seine Uhr heraus. »Ich wollte bald wieder zurückfahren nach London –«

      »Ich möchte aber, daß Sie bleiben«, erklärte sie kurz.

      »Ich habe eine Konferenz heute nachmittag –«

      »Trotzdem bleiben Sie. Ich habe ein Zimmer für Sie richten lassen. Studd muß natürlich entlassen werden; er hat Willie von dem Dorfklatsch erzählt.«

      Er richtete sich plötzlich auf. Hatte am Ende Mrs. Tilling etwas gesagt?

      »War es etwas über mich?« fragte er schnell.

      »Was sollten die Leute im Dorf denn über Sie reden?«

      Er lachte ein wenig verwirrt.

      Sie wußte, daß seine Heiterkeit nur vorgetäuscht war, aber sie machte keine Bemerkung darüber.

      Dr. Amersham fügte sich. Er murrte zwar noch etwas, fand aber keine weitere Ausrede.

      Er hatte auch gar nicht die Absicht, zur Stadt zurückzukehren; er wollte die Nacht in einem kleinen Haus in der Nähe verbringen, das er sich von einem jungen Londoner Innenarchitekten hatte ausstatten lassen. Dort hatte er eine Verabredung. Aber von alledem ahnte Lady Lebanon natürlich nichts.

      »Haben Sie übrigens Studd einmal in Indien getroffen?« fragte sie unvermittelt, als er sich zum Gehen wandte. »Er hat in Puna gedient.«

      Er drehte sich rasch um; sein Gesichtsausdruck hatte sich vollständig verändert.

      »In Puna?« fragte er scharf. »Wann war das?«

      »Das weiß ich nicht. Aber er hat anderen Leuten erzählt, daß er Sie dort kannte. Das wäre eine weitere Veranlassung, ihm zu kündigen.«

      Dr. Amersham wollte Studd noch aus einem anderen Grund von Marks Priory entfernen, aber darüber schwieg er selbstverständlich.

      3

      Mr. Kelver, der Butler von Marks Priory, verbrachte abends gern eine Stunde vor dem Nebeneingang und betrachtete von dort aus die Gegend. Wie schon oft überlegte er gerade wieder, ob es mit seiner Würde vereinbar wäre, jeden Abend schon um neun Uhr von seiner Herrschaft getrennt zu werden. Genau um diese Stunde schloß Lady nebenan nämlich die große Eichentür zu, die den Nordostflügel des Herrenhauses von den anderen Räumen abgrenzte.

      Die Quartiere der Dienerschaft waren sehr geräumig und behaglich eingerichtet, und mit Erlaubnis Mr. Kelvers konnten die Angestellten ein- und ausgehen, wann und wie sie wollten. Sie benutzten dann den Fußweg, der am Wald entlang zum Dorf hinunterführte. Aber er empfand es doch als starke Zurücksetzung, fast als Beleidigung, daß er selbst, der in hochadligen Häusern gedient hatte, auch mit den anderen Dienstboten vom Herrenhaus ausgeschlossen wurde.

      Die Tür, vor der er stand, lag im Nordostflügel und war in gewisser Weise ein Privateingang für ihn selbst. Die anderen Angestellten gingen wie die Kaufleute und Lieferanten durch die kleine Eingangshalle.

      Studd gegenüber sprach er sich manchmal aus, wenn er auch diesem höflichen und erfahrenen Mann niemals sein volles Vertrauen schenkte.

      Der Chauffeur war gerade auf dem Weg zur Garage, bog um einen der beiden großen Ecktürme des Schlosses und blieb bei Kelver stehen. Da er etwas erhitzt aussah, dachte Kelver zuerst, Studd hätte zu viel getrunken.

      »Ich habe diesem Dr. Amersham endlich einmal die Meinung gesagt«, begann Studd und zeigte mit dem Daumen über die Schulter. »Das will nun ein großer Herr und ein Doktor sein! Wenn Mylady wüßte, was ich weiß, bliebe der Kerl keine fünf Minuten länger im Haus! Der war bei der indischen Armee! Na, ich könnte etwas erzählen, wenn man mich fragte!«

      »Um was handelt es sich denn?« erkundigte sich Mr. Kelver höflich. Er tat immer so, als ob er Klatsch nicht hören wollte, obwohl er sehr begierig darauf war, das Neueste zu erfahren.

      »Es ist merkwürdig. Ich habe im Dorf einen komischen Mann getroffen, der mir erzählte, daß er früher in Indien gewesen wäre. Darauf lud ich ihn zu einem Glas Bier ins Wirtshaus ein. Bei der Unterhaltung habe ich nicht viel gesagt, sondern nur zugehört, aber es ist ganz klar, daß er tatsächlich dort war.«

      Kelver hob den ergrauten Kopf und sah den kleinen Chauffeur von oben herab an.

      »Hat Dr. Amersham sich über etwas beklagt?« fragte er.

      Studd wurde dadurch wieder an seinen Ärger erinnert.

      »Es ist etwas an seiner Karre passiert, und ich sollte die Sache in fünf Minuten reparieren. Dazu braucht man aber mindestens zwei Tage. Er meint, er hätte hier alles zu sagen, aber wir wissen doch genau, daß er nicht der Herr im Schloß ist. Was meinen Sie?«

      Der Butler lachte geheimnisvoll.

      »Es gibt allerhand Leute auf der Welt«, entgegnete er.

      »Ich weiß nicht, ob man mit einer so flauen Ansicht durchkommt«, erwiderte der Chauffeur etwas unsicher. »Dieser Herrensitz gehört Lord Lebanon – darüber sind wir uns doch wenigstens einig?« Er hob die Hand und zählte an den Fingern ab. »Nun hören Sie einmal zu, wer hier etwas zu sagen hat: Zuerst dieser blöde Dr. Amersham, der alles kontrollieren will. Zweitens Lady Lebanon. Drittens« – er zögerte – »nennen wir einmal Miss Crane. Aber gegen die habe ich nicht das mindeste. Und als letzter kommt Lord Lebanon!«

      »Mylord ist noch jung«, erklärte Mr. Kelver höflich.

      Er hatte dieselbe Meinung wie Studd, aber seine Stellung legte ihm Pflichten auf, an die er sich gebunden fühlte. Mr. Kelver hatte bei dem Herzog von Colbrooke gedient, und schon seit vielen Generationen hatten seine Vorfahren große Herren betreut. Daher wußte er genau, daß es ihm nicht zustand, seine Herrschaft zu kritisieren.

      Plötzlich hörten die beiden schnelle Schritte auf dem Kiesweg, und gleich darauf erschien Dr. Amersham.

      »Nun, Studd, haben Sie meinen Wagen fertiggemacht?«

      Der Doktor hatte eine scharfe, unangenehme Stimme, und sein ganzes Auftreten reizte zum Widerspruch.

      »Nein«, entgegnete der Chauffeur heftig. »Und ich mache ihn auch nicht fertig – ich gehe heute Abend aus!«

      Amersham wurde bleich vor Ärger.

      »Wer hat Ihnen die Erlaubnis dazu gegeben?«

      »Der einzige,


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