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Der viereckige Smaragd. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Der viereckige Smaragd - Edgar Wallace


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und Liebenswürdiges in dieser Begrüßung. Aber Leslie hatte das auch nicht erwartet. Sie stieg hinauf. Bevor sie aber das obere Treppenpodest erreichen konnte, hatte sich Lady Raytham schon umgewandt und ging ihr voraus in den anstoßenden Salon. Leslie trat ein und bemerkte, daß Jane nicht allein war. Vor dem Kaminfeuer stand eine ihr bekannte große, stattliche Dame mit kurzgeschnittenem Haar und Monokel, die sie mit einem durchdringenden, fast feindlichen Blick musterte.

      Der Unterschied zwischen den beiden Frauen war verblüffend. Lady Raytham hatte niemals schöner, lieblicher und eleganter ausgesehen als in diesem Augenblick. Auch sie war in Gesellschaftskleidung und wollte ausgehen. Sie trug ein prachtvolles Kleid aus altgoldenen Spitzen, und um ihren Hals hing eine Kette von herrlichen Smaragden, die ihren Abschluss in einem Anhänger fand, einem einzigen, viereckigen Stein, der allein ein Vermögen gekostet haben mochte. Anita Bellini trug ein feuerrotes Kleid. Es war von einer flammenden, grellen Farbe, die kaum einer anderen Frau gut gestanden hätte, sonderbarerweise aber sehr gut zu ihr paßte. Dicke Armbänder aus Jade und ein Halsschmuck aus Rubinen umgaben sie mit einer fast barbarischen Pracht.

      »Es tut mir leid, daß Sie sich hierherbemüht haben, Miss Maughan – es ist in doppelter Weise unangenehm. Hätte sich Druze nicht so empörend gegen Sie benommen, so hätte ich Sie nicht empfangen. Aber unter diesen Umständen fühle ich mich verpflichtet, mich wenigstens bei Ihnen wegen seines ungebührlichen Benehmens zu entschuldigen.«

      Leslie nickte leicht mit dem Kopf. Was sie zu sagen hatte, konnte sie nicht vor dieser großen Frau mit dem harten Blick erklären, die mit dem Rücken gegen den Kamin gelehnt stand, die unvermeidliche Zigarette zwischen den Lippen hielt und sie aus dem blitzenden Monokel ansah.

      »Wenn es möglich ist, möchte ich Sie allein sprechen, Lady Raytham.«

      »Es gibt nichts, das Sie mir nicht auch in Gegenwart der Prinzessin Bellini sagen könnten.«

      Anita klopfte die Asche ihrer Zigarette in das Kaminfeuer, ohne ihr Gesicht abzuwenden.

      »Vielleicht möchte Miss Maughan nicht in Gegenwart einer Zeugin sprechen«, sagte sie dann mit ihrer harten Stimme. »Wenn ich an Lady Raythams Stelle wäre, würde ich Sie wegen der gestrigen Vorkommnisse bei Ihrer vorgesetzten Behörde angezeigt haben, so daß Sie Ihre Stelle im Polizeipräsidium verloren hätten.«

      Leslie lächelte schwach.

      »Wenn Sie Lady Raytham wären, würden Sie noch viele andere Dinge tun, Prinzessin, so daß dieser Schritt vollständig überflüssig wäre.«

      Anita sah sie unentwegt an. »Wie meinen Sie das?«

      Wenn sie erwartet hatte, die junge Dame durch diese Frage zu erschrecken, so wurde sie enttäuscht, denn Leslie lächelte nur.

      »Wir sind jetzt so weit gekommen«, sagte sie gutgelaunt, »daß ich nicht vor Zeugen sprechen möchte – obwohl ich vielleicht eines Tages vor mehr Zeugen spreche, als Sie in einem doppelt so großen Raum wie diesem unterbringen können. Ich könnte vor so vielen Zeugen auftreten, Prinzessin, wie in dem großen Gerichtssaal von Old Bailey Platz haben.«

      Sie sagte dies, ohne ihre Stimme besonders zu erheben, und jetzt war Anita Bellinis innere Erregung zu erkennen. Das Monokel fiel aus ihrem Auge, sie fing es geschickt auf und klemmte es umständlich wieder ein. Der große, harte Mund öffnete sich ein wenig, aber sie fing sich gleich wieder.

      »Das klingt fast so, als ob Sie mir drohen wollten«, erwiderte sie heiser. »Miss Maughan, ich glaube, Sie werden Ihre Stelle doch verlieren.«

      »Bevor ich meine Stelle verliere, Prinzessin, werden Sie auf eine große Einnahmequelle verzichten müssen«, antwortete Leslie schlagfertig. Sie wartete nicht auf Antwort, sondern wandte sich an Lady Raytham.

      »Kann ich allein mit Ihnen sprechen?«

      Janes Stimme zitterte ein wenig, und sie schien sehr verwirrt zu sein, als sie jetzt atemlos erwiderte:

      »Ich habe Sie empfangen, um mich bei Ihnen wegen Druzes Betragen zu entschuldigen, und Sie haben die Gelegenheit benutzt, um meine Freundin zu beleidigen, eine Dame, die –«

      Ihre Stimme wurde heiser, und sie hielt inne.

      Leslie erkannte, daß sie nichts weiter ausrichten konnte, wenn sie ihre Fragen nicht in Gegenwart der Prinzessin Bellini vorbringen wollte. Aber sie hatte ja gerade die Absicht, vor dieser Frau alles geheimzuhalten. Sie hatte ihren Mantel geöffnet, als sie die Treppe hinaufgestiegen war. Lady Raytham sah ihr mauvefarbenes Spitzenkleid. Prinzessin Anita Bellini lächelte, sie hatte eine Schwäche für Pariser Modelle.

      »Sie scheinen bei der Polizei sehr gut zu verdienen, meine junge Freundin«, sagte sie boshaft. »Wer ist denn der Glückliche, der Ihre Kleiderrechnungen bezahlen darf?«

      »Mein Rechtsanwalt – bis ich fünfundzwanzig Jahre alt geworden bin«, erwiderte Leslie prompt.

      »Ein glücklicher Rechtsanwalt – wer ist es denn?«

      Leslie lächelte.

      »Sie müßten ihn eigentlich sehr gut kennen, er hat Sie damals bei Ihrem Konkurs vertreten.«

      Mit diesem letzten Trumpf verließ sie den Raum.

      Eine halbe Stunde später entfaltete Mr. Coldwell seine Serviette und schüttelte ernst den Kopf.

      »Das war unvorsichtig von Ihnen. Wann haben Sie denn eigentlich entdeckt, daß die Prinzessin Bankrott gemacht hat? Ich muß gestehen, daß mir das neu ist.«

      Leslie lachte ein wenig verlegen.

      »Ich lese eben Amtszeitungen. Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde sie interessanter als die besten Liebesnovellen, die irgendein junges Mädchen geschrieben hat. Dieser Bankrott wurde vor zehn Jahren so lautlos und ruhig wie möglich abgewickelt. Die Prinzessin nahm ihren Wohnsitz in einem kleinen Landstädtchen, bevor sie ihre Zahlungsunfähigkeit bei Gericht anmeldete, und es ist doch so leicht, Vorgänge, die sich in der Provinz abspielen, aus den Londoner Zeitungen fernzuhalten. Damals hatte sie auch ihren hochtönenden Titel abgelegt und bezeichnete sich nur als Mrs. Bellini. Es gibt kein Gesetz in diesem Lande, das dazu zwingt, fremde Titel zu gebrauchen.«

      »Außerordentlich tüchtig«, sagte Mr. Coldwell halb zu sich selbst. »Und sie hat Sie nicht gelyncht, als Sie ihr das sagten?«

      »Sie war ein wenig betroffen«, erwiderte Leslie. »Aber Druze – der ist aus der Rolle gefallen! Das beunruhigt mich.«

      »Ich wüßte nicht, warum Sie sich deshalb Sorgen machen sollten.« Mr. Coldwell winkte einem Kellner.

      Als er ihm seinen Auftrag erteilt hatte, sprach er weiter.

      »Wissen Sie, daß Sie mich dauernd überzeugen möchten, daß etwas Großes hinter diesem geheimnisvollen Fall Dawlish steckt? Ich meine damit nicht die eventuelle Entdeckung, daß Druze selbst der Fälscher ist. Ich glaube auch nicht, daß wir das jemals beweisen können.«

      In diesem Augenblick erschien eine große Dame in dem Speisesaal und schaute sich um. Sie trug eine Hornbrille mit verhältnismäßig starken Gläsern. Ihr Gang war aufrecht, ihre Gestalt schlank, und eine Fülle weißen Haares rahmte ihr Gesicht ein. Etwas Strenges und Herbes lag über ihrer Erscheinung. Sie grüßte Mr. Coldwell durch ein kurzes Nicken und ging dann auf den Geschäftsführer zu.

      »Das ist die Mutter«, sagte der Chefinspektor.

      »Wessen Mutter?«

      »Ihres interessanten Sträflings.«

      »Margaret Dawlish?« Leslie war erstaunt. »Hier hätte ich sie kaum erwartet.«

      »Sie speist jeden Abend hier, und ich glaube auch den Grund dafür zu kennen.«

      Leslie betrachtete Peters Mutter. Das eckige, harte Kinn, die dünnen Lippen, die tiefliegenden Augen – alles stimmte so ganz zu dem Bild, das sie sich von ihr gemacht hatte.

      »Wissen Sie, was ich täte, wenn Sie nicht hier wären?« fragte sie schließlich.

      »Tun Sie es ja nicht, was es auch sein mag«, sagte Coldwell.


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