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Der Doppelgänger. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Der Doppelgänger - Edgar Wallace


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noch sehr jung war.

      »Der langen Rede kurzer Sinn ist, daß Sie nicht abfahren dürfen«, sagte Mr. Cathcart entschieden. »Ich möchte nicht erst eine gerichtliche Entscheidung hierüber herbeiführen –«

      »Einen Augenblick, Sie schlechter Freund der armen jungen Leute!« Diana nahm kurz entschlossen mehrere große Gesetzbücher und einen ganzen Stoß von Gerichtsakten vom Stuhl, legte ihn auf die Erde und setzte sich. »Meine Kenntnis des Gesetzes ist ja nur oberflächlich«, sagte sie ernst. »Ich habe mein Leben auf den Grassteppen von Kara-Kara zugebracht. Aber obwohl ich nur ein unwissendes Waisenkind bin ...«

      Mr. Collings seufzte.

      »... so ist mir doch bekannt, daß ein Anwalt erst einen Klienten haben muß, bevor er eine Gerichtsentscheidung beantragt. Denn kein Jurist, es sei denn einer, der vor Verliebtheit verrückt ist, stellt Anträge bei Gericht, ohne einen Klienten zu vertreten.«

      Mr. William Cathcart zuckte die Schultern.

      »Sie müssen sich Ihr Bett allein machen.«

      »Der Gerichtshof kann mir mein Bett auch nicht machen!« antwortete sie.

      Mr. Cathcart sah, wie sie auf ihn zukam und schnell seinen Federhalter nahm.

      »Onkel Cathcart, ich hoffte so sehr, daß wir als gute Freunde scheiden würden! Jeden Abend, wenn ich vor meinem Bett zum Abendgebet niederknie, sage ich: ›Lieber Gott, bitte, gib doch Onkel Cathcart ein bißchen mehr Humor und mache ihn ein wenig liebenswürdiger.‹ Ich habe immer geglaubt, daß dieses Wunder eines Tages geschehen würde.«

      Onkel Cathcart rückte auf seinem Stuhl unruhig hin und her.

      »Gehen Sie Ihren eigenen Weg«, sagte er laut. »Ich kann keinen alten vernünftigen Kopf auf junge Schultern setzen. Wir werden ja noch länger leben, und dann werden wir ja sehen.«

      »Man probiert den Pudding am besten, indem man ihn aufißt. Das haben Sie eben vergessen, Onkel Cathcart.«

      Mr. Collings speiste mit Diana in einem Restaurant zu Mittag.

      »Was ist eigentlich dieser Mr. Selsbury für ein Mann?«

      »Ach, er ist wundervoll«, sagte sie träumerisch. »Er hat damals in dem Universitätsachter bei dem Rennen mitgerudert und gewonnen. Ich bin ganz verschossen in ihn!«

      Mr. Collings sah sie entsetzt an.

      »Ist er auch verschossen in Sie?« fragte er atemlos.

      Diana lächelte. Sie hatte gerade ein kleines Spiegelchen aus der Handtasche gezogen und puderte sich ein wenig.

      »Er wird sich schon in mich verlieben«, sagte sie sanft.

      2

      Mr. Gordon Selsbury war von Natur aus weder anomal noch exzentrisch. Aber er hielt sich doch für etwas höherstehend als andere Menschen, für einen Feingeist und für einen jener besonders begnadeten Sterblichen, die die Dinge von einer höheren Warte aus betrachten.

      Er lebte in der City Londons, und sein Beruf stand in schreiendem Gegensatz zu seiner geistigen Einstellung, denn er war Generalvertreter einer der größten Versicherungsgesellschaften und lebte als solcher in äußerst guten pekuniären Verhältnissen.

      Manchmal saß er vor seinem mit echt silbernen Gittern und Beschlägen geschmückten Kamin und dachte in philosophischer Ruhe über die Laune des Schicksals nach, das ihn zu einer so nüchternen geschäftlichen Tätigkeit verurteilte. Denn während andere Menschen nur stumpf vegetierten und triebhaft ihren Leidenschaften und Begierden frönten, lebte er in höheren geistigen Sphären.

      Wenn er seinen Gedanken nachhängen konnte, fühlte er sich erhaben über die Welt und ihren verabscheuungswürdigen Kampf ums Dasein. Er war ein Mann, der durch seine geistige Begabung wie ein Fels über nebligen Niederungen in einsamer Höhe ragte, wo sich nur schneebedeckte Gipfel zum blauen Himmel emporreckten. Und doch – das schien ihm am erstaunlichsten – konnte er heruntersteigen in die Arena des Lebens, mit diesen Materialisten ringen, sie besiegen und ihren zusammengeballten Fäusten unheimliche Summen dieses schmutzigen Geldes entreißen ...

      »Nein, Trenter, ich werde morgen nachmittag nicht zu Hause sein. Sagen Sie bitte Mr. Robert, daß er mich in meinem Büro sprechen kann. Danke schön.«

      Der Butler verneigte sich respektvoll und ging zum Telefon zurück.

      »Mr. Selsbury wird morgen nicht zu Hause sein, Sir.«

      Bobby Selsbury war sehr ärgerlich.

      »Sagen Sie ihm bitte, daß er mir fest versprochen hat, mit mir und meinem Freund eine Partie Bridge zu spielen. Rufen Sie ihn doch einmal ans Telefon.«

      Gordon erhob sich etwas gelangweilt von seinem weichgepolsterten Stuhl, ließ sich aber vor seinem Angestellten nicht das geringste merken.

      »Ja, ja, ich weiß«, sagte er müde, »aber mir fiel ein, daß ich mich schon anderweitig verabredet hatte. Du mußt eben sehen, daß du dir die Zeit sonst irgendwie vertreibst, mein Junge. – Was erzählst du mir da? Ach, das ist doch Unsinn! ... Also, ich kann dir wirklich nicht helfen, du mußt dich schon nach anderer Gesellschaft umsehen – ich habe morgen nachmittag unheimlich viel im Geschäft zu tun ... ich spreche am Telefon nicht gern über geschäftliche Angelegenheiten. Auf Wiedersehen! – Trenter!«

      Der Butler wartete in devoter Haltung und schien gespannt auf die Anordnungen seines Herrn zu sein.

      »Jawohl, Sir?«

      Mr. Selsbury wandte langsam den Kopf, bis seine dunklen Augen auf dem Gesicht des Dieners ruhten.

      »Heute morgen sah ich zufälligerweise, daß Sie das Zimmermädchen küßten. Sie sind doch ein verheirateter Mann und haben dadurch eine gewisse Verantwortung, über die Sie sich unter keinen Umständen hinwegsetzen dürfen. Eleanor ist womöglich leicht beeinflußbar, Mädchen in dem Alter sind schnell verliebt. Es ist absolut verwerflich, das Leben eines jungen Mädchens dadurch zu ruinieren, daß Sie eine Leidenschaft in ihr erwecken, die Sie weder erwidern können noch dürfen. Auch ich habe darunter zu leiden – heute morgen war mein Rasierwasser nicht rechtzeitig auf meinem Zimmer. Das darf nicht wieder vorkommen!«

      »Nein, Sir«, sagte Trenter.

      Derartige Neuigkeiten kommen gewöhnlich auf schnellstem Wege in das Dienstbotenzimmer. Selsburys Worte schienen beinahe seelische Fernwirkung zu haben.

      Eleanor war ein hübsches, großes Mädchen mit blassem Gesicht, blitzenden Augen und schwarzen Augenbrauen. Sie stand eben vor dem Spiegel und benützte den Lippenstift. Plötzlich hielt sie in dieser Beschäftigung inne. Sie war sehr entrüstet.

      »Weil er ein so eiskalter und hundeschnäuziger Antonius von Padua ist, glaubt er, daß wir keine menschlichen Gefühle haben. Der arme, kaltblütige Fisch! Ich werde es ihm bei Gelegenheit schon sagen, daß ich es nicht dulden kann, wenn er so über mich spricht und dadurch meinen guten Ruf verdirbt. Dieser Schnüffler, dieser Leisetreter, dieser Spion!«

      »Wer ist denn der Antonius von Padua?« fragte Trenter.

      »Das ist der Heilige, der von Frauen versucht wurde und die Prüfung siegreich bestand«, erwiderte Eleanor. Sie schien aber nicht abgeneigt zu sein, ihrerseits die Versucherin zu spielen.

      »Wer hat Mr. Selsbury versucht?« fragte er aufgebracht.

      »Niemand, wenn Sie etwa mich meinen sollten. Ich möchte nur einmal sehen, wenn er seinen Arm um mich legen wollte – daran würde er denken!«

      »Soweit wird er sich niemals vergessen«, sagte Trenter.

      Sie warf den Kopf in den Nacken.

      »Ach, ich weiß nicht!« Eleanor sah die starke Köchin an. »Fragen Sie nur einmal hier.«

      »Großer Gott, Köchin, er hat Sie doch nicht etwa –?« fragte Trenter entsetzt.

      Zum Glück war Mrs. Magglesark langsam von Begriff.

      »Ja,


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