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Die Bluthunde von Paris. Christina GeiselhartЧитать онлайн книгу.

Die Bluthunde von Paris - Christina Geiselhart


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wenn sie an den hübschen Albano dachte und unwillkürlich öffnete sie ihre Schenkel, lüftete den Rock und hielt ihren Schoß der Sonne entgegen. Meistens war sie nackt unter ihrem Kleid und als die heißen Strahlen ihre Scham kitzelten, stöhnte sie sehnsüchtig auf. Ich bin ein verruchtes Weib, dachte sie und streichelte ihre Schenkel. Ich kenne nur meine Tochter und die Wollust.

      Alles andere ist mir egal. Mein einfältiger Mann, die beiden Mädchen, sie alle interessieren mich nicht. Sie können alle zum Teufel gehen, wenn nur meiner geliebten Philippine eine glänzende Zukunft winkt und sich ein junger Kerl hin und wieder um meinen Hintern kümmert.

      Warum aber bin ich so verrucht, und warum so schrecklich, dass ich nicht einmal um meine toten Kinder trauere, geschweige denn um die verschollene Alberta? Ha, verschollen! Ich bin recht froh, sie los zu sein. Aber warum sind alle herzlichen Regungen für Menschen, die mir am nächsten stehen, in mir abgestorben?

      Während sie sich ihren Gedanken hingab, wanderten ihre Hände zwischen ihre Schenkel. Sie liebkoste ihre Scham behutsam, zärtlich, wie um sie zu besänftigen, sie zu trösten. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte sie an Gott geglaubt und daran, dass er sie unter seine Fittiche nehmen und entschädigen würde für die bittere Kindheit unter dem Dach ihres Vaters.

      Doch Gott scherte sich einen Dreck um sie. Als sie sechzehn wurde, lenkte er die Schritte eines Verhörvollstreckers ins elterliche Haus und keinen Prinzen. Gott sah ungerührt zu, wie sie von diesem Kerl brutal entjungfert wurde, ließ es geschehen, dass der rohe Mann jahrelang fast täglich ihre Brüste knetete, seinen übel riechenden Mund auf ihre Lippen presste und ihr armselige Kinder zeugte. Zuerst hatte sie Frieda geboren. Ein schmächtiges Ding mit einem runden Gesicht, winzigen Augen, langen Ohren. Am meisten jedoch hatte sie das schwarze Mal über Friedas rechtem Mundwinkel entsetzt. Ein unförmiger Auswuchs von der Farbe fauliger Pflaumen zeichnete sich dort ab und Lea fürchtete, er könnte sich ausdehnen, aufblähen.

      Ein Jahr nach Frieda brachte sie eine Totgeburt zur Welt und knappe zehn Monate später kam sie sechs Wochen zu früh nieder. Das Kind starb in der Wiege. An einem grauen Tag, an dem der Regen durch die Ritzen der schadhaften Haustür drängte und ein närrischer Wind heftig an dem schiefen Gemäuer rüttelte, gebar sie Rosel. Während sie unter schmerzhaften Wehen das Kind zur Welt brachte, meinte Lea, das Haus stürze über ihr ein. Als sie aber den Säugling anblickte, verstand sie, warum sich die Naturgewalten aufbäumten. Das Mädchen hatte einen entstellten Mund.

      Die Oberlippe knüpfte an die Nase an und legte das obere Zahnfleisch frei. Angewidert hatte sich Lea abgewendet und ihr die Brust ebenso verweigert wie Frieda. Ihr Herz, das ohnehin schon Sprünge hatte, zerriss und ein gewaltiger Zorn ballte sich an seiner Stelle. Zorn auf den Ehemann und Zorn auf ihren Schoß, dem nur Unkraut zu entspringen schien. Entweder sie brachte Missgeburten zur Welt oder ihre Kinder starben. Welch’ giftige Säfte tobten in ihrem Bauch? Warum vereinigte sich der verfluchte Samen des Folterknechtes in ihrem Schoß mit den übelsten Elementen? Vielleicht strafte sie Gott dafür, dass sie einen Mann geheiratet hatte, der täglich Menschen quälte? Vielleicht hatte Gott sie längst verlassen. Oder aber sie war kein Kind Gottes und der Teufel hatte an ihrer Wiege gestanden. Sie, die Tochter eines Säufers und einer Wäscherin. Sie, die nur Armut, Krankheit und Gewalt gekannt hatte.

      Lea hatte aufgehört, ihre Scham zu streicheln, zog den Rock bis zum Bauch und blickte an sich hinunter.

      „Wie sonderbar? Mein Kopfhaar ist rotbraun, doch du versteckst dich unter rabenschwarzem Gefieder. Deine Mitte spuckte das aus, was sie aufnahm. Hässlichkeit und Tod. Dafür hasste ich dich und gönnte dir Karls ungeschliffene Art, in dich einzudringen. Manchmal wünschte ich, du würdest bluten, zerreißen, vertrocknen und dich für immer schließen. Manchmal rief ich den Teufel an, er möge mich reiten, denn in mir glühte die Hitze der Hölle.“

      Erschrocken über sich selbst, warf sie eilig den Rock über ihre Schenkel. Alberta fiel ihr ein. Das Kind vor Philippine. Der Gedanke an die Unglückliche rief sie einen Moment lang zur Ordnung. Zum ersten Mal hatte sie ein ansehnliches Kind geboren. Sein Kopf war wohlgeformt, die Augen schräg geschnitten, der Mund süß, so dass Lea die Brust geben konnte. Aber Alberta hatte eine schuppige Haut und ihre Hände waren die einer alten Frau. Verdorrt, schrumpelig, erdfarben. Anfangs hoffte die Mutter auf Besserung und bevorzugte die Kleine der Ältesten, deren Mal sich in die Wange hinein ausbreitete. Dennoch liebte sie Alberta nicht wirklich. Sie war die Frucht roher Handlungen, der Spross eines königlich anerkannten Quälers. Und als Lea dann Jahre später entdeckte, dass Alberta nicht viel mehr als einen Meter Größe erreichen würde, wuchs tödlicher Groll in ihr. Wieder hatte sie Liebe an eine Missgeburt vergeudet.

      Sie schwor sich, ihrem unnützen Leben ein Ende zu setzen, wenn sie nicht bald ein ansehnliches Kind gebären sollte. Dann fing sie an zu beten. Betete zu einer übernatürlichen Kraft, die sie nicht immer Gott nannte. Jedoch betete sie nie im Innern des Hauses. Auch nicht in seiner Nähe. Es schien ihr unwahrscheinlich, diese übernatürliche Kraft, dieses übermenschliche Wesen könnte sie von der erbärmlichen Behausung aus wahrnehmen. Lea glaubte, dass dieses Wesen einer Pflanze ähnlicher war als einem Menschen, deshalb betete sie gerne im Umkreis des Baches, der durch das Dorf floss, in dem sie damals wohnten. Und da erschien ihr eines Tages, als sie völlig im Gebet an das geheimnisvolle Wesen versunken war, zum zweiten Mal ihre Mutter. Wunderschön und stolz redete sie mit zorniger Stimme zu ihr.

      An ihrem nackten Körper klebten Schlamm und Blätter. In ihrem gelösten Haar steckten Wasserlilien und sie sprach in Ehrfurcht vom weiblichen Schoß. Was er empfängt muss in höchster Wonne aufgenommen werden, sagte sie und Lea war überzeugt davon, dass sich ihr das Höchste Wesen in Gestalt ihrer Mutter gezeigt hatte, um ihr keine Angst einzujagen.

      Ja, und im April 1774 schenkte sie einem ganz besonderen Kind das Leben. Je älter das Kind wurde, umso schöner wurde es. Lea reckte ihren Oberkörper und blickte dankbar in den weiten Himmel:

      „Philippine ist das Versprechen eines anderen, eines besseren Lebens. In ihm spiegelt sich ein Neubeginn, eine rosige Zukunft für uns beide!“, sagte sie laut. „Ich danke dir, himmlisches Wesen! Du allein verstehst, dass in dieser Zukunft weder die anderen Mädchen noch mein Mann, der Folterknecht, Platz haben. Und du wirst mich niemals richten, weil ich froh darüber bin, Rosel und Alberta los zu sein. Alberta, die Seltsame. Alberta, die Geheimnisvolle. Alberta, die nicht wachsen wollte, Alberta mit den Händen einer Greisin. Was hatte dieses Kind an meinem Busen zu suchen?“ Leas Stimme bebte. Sie wollte weiter jammern, da drang das Rasseln eines Wagens an ihr Ohr.

      Unwillkürlich duckte sie sich ins hohe Gras und beobachtete. Auf dem Weg, der die Ufer der Seine säumte, kam eine prächtige Kutsche von Paris her. Aus ihren scheibenlosen Fenstern drang helles Gelächter. Ein Frauenkopf neigte sich heraus, gefolgt von einem weißen Arm und einer wunderschönen Hand, die ein Taschentuch schwenkte. Lea konnte das gelockte Haar, den Sommerhut und eine Andeutung des hellen Spitzendekolletés entdecken und bohrender Zorn über ihr schäbiges Leben loderte mit einem Mal in ihr auf wie eine Flammensäule. Nein!, schrie es in ihr. Du höchstes Wesen hast noch viel zu tun, um alles Unrecht zu beseitigen. Ein kleiner, ausgewählter Menschenteil lebt auf der Sonnenseite, während der große Teil in Schlamm und Dunkelheit dahin darbt. Wie eine Königin sähe ich aus, steckte man mich in herrliche Kleider und behängte sie mit Diamanten und Perlen. Wie eine Königin würde ich behandelt werden und die schönsten Männer lägen zu meinen Füßen.

      „Und wenn ich daran denke, wie gut es diesen Damen geht, dann könnte ich jeder Einzelnen den Kragen umdrehen. Schöne Jünglinge liegen in ihren Damastbetten und liebkosen ihre weißen Hinterteile, küssen ihre Alabasterbrüste und besorgen es ihnen zu jeder Stunde des Tages in allen Lagen auf samtweichen Kissen, seidigen Laken. Nebenbei gibt es duftendes Zimtgebäck und köstlichen Tee aus zierlichen Kännchen. Diese Faulenzerinnen, Tagediebinnen würden sich zu Tode langweilen, würzten nicht schöne Männer ihre öden Tage und Nächte. Oh, ich werde es euch noch zeigen! Bald werde ich mich auch in feinen Betten wälzen. Friedas Hintern ist tüchtig und bringt gutes Geld. Es hat sich bei den Kerlen längst herumgesprochen, wie talentiert sie ihre Reize verkauft. Es wird Zeit, die Preise in die Höhe zu treiben!“ Triumphierend stieß sie die Faust in die Luft, indessen die Kutsche in der Ferne untertauchte. „Ihr Können auf dem Gebiet hat sie allein mir zu verdanken. Ja, mir


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