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Das Gesetz der Vier. Edgar WallaceЧитать онлайн книгу.

Das Gesetz der Vier - Edgar Wallace


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Laboratorium zubringen darf.«

      »Warum denn?« begann Manfred, aber er unterbrach sich selbst. »Aber du wirst natürlich schon Grund dafür haben, Leon. Im allgemeinen fällt es mir ja nicht schwer, solche Rätsel zu lösen, aber diesmal bin ich doch etwas verwirrt. Ich glaube übrigens, daß du das Geheimnis bereits erraten hast. Nur sind gewisse Nebenumstände bei diesem Verbrechen außerordentlich verblüffend. Warum hat der alte Mann zum Beispiel die dicken Handschuhe angehabt?«

      Gonsalez sprang plötzlich auf, seine Augen leuchteten.

      »Was für ein Narr bin ich doch, daß ich das nicht gesehen habe! George, bist du sicher? Hatte er dicke Handschuhe an?« fragte er begierig.

      Manfred nickte und lächelte über die Erregung seines Freundes.

      »Nun habe ich es!« Gonsalez schnippte mit den Fingern. »Ich wußte doch, daß noch irgendein Irrtum in meiner Theorie war. Waren es dicke, wollene Handschuhe?« Plötzlich wurde er nachdenklich. »Ich bin nur neugierig, wie, zum Teufel, er den alten Mann dazu bringen konnte, sie anzuziehen?« sagte er halb zu sich selbst.

      Mr. Fare gewährte Leons Bitte gern, und die beiden Freunde gingen zum Laboratorium, wo sie von John Munsey erwartet wurden.

      »Ich entdeckte die Brille neben dem Bett meines Onkels«, sagte er gleich, als Gonsalez eintrat.

      »Ach ja, die Brille«, erwiderte Leon zerstreut. »Kann ich sie vielleicht einmal sehen?« Er nahm sie in die Hand. »Ihr Onkel war aber sehr kurzsichtig. Ich bin erstaunt, daß er sie nicht immer bei sich trug.«

      »Ich glaube, er ging in sein Schlafzimmer, um sich umzukleiden, wie er es gewöhnlich nach dem Abendessen tat«, erklärte Mr. Munsey. »Er hat sie dann wohl dort liegenlassen. Gewöhnlich hat er im Laboratorium ein Reserveglas. Aber aus dem einen oder anderen Grunde scheint er es nicht aufgesetzt zu haben. Möchten Sie allein im Laboratorium bleiben?«

      »Ja, das war meine Absicht«, entgegnete Leon. »Vielleicht sind Sie so liebenswürdig, meinen Freund zu unterhalten, während ich mich umsehe?«

      Als die beiden gegangen waren, schloß er die Verbindungstür zwischen dem Laboratorium und dem Haus und suchte dann nach der Brille, die der alte Professor trug, wenn er an der Arbeit war.

      Merkwürdigerweise ging er gerade auf die Stelle zu, wo sie lag – er fand sie in einem großen Aschenkasten, der neben der Treppe stand, die zu dem Laboratorium führte. Es waren nur Scherben zu sehen, auch die Horneinfassung war an zwei Stellen gebrochen. Leon sammelte die Stücke auf, trüg sie in das Laboratorium und legte sie auf den Tisch. Dann ging er ans Telefon und sprach gleich darauf mit Stephen Tableman.

      »Natürlich«, erwiderte der junge Mann erstaunt. »Mein Vater trug seine Brille während unserer ganzen Unterhaltung.«

      »Ich danke Ihnen, mehr wollte ich nicht wissen.« Gonsalez hängte den Hörer wieder an.

      Er trat zu einem der vielen Apparate, die in einer Ecke des Raumes standen, und arbeitete eineinhalb Stunden lang angestrengt. Dann ging er wieder zum Telefon. Als noch eine halbe Stunde vergangen war, zog er ein paar dicke, wollene Handschuhe aus seiner Tasche, schloß die Tür auf, die zum Haus führte, und rief Manfred.

      »Bitte auch Mr. Munsey, hereinzukommen«, sagte er.

      »Ihr Freund interessiert sich wohl sehr für die Wissenschaft«, meinte dieser, als er Manfred begleitete.

      »Ich glaube, er ist einer der klügsten Männer auf seinem Spezialgebiet«, erwiderte Manfred.

      Er trat vor Munsey in das Laboratorium. Zu seinem Erstaunen stand Gonsalez in der Nähe des Tisches und hielt ein kleines Likörglas in der Hand, das mit einer fast farblosen Flüssigkeit gefüllt war. Es war nur eine schwache, blaue Färbung wahrzunehmen, und auf der Oberfläche der Flüssigkeit lag ein schwacher Dunst. Manfred schaute seinen Freund an, der dicke, wollene Handschuhe angezogen hatte.

      »Haben Sie Ihre Nachforschungen beendet?« fragte Mr. Munsey lächelnd, als er hinter Manfred eintrat. Als er aber Leon sah, erstarb das Lächeln auf seinen Zügen. Sein Gesicht erschien plötzlich hager und eingefallen, seine Augen lagen tief, und er atmete nur mit Mühe.

      »Wollen Sie nicht einen kleinen Schluck aus diesem Glas nehmen, mein lieber Freund?« fragte Leon liebenswürdig. »Ein wunderbares Getränk. Sie könnten es mit irgendeinem alten Likör verwechseln – besonders wenn Sie ein kurzsichtiger, zerstreuter Gelehrter sind, dem jemand die Brille weggenommen hat.«

      »Was meinen Sie?« fragte Munsey heiser. »Ich – ich verstehe Sie nicht.«

      »Ich versichere Ihnen, daß dies ein ganz unschädliches Getränk ist, es enthält nicht das geringste Gift – es ist so rein wie die Luft, die Sie atmen.«

      »Verdammt!« schrie Munsey. Aber bevor er auf den Mann losspringen konnte, der ihn so höhnisch anredete, hatte ihn Manfred gepackt und zu Boden geworfen.

      »Ich habe an den ausgezeichneten Mr. Fare telefoniert, er wird gleich hier sein, ebenso Mr. Stephen Tableman. Ah, da sind sie schon.«

      Es hatte geklopft.

      »Willst du bitte öffnen, George? Ich glaube nicht, daß sich unser Freund hier rühren wird. Und wenn er es doch versuchen sollte, werde ich ihm den Inhalt dieses Glases ins Gesicht schütten.«

      Mr. Fare trat ein, Stephen Tableman und ein anderer Beamter von Scotland Yard folgten ihm.

      »Hier übergebe ich Ihnen Ihren Gefangenen, Mr. Fare«, sagte Gonsalez. »Und hier zeige ich Ihnen das Mittel, mit dem Mr. Munsey den Tod seines Onkels herbeiführte. Er wurde vermutlich durch die Aussöhnung seines Onkels mit Mr. Stephen Tableman zu der Tat getrieben. Er hatte es so gut einzurichten verstanden, daß das Testament zu seinen Gunsten geändert wurde – und nun war all seine Mühe vergeblich gewesen.«

      »Das ist eine Lüge«, stieß John Munsey hervor. »Ich habe nur für dich gearbeitet – das weißt du doch am besten, Stephen. Ich tat alles, was in meinen Kräften stand –«

      »Auch das war nur ein Teil des Gesamtplans, um die anderen zu täuschen – wie ich vermute«, sagte Gonsalez. »Wenn ich nicht recht habe, können sie doch ruhig dieses Glas austrinken. Es ist dieselbe Flüssigkeit, die Ihr Onkel an dem Abend zu sich nahm, an dem er starb.«

      »Was ist es?« fragte Mr. Fare schnell.

      »Fragen Sie nur den dort«, antwortete Gonsalez lächelnd und zeigte mit dem Kopf auf Munsey.

      John Munsey drehte sich um und ging zur Tür. Der Polizeibeamte, der mit Mr. Fare gekommen war, folgte.

      »Und nun will ich Ihnen erzählen, wie sich alles zugetragen hat«, sagte Gonsalez. »Dies ist flüssige Luft!«

      »Flüssige Luft?« rief Mr. Fare. »Was meinen Sie damit? Wie kann man denn einen Menschen mit flüssiger Luft vergiften?«

      »Professor Tableman wurde gar nicht vergiftet. Flüssige Luft erhält man, wenn man die Temperatur der Luft auf einhundertundneunzig Grad unter Null verringert. Wissenschaftler benutzen sie zur Durchführung von Experimenten, und sie wird gewöhnlich in einer Stahlflasche aufbewahrt, deren Öffnung man mit einem Wattebausch schließt, weil die Gefahr einer Explosion vorliegt, wenn man die Luft ganz absperrt.«

      »Großer Gott!« rief Stephen atemlos vor Schrecken. »Dann war also dieser blaue Streifen am Hals meines Vaters –«

      »Man hat ihn durch die große Kälte getötet. Seine Kehle erstarrte in dem Augenblick, als er die flüssige Luft zu sich nahm. Ihr Vater trank gewöhnlich vor dem Schlafengehen ein Glas Likör, und zweifellos gab ihm Munsey ein Glas flüssiger Luft, nachdem Sie gegangen waren. Vorher hat er ihn irgendwie überredet, Handschuhe anzuziehen.«

      »Warum denn? Ach, er sollte natürlich die Kälte nicht fühlen«, meinte Manfred.

      Gonsalez nickte.

      »Welche Kniffe Munsey angewandt hat, werden wir vielleicht nie erfahren. Sicher ist nur, daß auch er selbst Handschuhe trug. Nach dem Tod Ihres Vaters bereitete er dann alles vor, um einen anderen


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