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Dr. Karl Semper und seine Studien auf den Palau-Inseln im Sillen Ozean. Jürgen RuszkowskiЧитать онлайн книгу.

Dr. Karl Semper und seine Studien auf den Palau-Inseln im Sillen Ozean - Jürgen Ruszkowski


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einem Lendengürtel bekleidet, den sie oft genug auch in der Hand hielten, blieben mit Ausnahme weniger Vornehmer ganz im Vordergrunde des Schiffs, weit ent­fernt von Krei und Mad, sodass ich durch die Achtung, welche beiden gezollt wurde, schon ihre hohe Würde hätte erraten können, selbst wenn ich nicht durch Woo­din und Johnson längst gehört hätte, dass ich hier die zwei mächtigsten Fürsten des Dorfs und Staats Aibukit vor mir sähe.

      Die sozialen Strukturen der Palau-Insulaner

      Beide Männer wurden immer nur mit dem angegebe­nen Namen angeredet, welche, obgleich beide, Mad wie Krei, Eigennamen, doch auch zugleich echte Titel für ei­nes jeden Stellung im Staate waren. Beide besitzen noch einen andern Namen, den ihrer Jugend, den sie aber beim Amtsantritt mit dem unwandelbaren Titel ihres Amts vertauscht hatten. Das gleiche Vorrecht haben nur noch die eigentlichen Fürsten – die rupacks –, deren Zahl und Namen ich leider nicht völlig genau ermitteln konnte und welche die erste Klasse der Bevölkerung bilden. Mad (d. h. Tod) ist der eigentliche König, dem als solchem neben dem Vorsitz im Fürstenrate die alleinige Entscheidung und Sorge über ihre religiösen Feste und alles, was sich mit ihrem Ahnenkultus verbindet, zusteht. Ihm ist ein wirklicher Almosenier untergeordnet, der Inateklò genannt, ebenfalls Sitz und Stimme im Fürstenrate hat. Zweiter im Staat ist Krei, der Krieger und Feldherr sowie Anordner aller öffentlichen und Gemeindearbeiten, ein echter Majordomus, der auch hier im Stillen Ozean öfter eine ähnliche Rolle gespielt hat, wie der Taikun in Japan oder die Hausmeier der Merovinger im Frankenreiche. Im Fürstenrate sitzt er Mad gegenüber; und jedem schließt sich auf seiner Seite ein Gefolge kleinerer Fürsten an, bei ihren großen Festen sowohl wie bei ihren feierlichen über das Wohl und Wehe des Staats beschließenden Sitzungen. Diese Teilung der Gesamtzahl der Fürsten in solche, welche dem Krei oder dem Mad folgen, ist aber nicht bloß auf das öffentliche Leben beschränkt. Ein jeder der beiden Fürstenhäupter ist zugleich auch Vorsteher seines Gefolges, mit welchem er zusammen ein großes Haus – hier bai genannt – besitzt und worin die Mitglieder dieser Vereinigung des sogenannten Clöbbergöll, die Nächte und einen großen Teil der Tageszeit zubringen.

      Ggraphics17 emeindehaus auf Palau

      So bildet also in Aibukit – und ähnlich wie hier ist es in allen übrigen Staaten des Landes – die erste Klasse der eigentlichen Fürsten zwei sogenannte Clöbbergölls.

      In der zweiten Klasse der Bevölkerung, der sogenann­ten kleinen Fürsten (kikeri rupack) oder derjenigen der Freien sowohl wie in der dritten der Hörigen – des ar­meau – finden sich ähnliche, aber viel zahlreichere Clöb­bergölls, die sich am besten wohl noch mit unsern Regi­mentern vergleichen lassen. Denn in der Tat herrscht hier eine allgemeine Wehrpflicht, wie sie weitgehender und in alle sozialen Verhältnisse tiefer eingreifend wohl kaum gedacht werden kann. Vom fünften oder sechsten Jahre an sind alle Knaben gezwungen, in einen solchen Clöbbergöll einzutreten, sich an den Kriegen und an den von der Regierung angeordneten öffentlichen Arbeiten zu beteiligen. Aber in ihnen sind die Freien und die Höri­gen nicht streng voneinander geschieden, wenngleich jene immer den Vorrang haben, einmal als Freie, dann aber auch, weil aus ihrer Zahl die eigentlichen Fürsten teils nach Erbfolgegesetzen, teils durch Wahl genommen werden. Während also von diesen viele nur bis zu einem gewissen Lebensalter einem der zahlreichen niederen Clöbbergölls angehören, dann aber als Rupacks in den Fürstenkongress eintreten, bleiben jene, die Männer des Armeau, bis an ihr Lebensende in den Regimentern zweiter Ordnung. Eine Trennung findet hier nur insofern statt, als in jedem einzelnen Clöbbergöll, welcher im Durchschnitt etwa 35 bis 40 Mann zählen mag, immer nur gleichaltrige Knaben oder Männer zugelassen werden, sodass ein jeder von ihnen während seines Lebens normaler Dauer wenigstens drei oder vier verschiedenen Clöbbergölls angehört hat.

      Im Grunde genommen bildet nun eigentlich ein jedes Dorf einen in der angegebenen Weise gegliederten Staat für sich. Jeder derselben hat also auch seine besonde­ren Titel für die entsprechenden Ämter, die niemals die gleichen sind. So heißen die beiden Coröre regierenden Fürsten Ebadul (Abba Thule bei Wilson) und Arra Koo­ker; aber es sind auch hier nicht, wie Wilson meint, ihre Eigennamen, sondern nur ihre durch alle Generationen hindurch gleichbleibenden Titel. Ihr Sinn blieb mir leider unbekannt. Bald bestehen nun diese einzelnen Dörfer als Staaten für sich und nebeneinander, wie in Peleliu und auf Kreiangel, oder es ordnen sich mehrere einem mächtigeren unter und treten zu ihm in ein gewisses Va­sallenverhältnis. Ich hatte weiter oben schon angege­ben, wie sich infolge der Anwesenheit Cheyne's und Woodin's auf Babelthaub die Staaten in zwei Gruppen teilten, deren Führerschaft Coröre und Aibukit ausübten; mit jenem Staate waren außer den verschiedenen klei­neren Reichen Pelelius noch Armlimui und Eimelig an der Südwestküste und Aracalong an der Nordspitze von Babelthaub verbündet, während Athernal und Eirei die Verbündeten von Aibukit waren. Die im Norden der Gruppe, von ihr durch einen breiten Tiefwasserkanal getrennt liegende Insel Kreiangel – ein echter Atoll – verhielt sich neutral. Doch aber war die Absorptionskraft dieser beiden augenblicklich mächtigsten Staaten schon so groß geworden, dass eine Anzahl anderer Dörfer, welche früher teilweise eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hatten, in ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zu ihnen getreten waren, sodass die dem Mad oder Krei in Aibukit entsprechenden Fürsten z. B. von Rallap, Kaslau, Roll, Aulima und mehreren andern Dörfern, wohl in ihrer Heimat noch dieselbe Stellung einnahmen, aber im Fürstenrate von Aibukit selbst nur den Rang eines gewöhnlichen rupack beanspruchen konnten. Natürlich wurden dadurch in jenen Vasallenstaaten auch die andern Vornehmen um eine Stufe tiefer gestellt, sodass sie in Aibukit selbst genau dieselbe Stellung besaßen wie die zur Nachfolge bestimmten Vornehmen der zweiten Klasse. An den allgemeinen Beratungen des in Aibukit tagenden Fürstenrats konnten also auch nur die beiden ersten Rupacks der untergebenen Dörfer teilnehmen; und durch diese Verschmelzung kam es denn auch, dass mitunter ein solcher neben seinem vornehmeren Amte in der Heimat noch ein anderes, weniger ausgezeichnetes, im Staate Aibukit selbst bekleidete. So entsprach Arda in Rallap dem Mad in Aibukit, nahm aber in diesem Orte seinen Sitz ein unter dem Titel Albro als der dritte oder vierte hinter Mad.

      Schon am Abend unserer Ankunft hatte ich Johnson ungern allein abreisen lassen, denn ich sehnte mich in die neue Umgebung hinein, überdrüssig der langweiligen Unterhaltung mit Woodin und Gonzalez; ich sah die Riffe in meilenweiter Ausdehnung vor mir, ohne dass ich auch nur eine Koralle von ihnen hätte abbrechen können, und zwischen den Palmen hindurch, die ziemlich bestimmt die Lage von Aibukit und einigen andern Dörfern be­zeichneten, stiegen Rauchwolken auf, die mich mahn­ten, dass dort ein weites Feld für meine Studien offen lag. Am 26. März endlich – die zwei Tage an Bord schienen mir eine Ewigkeit zu sein – ging ich, von John­son geleitet, mit Alejandro und Gonzalez ans Land. Es war gerade Flut. Wir fuhren in einem jener schnell se­gelnden einheimischen Boote dort „amlai“ („Amlai“ heißt ganz im allgemeinen Boot, Canoe, ohne Rücksicht auf Größe oder Bestimmung. Ihre Konstruktion ist eigentümlich; weiter unten folgt eine genauere Schilderung eines solchen Amlai. Doppelcanoes, wie sie bei den Polynesiern üblich sind, kom­men hier nicht vor; selbst die größten Kriegsamlais, in denen 60 bis 80 Personen Platz haben, besitzen nur einen Ausleger an der einen Seite des aus einem Einbaum bestehenden Boo­tes) genannt, in welchem man freilich vor dem Umschla­gen nie so recht sicher ist, auf eine lange, quer die nicht sehr tiefe Bucht von Aibukit absperrende künstlich auf­geführte Mauer zu, durch welche nur eine schmale, mit­tels einiger Planken überbrückte Öffnung hindurchführt. Hinter der Mauer wurde das schon sehr seichte Bassin mehr und mehr durch Mangrovendickichte eingeengt, bis wir uns endlich in einem kaum 30 Fuß breiten Kanale befanden, in welchen von allen Seiten die Rhizophoren ihre Luftwurzeln einsenkten. Die Mehrzahl dieser Bäu­me war offenbar jung; aber mitunter ragten aus dem etwa 40 bis 50 Fuß hohen dem Meer entsteigenden Wal­de einzelne viel höhere und dickere Bäume hervor. Von einem dieser letzteren waren bei dem oben erwähnten Angriff der Engländer durch eine Granate mehrere Äste abgerissen, und auch noch an andern Stellen wurden mir weite Löcher gezeigt, welche offenbar nur vom Kanal selbst aus abgeschossene Kugeln eingerissen haben konnten. Natürlich bildete bei dieser Fahrt jener Angriff den wichtigsten und einzigen Gegenstand der Unterhal­tung, und als wir am inneren Hafen des Dorfs landeten, trat mir in dem halb verbrannten Boothaus der Bewohner ein traurig stimmendes Zeichen des stattgefundenen


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