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Professors Zwillinge im Sternenhaus. Else UryЧитать онлайн книгу.

Professors Zwillinge im Sternenhaus - Else Ury


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Mop auseinandergegangen ist, das hat nichts zu bedeuten. Er ist leicht wieder einzuhaken. Aber daß ihr gleich am ersten Tage im Sternenhaus miteinander Streit anfangt, das betrübt mich sehr. Ich habe mich immer darüber gefreut, daß meine Zwillinge ein Herz und eine Seele waren. Habe manchmal gedacht, auf den Herbert und die Suse kann ich mich verlassen, die stehen einer für den andern im Leben. Und nun ist von euerm liebevollen Einvernehmen nichts mehr zu merken. Das beeinträchtigt mir die Freude an unserm schönen neuen Heim.«

      Der weichherzigen Suse liefen bereits die Tränen über die Wangen. Herbert aber meinte beruhigend zur Mutter: »Ach, Mutti, deshalb brauchst du dich nicht aufzuregen. Je mehr wir uns kabbeln, um so lieber haben wir uns. Suse muß ein bißchen energisch angepackt werden. Sie ist viel zu waschlappig.«

      »So überlaß uns das, mein Sohn. Wir werden die Suse auch ohne dich richtig erziehen.« Die Mutter begab sich wieder an ihre hauswirtschaftliche Tätigkeit.

      Herbert puffte Suse mit dem Ellenbogen möglichst sanft. »Du – heule doch nicht – ich hab' dir doch nichts getan.« Es war ihm unbehaglich, seinen Zwilling weinen zu sehen.

      »Nee – aber ich dir«, schluchzte Suse.

      »Du – mir?« Herbert machte ein dummes Gesicht.

      »Ja, ich hab' dich beinahe angepetzt«, gestand Suse.

      »Beinahe ist nicht ganz – also wollen wir uns wieder vertragen.« Er wirbelte die Suse, wie vorhin den Mop, im Kreise herum. Dann zogen sie, wieder ein Herz und eine Seele, hinunter, um zu sehen, ob der Vater nun endlich mit Zigarre und Zeitung fertig sei.

      Suse hatte zwar etwas Gewissensbisse, der Mutter die häusliche Arbeit allein zu überlassen. Aber Herbert meinte, daß Mutti das viel besser ohne sie mache. Und wenn das auch nicht gerade ein Kompliment war, immerhin beruhigte es etwas. Da erschien die Mutter plötzlich in Hut und Mantel zum Aussehen gerüstet in der Diele.

      »Du kommst mit, Mutti? Ach, ist das famos!«

      »Ich habe gestern schon alles vorbereitet zu heute. Ich muß doch sehen, wie meinen Kindern unsere neue Heimat gefällt.«

      Nun war auch der Vater soweit. Bubi lief aufgeregt blaffend unzählige Male vom Haus zur Gartentür und wieder zurück. Himmel, wo blieben sie denn? Die Menschen waren doch zu umständlich, ehe sie sich in Bewegung setzten. Er war immer gleich fix und fertig. Piccola blieb allein im Sternenhaus zurück und vertrieb sich die Zeit mit einer abgerissenen Mopfranse.

      »Wo gehen wir zuerst hin?« erkundigte sich die Mutter.

      »Ins Planetarium«, kam Herbert dem Vater mit der Antwort zuvor. »Das müssen wir unbedingt zuerst sehen.«

      »Ach ja, in den Prinzessinnengarten«, fiel auch Suse ein. Der Name hatte besonderen Eindruck auf sie gemacht.

      »Schön, Kinder, wir werden uns das Zeiß-Planetarium von außen ansehen. Es ist heute am Sonntag dort drin ziemlich voll. Da kommen die Leute alle aus der Umgegend. Ich möchte euch später in Ruhe die großartige Zeißsche Schöpfung erklären. Ihr wollt doch auch gewiß gern euern Vater dort den Vortrag halten hören. Heute spricht ein junger Privatdozent.«

      »Och, das ist ja Speck wie Wurscht. Dich können wir ja zu Hause alle Tage hören, Vater«, meinte Herbert, der darauf brannte, das Planetarium kennenzulernen.

      »Ich wollte euch heute die Stadt Jena zeigen. Da gibt's genug zu sehen. Die optischen Werkstätten von Zeiß und das Planetarium füllen jedes einen Nachmittag für sich aus.«

      »Was sind denn die optischen Werkstätten von Zeiß, Vater?«

      »Das größte Unternehmen seiner Art, ein Werk der Wissenschaft und der Technik zugleich, mein Junge, für das tüchtige Männer ihre ganze Lebensaufgabe eingesetzt haben und das jetzt vielen Tausenden zugute kommt. Optik ist die Lehre vom Sehen. Alles, was in dieses Bereich fällt, wird in den optischen Werkstätten hergestellt, Feldstecher, Operngläser, Brillen, Thermometer, medizinische Gläser, photographische Objektive, vor allem Mikroskope. Das sind Vergrößerungsapparate, die in der medizinischen Wissenschaft eine wichtige Rolle spielen.«

      »Das wissen wir doch schon«, sagte Herbert beinahe gekränkt. »Ich habe sogar schon in ein Mikroskop hineingesehen.«

      »So – wo denn, mein Junge?«

      »Der Großpapa in Freiburg hat doch ein Mikroskop. Beinahe hätte es Bubi umgeworfen. Da habe ich reingeguckt. Großpapa hat mir Bazillen gezeigt. Wie ein Komma sahen sie aus.«

      »Und mir hat der Großpapa ein Lindenblatt eingelegt«, fiel Suse ein. »Ganz groß waren da drin die Blattzellen. Aber die Augen tun einem weh, wenn man lange durch solch Mikroskop guckt.«

      »Mikroskop – hahaha – die Suse denkt, das Wort kommt von ihre Mies her.« Herbert lachte die Schwester wieder mal weidlich aus.

      Der Vater mußte sich ebenfalls zur Seite wenden, um das Lachen zu verbeißen. Er mochte das Töchterchen doch nicht kränken. Die gute Mutti nahm sich Suses wieder an.

      »Mikroskop ist auch ein schweres Wort. Das nächste Mal wird es Suschen richtig sagen. Herbert, hör' auf, die Suse auszulachen. Du weißt auch vieles noch nicht.«

      »Hier ist der Carl-Zeiß-Platz mit dem Abbedenkmal, Kinder. Das sind die Begründer des großen Werkes. Carl Zeiß war der Sohn eines Spielwarenhändlers aus Weimar. Er interessierte sich schon als Junge für Basteleien und wurde Mechaniker. Etwa um die Mitte des vorigen Jahrhunderts kam er nach Jena und gründete hier eine kleine feinmechanische Werkstatt. Bald wurde er Mechaniker an der Universität. Hier wurde Dr. Ernst Abbe, vor dessen Denkmal wir hier stehen, sein wissenschaftlicher Mitarbeiter. Abbe hatte sich vom Sohn eines einfachen Spinnmeisters zum Professor der Physik und Mathematik emporgearbeitet. Nach dem Tode seines Freundes Carl Zeiß hat er die optischen Werke allein weitergeführt und ihren Betrieb auf jedem Gebiet vergrößert und weltberühmt gemacht. Dabei hat er nie vergessen, daß er aus einfachen Arbeiterkreisen hervorgegangen ist. Für die Arbeiter seiner Betriebe hat er wie ein Vater gesorgt. Auf seinen Gewinnanteil von dem gewaltigen Unternehmen hat er selbstlos verzichtet und die großen Summen für gemeinnützige Zwecke gestiftet. Er ist der Wohltäter der Stadt Jena geworden. Das Volkshaus dort drüben hat er für die Bevölkerung aller Klassen gebaut mit einer Volkshochschule, um die allgemeine Bildung zu heben. Jugend- und Sportvereine hat er gegründet zur Förderung der Volksgesundheit. Ein Jugendheim, ein Kinderkrankenhaus, alles dies verdankt ihm die Stadt. Ihr gehört jetzt zur Jugend von Jena, Kinder, und sollt mit Bewunderung und Ehrfurcht zu diesem hervorragenden Manne aufblicken.« So sprach der Professor voller Begeisterung.

      Die Kinder hatten mit großen Augen zugehört. Selbst Herbert, der gern unterbrach und fragte, lauschte gespannt. Oh, wie schön mußte das sein, mal solch ein berühmter Mann zu werde«.

      Suse aber meinte: »Vater, dürfen wir den Herrn Abbe nicht mal besuchen? Ich hab' ihn schon gern, weil er so gut zu seinen Arbeitern und gegen die Armen ist.«

      »War – Suschen. Professor Abbe lebt nicht mehr. Er ist schon 1905 gestorben. Nur in seinen Werken und als Marmorbüste könnt ihr den edlen Mann kennenlernen.« Der Professor betrat mit seiner Familie die Stufen, die zu einem tempelartigen Bau hinaufführten. Stumm standen sie vor dem bedeutenden und doch so gütig blickenden Marmorbildnis.

      Bis Herbert das andächtige Schauen unterbrach: »Vater, wenn du erst tot bist, kriegst du vielleicht auch mal so ein feines Denkmal hier in Jena.«

      »Aber Herbert!« rief die Mutter halb entsetzt, halb belustigt, während Suschen zärtlich nach des Vaters Hand griff: »Unser Vater soll überhaupt nicht tot werden.« Ganz, ganz fest hielt die Suse ihren Vater.

      Der lächelte. »Das ist ein guter Wunsch, Herbert. Nicht das Marmordenkmal hier, aber das Denkmal, das man sich im Herzen seiner Mitmenschen setzt. Ein jeder, ob berühmt oder unbekannt in der Stille lebend, in seinem Kreise kann er so segensreich wirken, daß man ihm eine bleibende Erinnerung bewahrt.«

      »Ich will aber doch lieber berühmt werden«, überlegte Herbert.

      »Dazu gehört zuerst, daß du deine Pflichten als Gymnasiast


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