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Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben. Else UryЧитать онлайн книгу.

Professors Zwillinge: Von der Schulbank ins Leben - Else Ury


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als wohlerzogener Hund zu Füßen zu legen, hatte er es plötzlich aus Versehen hinuntergeschluckt. Jetzt stand er, sich das Maul noch nachträglich leckend, mit gesenktem Schwanz vor seinem Herrn; denn er war sich bewußt, unrecht getan zu haben.

      »Schämst du dich denn gar nicht, du Kerl, so verfressen zu sein?« machte Herbert seinen Bubi herunter. Der Missetäter senkte das Schwänzchen noch tiefer. Auch die Ohren hingen beschämt zur Erde.

      »Bubi hat das erste Osterei gefunden – das muß Herbert aber abgezogen werden«, verlangte Suse in das allgemeine Gelächter hinein.

      »Er hätte ja das Ei doch nicht mehr essen können, mein Herzchen«, beruhigte sie die Omama.

      »Warum denn nicht, Omama? Ich hätte es einfach abgewaschen«, behauptete Herbert.

      »Dann wäre Schokoladensuppe daraus geworden«, lachte Suse. Ihr Zwilling erklärte sich nach dem mißglückten Experiment damit einverstanden, Bubi vom Ostereiersuchen auszuschließen. Der Hund wurde ins Arbeitszimmer des Vaters verbannt; denn dieses sowohl wie das Zimmer der Großmama waren geheiligter Boden, der vom Durchstöbern ausgeschlossen war.

      Eine wilde Jagd ergoß sich jetzt durch Haus und Garten. Wie die Gören lachten, jubelten und kreischten die großen Untersekundaner, wenn sie wieder einen Fang gemacht hatten. Auch Paul wurde ganz ausgelassen bei dem frohen Treiben. Der Ernst auf seiner Stirn schwand, sein bleiches Gesicht färbte sich, er wurde übermütig und fröhlich wie die andern. Das Sammelkörbchen füllte sich.

      Einen Schmerz, eine Enttäuschung aber hatte Suse beim Ostereiersuchen zu verzeichnen. Als sie in der Küche das Unterste zuoberst zu kehren begannen, schaute ihnen die neue Emma belustigt zu. Dann aber zwinkerte sie dem Backfischchen mit den Augen zu: Tiefer, Suschen, mang die Töpfe mußte suchen.

      »Das gilt nicht, Emma, verraten dürfen Sie nichts, wenn die Suse auch Ihre Duzfreundin ist«, beschwerte sich Herbert.

      »Aber Herr Herbert, Sie müssen sich verhört haben. Ich verrate kein Sterbenswörtchen«, lachte die Emma.

      Suse aber hatte sich nicht verhört. Die lachte nicht. Tränen der Empörung waren ihr in die Braunaugen geschossen. Was – zu Herbert sagte die Emma ›Sie‹ und sogar ›Herr Herbert‹? Na, das war ja noch schöner, wo sie doch Zwillinge waren.

      »Emma, bitte sagen Sie doch zu Herbert auch ›du‹, wenn Sie zu mir ›du‹ sagen«, rief sie aufgeregt. »Der ist auch nicht älter als ich!«

      »Du bist wohl total hops, Mensch?« Herbert traute seinen Ohren nicht. Seine schüchterne Suse war ja gar nicht wiederzuerkennen. »Erstens bin ich zwei Stunden älter als die Suse, Emma, und zweitens verbitte ich mir Ihr ›Du‹.« Jetzt brach die Rüpelhaftigkeit seiner Flegeljahre wieder bei dem Jungen hervor.

      »Aber Kinder, wenn ihr wollt, sage ich doch zu euch allen beiden ›Sie‹«, lachte die Emma. »Darauf soll es mir nicht ankommen, Suschen.«

      Das Wort »Kinder« empfanden die Zwillinge zwar als eine Ungehörigkeit, aber wenigstens war die Sache somit aufs beste geordnet. Suse war glücklicher über das neuerworbene »Sie« als über das große Osterei, das sie im Küchenschrank fand. Aber es war doch ganz gut, daß Paul nicht dabei gewesen war. Sicher hätte er sie für kindisch gehalten.

      Der Professor hatte Paul in sein Zimmer gerufen. Dort übergab er ihm den ihm zugedachten Anzug und gleichzeitig die Adresse seines Schneiders, der ihn passend herrichten sollte. Der feinfühlende Mann wollte Paul möglichenfalls ein peinliches Gefühl ersparen, in Gegenwart von andern das Kleidungsstück annehmen zu müssen. Aber Paul war so ehrlich überrascht und erfreut, er bewunderte den schönen Stoff und wies den herzueilenden Zwillingen so glückselig sein Osterei, daß Professor Winter wiederum seine Ansicht über Paul bestärkt sah: Ein Prachtjunge!

      Es gab noch mehr Überraschungen. Außer den süßen Eiern hatte der Osterhase noch für die Zwillinge wie für Paul eine Theaterkarte zum ›Wallenstein‹ im Stadttheater gebracht. Keiner wollte der Osterhase gewesen sein. Aber die Zwillinge waren schlau. Die wußten, daß der Osterhase einen weißen Silberscheitel, eine Brille auf der Nase und die gütigsten Augen besaß, die nur eine Großmutter haben konnte.

      Auch Paul hatte in der Tasche Überraschungen. Ein ulkiges, merkwürdiges Kaktustöpfchen für Suses Sammlung und für Herbert eine kleine Taschenlaterne.

      »Knorke, Mensch!« rief Herbert begeistert, während Suse ganz gerührt davon war. Sicher hatte Paul, um es kaufen zu können, abends trockenes Brot gegessen. Aber jetzt bekam er ja ihre schöne Wurst.

      Ja, wo war denn die hingekommen? Als die Zwillinge Paul in den Garten hinauszogen, daß er sich ihre Ostereier suche, spähte Herbert vergeblich nach seinem Foulardbinder neuesten Musters und Suse nach ihrer Zervelatwurst aus. Kahl standen die Stachelbeersträucher. Keine Krawatte wuchs daran, soviel man sie auch auseinanderbog und suchte. Die geschmackvolle Krawatte mußte in irgendeinem Vorübergehenden einen Liebhaber gefunden haben. Und Suses Wurst? Der war es nicht viel anders ergangen. Auf dem Rosenrondell lag einsam das rosa Seidenpapier. Auch die schöne Zervelatwurst hatte einen Liebhaber gefunden – fragt nur Bubi!

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