Kowalskis Mörder. Ole R. BörgdahlЧитать онлайн книгу.
»Wenn wir uns jetzt trennen, sollten wir in Kontakt bleiben.« Er überlegte. »Du reaktivierst einfach deinen WhatsApp-Account und ich nehme dich auf meine Freundesliste auf oder ich installiere mir dieses HIKE und du leitest die Nachrichten einfach an mich weiter. Bei WhatsApp geht das auch.«
Marek schüttelte den Kopf. »Bist du dir sicher, dass der Absender der ursprünglichen Nachricht nicht mitbekommt, wenn man das macht?«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Das müsste man ausprobieren, in dem ich dir eine HIKE-Nachricht schicke und du sie an ...«
»Nein, wir haben keine Zeit, irgendetwas auszuprobieren«, rief Marek.
»Dann installiere dir WhatsApp oder hast du es vielleicht noch auf deinem Telefon?«
Marek hatte sein Smartphone schon in der Hand. Er wählte die App über Google-Play aus und versuchte sie zu laden. Google-Play gab eine Fehlermeldung und Marek startete die Installation noch einmal. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen aufs Display.
»Verdammt ich kann WhatsApp nicht laden, ohne HIKE zu verlieren.«
»Was?«, fragte Thomas und stellte sich neben Marek.
»Nicht was, die beiden Apps beißen sich.«
»Probiere es noch mal«, rief Thomas. »Vielleicht kann man das ja umgehen.«
Marek tat es, dann zuckte er mit den Schultern. »Geht einfach nicht. Was ist, wenn du dir HIKE zulegst?«
»Schon in Arbeit«, sagte Thomas. »Das geht ja fix. Jetzt gib mir noch deine Nummer. Der kann hier zwar mein gesamtes Telefonbuch übernehmen, aber das wollen wir ja nicht.«
Marek hielt sein Telefon hin und Thomas tippte die Nummer in das Kontaktfeld der HIKE-App.
»So, jetzt probieren wir das mal. Ich habe dir gerade eine Nachricht geschickt.«
Marek sah selbst wieder auf das Display seines Smartphones. »Verdammt, was passiert da denn jetzt? Der hat das gleich weitergeschickt, und zwar an Kowalskis Mörder.«
»Was, das kann doch nicht sein?« Thomas nahm Marek das Telefon aus der Hand. »Das muss eine Einstellung sein, die man bestimmt rausnehmen kann.«
Thomas tippte entschlossen auf dem Smartphone, bis Marek es ihm wieder abnahm.
»Das ist mir zu gefährlich. Wir lassen das mit der App. Was hast du mir geschrieben? Wissen die jetzt von dir?«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Immer wieder sonntags. Das ist alles, was ich dir gesendet habe. Die haben aber jetzt meine Nummer. Telefonieren können wir dann auch wohl vergessen.«
Marek überlegte. »Ich weiß gar nichts mehr, scheiß Technik, scheiß Kontrolle. Ich schalte jedenfalls mein GPS aus, wahrscheinlich haben die mit diesem Messenger jetzt volle Kontrolle über mein Handy.«
»Wie wollen wir dann in Kontakt bleiben, über Babyfon?«
»Spinn nicht rum. Wir müssten uns auf die Schnelle zwei Pre-Paid-Handys besorgen, aber die Läden sind heute ja dicht.«
»Wie ist es mit einer Tanke, da bekommt man doch alles«, schlug Thomas vor.
»Quatsch. Du suchst nach Kerstin. Wenn du sie gefunden hast, bringt ihr euch in Sicherheit. Ich bleibe so lange an diesem Prossmann dran, bis meine Schicht zu Ende ist.«
»Aber trotzdem«, sagte Thomas schnell, »wenn ich Kerstin habe, schreibe ich dir einfach, dann ist die Sache doch ohnehin erledigt, dann haben die kein Druckmittel mehr ...«
»Und wenn sie kein Druckmittel mehr haben«, unterbrach Marek Thomas, »dann gehen sie mit allem was sie haben auf Prossmann und mich los. Nein, nein, das lässt du bleiben. Du nimmst keinen Kontakt zu mir auf. Du hast Prossmanns Terminplan und weißt dadurch immer, wo ich gerade bin.«
»Was ist mit E-Mail?« Thomas ließ nicht locker.
»Wenn die mein Handy kontrollieren, dann wissen die auch, wann ich E-Mails bekomme, von wem die sind und was drinsteht.«
»Dann leihst du dir einfach immer von Kai Bokel das Handy, logst dich in deinen Account ein und wir bleiben in Kontakt.« Thomas überlegte. »Ich gebe dir zu jeder vollen Stunde Bericht.«
»Was soll ich Kai Bokel denn sagen, wenn ich mir jedesmal sein Telefon ausleihen will?«, fragte Marek und schüttelte den Kopf.
»Du behauptest einfach, dass du über deinen Anbieter ab und zu kein Netz hast. Das kann doch passieren. Und dein Diensthandy hast du eben nicht dabei, vergessen.«
»Ich weiß nicht.« Marek überlegte. »Ich garantiere dir aber nicht, dass ich zu jeder vollen Stunde nachsehe. Es muss sich ergeben und es darf nicht auffallen. Und außerdem, weiß du, ob Kai Bokel nicht auch in der Sache drinsteckt.«
»Das glaube ich nicht. Warum sollte er?«, fragte Thomas.
»Weil das alles hier so verrückt ist«, rief Marek. Er überlegte erneut, dann nahm er Zettel und Stift vom Schreibtisch und notierte etwas. Er gab Thomas den Zettel. »Du kannst mir gerne etwas schreiben, aber nimm diese E-Mail-Adresse. Das ist mein alter Hochschul-Account, den können die unmöglich kennen.«
Thomas besah sich die E-Mail-Adresse. »Und der ist noch aktiv, du bist doch schon fast zwei Jahre exmatrikuliert oder wie heißt das?«
»Letzte Woche habe ich noch Mails darüber bekommen, der ist aktiv, das kannst du mir glauben.«
Thomas zuckte mit den Schultern. »Okay, du bist der Boss. Ich kann dich über E-Mail erreichen, du kannst mich über E-Mail wissen lassen, was vor sich geht. Kannst du mir noch die HIKE-Nachrichten per E-Mail senden, die du bislang bekommen hast?«
»Wie denn, ich habe sie ja nur auf meinem Handy und ich fasse die nicht mehr an, weiterleiten oder so, mache ich nicht.«
»Dann leite mir doch einfach dein Festnetz auf mein Handy weiter, falls die Fahndung sich meldet oder sogar Kerstin selbst.«
Marek nickte. »Gut, das kann ich machen.«
Wasserratte
Marek hatte noch zwanzig Minuten gewartet, nachdem Thomas in Richtung Köpenick aufgebrochen war. Er hatte versucht sich zu entspannen, was ihm aber nicht gelungen war. Er war zu sehr darauf konzentriert, was als nächstes passieren würde. Er hatte seine Telefone im Blick, aber niemand meldete sich. Es kam keine weitere HIKE-Nachricht und auch die Kollegen des Fahndungsdezernates ließen nichts von sich hören. Marek schnallte sich schließlich das Holster mit seiner Dienstpistole um und verließ das Haus.
Um Viertel vor acht bog er auf den Parkplatz ein, der zur Schwimmhalle in der Finckensteinallee gehörte. Das kastenförmige Backsteingebäude besaß am Eingangsbereich einen Säulengang, unter dem Marek an einem Ende zwei Reliefskulpturen erkennen konnte, die eine riesige Holztür flankierten. Der Baustil ließ sich eindeutig der Zeit zwischen 1933 und 1945 zuordnen, was aber in Berlin kein ungewöhnlicher Anblick war. Marek beugte sich über das Lenkrad und sah nach oben durch die Windschutzscheibe. Über dem Säulengang befanden sich eine Reihe großer Sprossenfenster. Das Gebäude schloss mit einem Flachdach ab.
Er konnte sich nicht erinnern, jemals an diesem Ort gewesen zu sein. Er war aber auch kein begeisterter Schwimmer und wenn, dann bevorzugte er im Sommer die Freibäder oder Badeseen, die es in und um Berlin reichlich gab. Er parkte seinen Wagen nahe einer Hecke direkt neben der Einfahrt, gut fünfzig Meter von dem Gebäude entfernt. Er ließ die Seitenscheibe herunter und atmete die feuchte Morgenluft ein. Dann sah er sich auf dem Parkplatz vor der Schwimmhalle um. Direkt vor der flachen Eingangstreppe hinauf zum Säulengang standen ein silberner Opel Astra und ein blauer VW Passat. Marek notierte sich die Kennzeichen, danach drehte er sich im Fahrersitz nach hinten um. Etwas abseits, am anderen Ende des Parkplatzes, war auch noch ein weißes E-Klasse Coupé abgestellt. Marek fügte ein weiteres Kennzeichen seiner Liste hinzu. Danach nahm er sein Smartphone und fotografierte auch noch jedes einzelne der Fahrzeuge.
Er öffnete die HIKE-App und hängte alle