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Hauptwerke: Menschliches – Allzumenschliches, Also sprach Zarathustra, Jenseits von Gut und Böse. Friedrich NietzscheЧитать онлайн книгу.

Hauptwerke: Menschliches – Allzumenschliches, Also sprach Zarathustra, Jenseits von Gut und Böse - Friedrich Nietzsche


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der Gebildete in Europa, der La Rochefoucauld und seine Geistes- und Kunstverwandten gelesen hat, ist selten zu finden; und noch viel seltener Der, welcher sie kennt und sie nicht schmäht. Wahrscheinlich wird aber auch dieser ungewöhnliche Leser viel weniger Freude an ihnen haben, als die Form jener Künstler ihm geben sollte; denn selbst der feinste Kopf ist nicht vermögend, die Kunst der Sentenzen-Schleiferei gebührend zu würdigen, wenn er nicht selber zu ihr erzogen ist, in ihr gewetteifert hat. Man nimmt, ohne solche practische Belehrung, dieses Schaffen und Formen für leichter als es ist, man fühlt das Gelungene und Reizvolle nicht scharf genug heraus. Desshalb haben die jetzigen Leser von Sentenzen ein verhältnissmässig unbedeutendes Vergnügen an ihnen, ja kaum einen Mund voll Annehmlichkeit, so dass es ihnen ebenso geht, wie den gewöhnlichen Betrachtern von Kameen: als welche loben, weil sie nicht lieben können und schnell bereit sind zu bewundern, schneller aber noch, fortzulaufen.

      36. Einwand. – Oder sollte es gegen jenen Satz, dass die psychologische Beobachtung zu den Reiz-, Heil- und Erleichterungsmitteln des Daseins gehöre, eine Gegenrechnung geben? Sollte man sich genug von den unangenehmen Folgen dieser Kunst überzeugt haben, um jetzt mit Absichtlichkeit den Blick der sich Bildenden von ihr abzulenken? In der That, ein gewisser blinder Glaube an die Güte der menschlichen Natur, ein eingepflanzter Widerwille vor der Zerlegung menschlicher Handlungen, eine Art Schamhaftigkeit in Hinsicht auf die Nacktheit der Seele mögen wirklich für das gesammte Glück eines Menschen wünschenswerthere Dinge sein, als jene, in einzelnen Fällen hilfreiche Eigenschaft der psychologischen Scharfsichtigkeit; und vielleicht hat der Glaube an das Gute, an tugendhafte Menschen und Handlungen, an eine Fülle des unpersönlichen Wohlwollens in der Welt die Menschen besser gemacht, insofern er dieselben weniger misstrauisch machte. Wenn man die Helden Plutarch's mit Begeisterung nachahmt, und einen Abscheu davor empfindet, den Motiven ihres Handelns anzweifelnd nachzuspüren, so hat zwar nicht die Wahrheit, aber die Wohlfahrt der menschlichen Gesellschaft ihren Nutzen dabei: der psychologische Irrthum und überhaupt die Dumpfheit auf diesem Gebiete hilft der Menschlichkeit vorwärts, während die Erkenntniss der Wahrheit vielleicht durch die anregende Kraft einer Hypothese mehr gewinnt, wie sie La Rochefoucauld der ersten Ausgabe seiner "Sentences et maximes morales" vorangestellt hat: "Ce que le monde nomme vertu n'est d'ordinaire qu'un fantôame formé par nos passions, à qui on donne un nom honnête pour faire impunément ce qu'on veut." La Rochefoucauld und jene anderen französischen Meister der Seelenprüfung (denen sich neuerdings auch ein Deutscher, der Verfasser der "Psychologischen Beobachtungen" zugesellt hat) gleichen scharf zielenden Schützen, welche immer und immer wieder in's Schwarze treffen, – aber in's Schwarze der menschlichen Natur. Ihr Geschick erregt Staunen, aber endlich verwünscht ein Zuschauer, der nicht vom Geiste der Wissenschaft, sondern der Menschenfreundlichkeit geleitet wird, eine Kunst, welche den Sinn der Verkleinerung und Verdächtigung in die Seelen der Menschen zu pflanzen scheint.

      37. Trotzdem. – Wie es sich nun mit Rechnung und Gegenrechnung verhalte: in dem gegenwärtigen Zustande einer bestimmten einzelnen Wissenschaft ist die Auferweckung der moralischen Beobachtung nöthig geworden, und der grausame Anblick des psychologischen Secirtisches und seiner Messer und Zangen kann der Menschheit nicht erspart bleiben. Denn hier gebietet jene Wissenschaft, welche nach Ursprung und Geschichte der sogenannten moralischen Empfindungen fragt und welche im Fortschreiten die verwickelten sociologischen Probleme aufzustellen und zu lösen hat: – die ältere Philosophie kennt die letzteren gar nicht und ist der Untersuchung von Ursprung und Geschichte der moralischen Empfindungen unter dürftigen Ausflüchten immer aus dem Wege gegangen. Mit welchen Folgen: das lässt sich jetzt sehr deutlich überschauen, nachdem an vielen Beispielen nachgewiesen ist, wie die Irrthümer der grössten Philosophen gewöhnlich ihren Ausgangspunct in einer falschen Erklärung bestimmter menschlicher Handlungen und Empfindungen haben, wie auf Grund einer irrthümlichen Analysis, zum Beispiel der sogenannten unegoistischen Handlungen, eine falsche Ethik sich aufbaut, dieser zu Gefallen dann wiederum Religion und mythologisches Unwesen zu Hülfe genommen werden, und endlich die Schatten dieser trüben Geister auch in die Physik und die gesammte Weltbetrachtung hineinfallen. Steht es aber fest, dass die Oberflächlichkeit der psychologischen Beobachtung dem menschlichen Urtheilen und Schliessen die gefährlichsten Fallstricke gelegt hat und fortwährend von Neuem legt, so bedarf es jetzt jener Ausdauer der Arbeit, welche nicht müde wird, Steine auf Steine, Steinchen auf Steinchen zu häufen, so bedarf es der enthaltsamen Tapferkeit, um sich einer solchen bescheidenen Arbeit nicht zu schämen und jeder Missachtung derselben Trotz zu bieten. Es ist wahr: zahllose einzelne Bemerkungen über Menschliches und Allzumenschliches sind in Kreisen der Gesellschaft zuerst entdeckt und ausgesprochen worden, welche gewohnt waren, nicht der wissenschaftlichen Erkenntniss, sondern einer geistreichen Gefallsucht jede Art von Opfern darzubringen; und fast unlösbar hat sich der Duft jener alten Heimath der moralistischen Sentenz – ein sehr verführerischer Duft – der ganzen Gattung angehängt: so dass seinetwegen der wissenschaftliche Mensch unwillkürlich einiges Misstrauen gegen diese Gattung und ihre Ernsthaftigkeit merken lässt. Aber es genügt, auf die Folgen zu verweisen: denn schon jetzt beginnt sich zu zeigen, welche Ergebnisse ernsthaftester Art auf dem Boden der psychologischen Beobachtung aufwachsen. Welches ist doch der Hauptsatz zu dem einer der kühnsten und kältesten Denker, der Verfasser des Buches "Ueber den Ursprung der moralischen Empfindungen" vermöge seiner ein- und durchschneidenden Analysen des menschlichen Handelns gelangt? "Der moralische Mensch, sagt er, steht der intelligiblen (metaphysischen) Welt nicht näher, als der physische Mensch." Dieser Satz, hart und schneidig geworden unter dem Hammerschlag der historischen Erkenntniss, kann vielleicht einmal, in irgendwelcher Zukunft, als die Axt dienen, welche dem "metaphysischen Bedürfniss" der Menschen an die Wurzel gelegt wird, – ob mehr zum Segen, als zum Fluche der allgemeinen Wohlfahrt, wer wüsste das zu sagen? – aber jedenfalls als ein Satz der erheblichsten Folgen, fruchtbar und furchtbar zugleich, und mit jenem Doppelgesichte in die Welt sehend, welches alle grossen Erkenntnisse haben.

      38. Inwiefern nützlich. – Also: ob die psychologische Beobachtung mehr Nutzen oder Nachtheil über die Menschen bringe, das bleibe immerhin unentschieden; aber fest steht, dass sie nothwendig ist, weil die Wissenschaft ihrer nicht entrathen kann. Die Wissenschaft aber kennt keine Rücksichten auf letzte Zwecke, ebenso wenig als die Natur sie kennt: sondern wie diese gelegentlich Dinge von der höchsten Zweckmässigkeit zu Stande bringt, ohne sie gewollt zu haben, so wird auch die ächte Wissenschaft, als die Nachahmung der Natur in Begriffen, den Nutzen und die Wohlfahrt der Menschen gelegentlich, ja vielfach, fördern und das Zweckmässige erreichen, – aber ebenfalls ohne es gewollt zu haben. Wem es aber bei dem Anhauche einer solchen Betrachtungsart gar zu winterlich zu Muthe wird, der hat vielleicht nur zu wenig Feuer in sich: er möge sich indessen umsehen und er wird Krankheiten wahrnehmen, in denen Eisumschläge noth thun, und Menschen, welche so aus Gluth und Geist "zusammengeknetet" sind, dass sie kaum irgendwo die Luft kalt und schneidend genug für sich finden. Ueberdiess: wie allzu ernste Einzelne und Völker ein Bedürfniss nach Leichtfertigkeiten haben, wie andere allzu Erregbare und Bewegliche zeitweilig schwere niederdrückende Lasten zu ihrer Gesundheit nöthig haben: sollten wir, die geistigeren Menschen eines Zeitalters, welches ersichtlich immer mehr in Brand geräth, nicht nach allen löschenden und kühlenden Mitteln, die es giebt, greifen müssen, damit wir wenigstens so stetig, harmlos und mässig bleiben, als wir es noch sind, und so vielleicht einmal dazu brauchbar werden, diesem Zeitalter als Spiegel und Selbstbesinnung über sich zu dienen?

      39. Die Fabel von der intelligibelen Freiheit. – Die Geschichte der Empfindungen, vermöge deren wir jemanden verantwortlich machen, also der sogenannten moralischen Empfindungen verläuft, in folgenden Hauptphasen. Zuerst nennt man einzelne Handlungen gut oder böse ohne alle Rücksicht auf deren Motive, sondern allein der nützlichen oder schädlichen Folgen wegen. Bald aber vergisst man die Herkunft dieser Bezeichnungen und wähnt, dass den Handlungen an sich, ohne Rücksicht auf deren Folgen, die Eigenschaft "gut" oder "böse" innewohne: mit demselben Irrthume, nach welchem die Sprache den Stein selber als hart, den Baum selber als grün bezeichnet – also dadurch, dass man, was Wirkung ist, als Ursache fasst. Sodann legt man das Gut- oder Böse-sein in die Motive hinein und betrachtet die Thaten an sich als moralisch zweideutig. Man geht weiter und giebt das Prädicat gut oder böse nicht mehr dem einzelnen Motive, sondern dem ganzen Wesen eines Menschen, aus dem das Motiv, wie die Pflanze aus dem Erdreich, herauswächst. So macht man der Reihe nach den Menschen für seine Wirkungen, dann für seine Handlungen, dann für seine Motive und


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