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Anna Karenina. Leo TolstoiЧитать онлайн книгу.

Anna Karenina - Leo Tolstoi


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blieb neben seinem Wagen stehen und wartete, bis Anna ausstiege. ›Ich will sie noch einmal sehen‹, sagte er zu sich mit einem unwillkürlichen Lächeln, ›ich will ihren Gang sehen, ihr Gesicht sehen, will die Bewegung ihres Mundes sehen, wenn sie etwa mit jemand spricht; und vielleicht wendet sie dann den Kopf und sieht mich und lächelt vielleicht.‹ Aber noch ehe er sie selbst sah, erblickte er ihren Mann, den der Bahnhofsvorsteher achtungsvoll durch den Menschenschwarm hindurch begleitete. ›Ach ja, ihr Mann!‹ Jetzt zum ersten Male gewann Wronski ein klares Verständnis dafür, daß dieser Gatte eine mit ihr in enger Beziehung stehende Persönlichkeit sei. Er hatte gewußt, daß sie einen Mann hatte, aber er hatte eigentlich nicht an dessen Dasein geglaubt und gelangte erst jetzt zur vollen Überzeugung, als er ihn sah, mit seinem Kopfe und mit seinen Schultern und seinen in schwarzen Hosen steckenden Beinen, und namentlich, als er sah, wie dieser Mann mit dem Benehmen des berechtigten Eigentümers ihre Hand ergriff.

      Als er diesen Alexei Alexandrowitsch sah, mit seinem petersburgisch frischen Gesichte, in seiner außerordentlich selbstbewußten Haltung, mit dem runden Hute, mit dem ein wenig gewölbten Rücken, da mußte er wohl an sein Dasein glauben und hatte eine unangenehme Empfindung, etwa wie wenn ein Mensch, vom Durste gequält, zu einer Quelle gelangt und an dieser Quelle einen Hund, ein Schaf oder ein Schwein findet, die von dem Wasser getrunken und es aufgerührt haben. Die Art, in der Alexei Alexandrowitsch ging, indem er bei jedem Schritte mit dem Becken und den plumpen Beinen eine drehende Bewegung machte, hatte für Wronski etwas ganz besonders Abstoßendes. Er erkannte nur für sich selbst ein unbestreitbares Recht an, sie zu lieben. Sie aber war unverändert, und ihr Anblick wirkte auf ihn ganz wie sonst: er belebte ihn physisch, regte ihn an und erfüllte seine Seele mit einem Gefühle der Glückseligkeit. Er befahl seinem deutschen Diener, der aus der zweiten Klasse ausgestiegen und zu ihm geeilt war, sich das Gepäck geben zu lassen und damit nach Hause zu fahren; er selbst ging zu Anna hin. Er beobachtete die erste Begegnung von Mann und Frau und bemerkte mit dem Scharfblicke des Liebenden an manchen Anzeichen, daß sie im Gespräch mit ihrem Manne nicht frei von einer leisen Befangenheit war. ›Nein, sie liebt ihn nicht und kann ihn nicht lieben‹, sagte er sich mit großer Bestimmtheit.

      Schon während er von hinten her auf Anna Arkadjewna zuging, bemerkte er mit lebhafter Freude, daß sie seine Annäherung fühlte und schon den Kopf drehte, um sich umzuschauen, dann aber, als sie ihn erkannte, sich wieder ihrem Manne zuwendete.

      »Haben Sie eine gute Nacht gehabt?« fragte er, indem er sich vor ihr und zugleich auch vor ihrem Mann verbeugte und es auf diese Art diesem anheimstellte, die Verbeugung auch auf sich zu beziehen und ihn zu erkennen oder nicht zu erkennen, wie es ihm belieben möchte.

      »Ja, ich danke, ich habe sehr gut geschlafen«, antwortete sie. Ihr Gesicht erschien müde, und von dem Mienenspiel, durch das sich sonst bei ihr die innere Lebhaftigkeit bald in einem Lächeln der Lippen, bald im Glanze der Augen verriet, war jetzt nichts vorhanden; aber für einen einzigen Augenblick blitzte bei einem Anblick in ihren Augen etwas auf, und obwohl dieses Leuchten sofort wieder erlosch, machte ihn doch dieser eine Augenblick glücklich. Sie sah ihren Mann an, um sich zu vergewissern, ob er Wronski erkenne. Alexei Alexandrowitsch blickte diesen mißmutig an und suchte halb zerstreut in seinem Gedächtnisse, wer das wohl sein möchte. Wronskis Ruhe und Selbstbewußtsein stießen hier wie die Sense auf den Stein mit dem kalten Wesen und dem Selbstbewußtsein Alexei Alexandrowitschs zusammen.

      »Graf Wronski«, sagte Anna.

      »Ah! Ich glaube, wir kennen einander«, bemerkte Alexei Alexandrowitsch in gleichgültigem Tone und reichte ihm die Hand. »Hin bist du also mit der Mutter gefahren und zurück mit dem Sohne«, fuhr er, zu Anna gewendet, fort, wobei er sich einer so bedächtigen, sorgsamen Aussprache bediente, als ob jedes Wort ein Rubel wäre, den er wegschenkte. »Sie kommen gewiß von Ihrem Urlaub zurück?« fragte er Wronski und kehrte sich, ohne dessen Antwort abzuwarten, wieder in seinem scherzenden Tone zu seiner Frau hin: »Nun, sind in Moskau beim Abschied viele Tränen geflossen?«

      Durch diese Frage an seine Frau wollte er Wronski zu verstehen geben, daß er allein zu bleiben wünsche, und berührte, zu ihm gewandt, seinen Hut. Aber Wronski wendete sich zu Anna Arkadjewna:

      »Ich hoffe, daß ich die Ehre haben darf, Ihnen meine Aufwartung zu machen«, sagte er.

      Alexei Alexandrowitsch blickte mit seinen müden Augen Wronski an.

      »Sehr angenehm«, versetzte er kühl. »Wir empfangen montags.« Nachdem er so das Gespräch mit Wronski endgültig zum Abschluß gebracht hatte, sagte er zu seiner Frau in jenem selben scherzhaften Tone: »Wie gut, daß ich gerade eine halbe Stunde freie Zeit hatte, um dich abzuholen, und dir dadurch meine Zärtlichkeit beweisen konnte.«

      »Du hebst deine Zärtlichkeit denn doch gar zu stark hervor, als daß ich sie so sehr hoch veranschlagen könnte«, versetzte sie in demselben scherzhaften Tone und horchte dabei unwillkürlich auf den Schall der Schritte Wronskis, der hinter ihnen ging. ›Aber was kümmert das mich?‹ dachte sie und fragte ihren Mann, wie es dem kleinen Sergei in ihrer Abwesenheit ergangen sei.

      »Oh, vorzüglich! Mariette sagt, er sei sehr artig gewesen und habe sich – ich muß dich da leider betrüben – gar nicht nach dir gegrämt, ganz anders als dein Gatte. Aber noch einmal merci, liebe Frau, daß du mir unerwartet diesen Tag geschenkt hast. Unser lieber Samowar wird ganz entzückt sein.« (Samowar nannte er die überall bekannte Gräfin Lydia Iwanowna, und zwar weil sie immer und über alles mögliche sich erhitzte und aufbrauste.) »Sie hat sich fortwährend nach dir erkundigt. Und weißt du, wenn ich mir erlauben darf, dir einen Rat zu geben, du solltest gleich heute zu ihr hinfahren. Sie nimmt sich ja alles so furchtbar zu Herzen. Zu allem, was sie so schon zu tun hat, interessiert sie sich jetzt auch noch für die Aussöhnung der Oblonskis.«

      Die Gräfin Lydia Iwanowna war mit Annas Manne befreundet und bildete den Mittelpunkt des Petersburger Gesellschaftskreises, in dem Anna ihres Mannes wegen am meisten verkehrte.

      »Ich habe ihr ja darüber geschrieben.«

      »Gewiß, aber sie möchte alles ganz genau wissen. Besuche sie doch, wenn du nicht zu müde bist, liebe Frau. Nun also, dich wird Kondrati nach Hause fahren, und ich meinerseits fahre in die Komiteesitzung. Nun brauche ich doch nicht mehr allein zu Mittag zu speisen«, fuhr Alexei Alexandrowitsch fort, und zwar jetzt nicht mehr in dem scherzenden Tone. »Du glaubst gar nicht, wie ich mich an dich gewöhnt habe ...«

      Er drückte ihr lange die Hand und war ihr mit einem besonderen Lächeln beim Einsteigen in den Wagen behilflich.

      32

      Der erste, der Anna zu Hause entgegenkam, war ihr kleiner Sohn. Er sprang schon auf der Treppe auf sie zu, trotz allen Zurufen seiner Gouvernante, und schrie ganz wild vor Entzücken: »Mama, Mama!« Und sofort hängte er sich ihr an den Hals.

      »Ich hab Ihnen doch gleich gesagt, es ist Mama!« rief er der Gouvernante zu. »Das hab ich gewußt!«

      Aber auch der Sohn rief, gerade wie der Mann, bei Anna ein Gefühl hervor, das einige Ähnlichkeit mit dem der Enttäuschung hatte. Sie hatte ihn sich in der Erinnerung schöner ausgemalt, als er in Wirklichkeit war. Sie mußte erst wieder zur Wirklichkeit herabsteigen, um sich an ihm, so wie er war, zu freuen. Aber auch so, wie er wirklich war, machte er einen reizenden Eindruck mit seinen blonden Locken, den blauen Augen und den kräftigen, wohlgestalteten Beinchen in den straff sitzenden Strümpfen. Die Empfindung seiner Nähe und seine Liebkosungen riefen bei Anna beinahe ein physisches Lustgefühl hervor, und zugleich empfand sie eine Art von seelischer Beruhigung, als sie seinem treuherzigen, vertrauensvollen, liebevollen Blicke begegnete und seine unschuldigen Fragen hörte. Sie holte die Geschenke hervor, die Dollys Kinder ihr für ihn mitgegeben hatten, und er zählte ihm, was für ein liebes Mädchen die Moskauer Tanja sei, und daß diese Tanja schon lesen könne und sogar die anderen Kinder darin unterrichte.

      »Da bin ich also wohl schlechter als sie?« fragte der kleine Sergei.

      »Für mich bist du der Beste auf der ganzen Welt.«

      »Das weiß ich«, antwortete Sergei lächelnd.

      Anna war noch nicht damit fertig, ihren


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