Der sündige Kurs der "TINA-THERESA". Hein BrunsЧитать онлайн книгу.
so ganz ungezwungen, so ganz für sich, so ganz an Land. Immer an Bord, und dort arbeitete ihre Mutter auch noch, schrubbte die Gänge und Kammern, wusch Kojen‑ und Fenstergardinen, putzte die Bullaugen oder kochte, so der Koch wieder mal besoffen war. Wo ist da der Segen der Arbeit, wo ist da Verdienst?
Nee, die Alten konnten nicht über ihren eigenen Schatten springen, wollten sie wohl auch nicht. Das alles könnte mir nicht passieren, ich heirate keinen Eigner, keinen Kapitän und keinen Steuermann. Sie kam mit ihren Gedanken schon dahin, wo die Töchter der Bauern schon längst sind, nur keinen Bauern heiraten.
Tina fährt gut! Der Schneesturm, das Schneetreiben halten einen Friedrich Faller nicht auf, sein Wille drängt nach vorne, nach Bremerhaven, sein Wille will an Bord. Da spielen Hosenträger und Pantoffeln keine Rolle, sind nur Nebenerscheinungen, müssen aber auch sein.
Was das wohl für Leute sind, die neuen, da bin ich ja mal gespannt. Ja, Friedrich Faller, die Zeiten der Leibeigenschaft in der Küstenschifffahrt, die sind ja nun wohl vorbei, schade nicht?
Wenn ich man noch einen Moses kriege, einen Decksjungen, kann ich schon zufrieden sein. Na, habe auf dem Heuerstall ja ganz gut was durchgeschoben, damit sie mir anständige Leute schicken, leben und leben lassen. Werde den Boss zur Probefahrt einladen, das zahlt sich immer aus. So ein Moses ist auch billig. Verstehe gar nicht, dass die Jungens nicht mehr zur See fahren wollen. So ein Moses ist mir auch lieber, ein deutscher Moses, als diese Spanier, Türken oder Griechen, verdienen dicke Heuer und sind an Bord doch nur Statisten.
Junge, Junge, wo ist unsere Seefahrt hingekommen?
Friedrich Faller, da wagst du noch zu fragen? Hast du schon einmal darüber nachgedacht, dass auch du einen Teil Schuld trägst? Jawohl. Hättet ihr Eigner, ihr Reeder den deutschen Matrosen anständig bezahlt, hättet ihr sie so bezahlt, wie ihr heute die Ausländer notgedrungen bezahlen müsst, wäre Euch ein deutscher Stamm an ausgebildeten Seeleuten erhalten geblieben. Jetzt ist es wohl zu spät. Richtige deutsche Seeleute, wo sind die eigentlich? F. F. dachte sich in Zorn hinein. Und die noch da sind, das Grausen könnte man kriegen, Haare so lang, dass sie sie beim Scheißen anheben müssen. Ja, ja, keine Haare am Sack, aber auf dem Kopf Ringellocken. Fehlt nur noch, dass die Brüder sich einen Föhn mit an Bord bringen. Böse Zeiten sind das. Tonband, Radio, Fotoapparat, das ist so die übliche Ausrüstung heute. Und Ölzeug, Arbeitszeug, wo ist das? Statt Ölzeug haben die Brüder Niveacreme. Da findet sich von ihren Vorgängern immer noch eine alte Hose, ein Hemd, ein paar ausgetretene Schuhe oder Latschen vor. Nee, nee, Zeiten sind das. Bin auch gespannt auf die beiden Maschinisten und den zweiten Steuermann; was das wohl wieder für Athleten sind. Sicher in der Gewerkschaft, die Maschinisten bestimmt. Sind schon immer aufsässige Kadetten gewesen. Maschinisten haben wir früher gar nicht gebraucht auf den kleinen Schiffen, das haben wir von Deck doch alles selber gemacht, das mit der Maschine und so. Sind verdammt unnütze Fresser an Bord, diese Maschinisten. Bestehen auf tariflicher Bezahlung, wollen Bettwäsche und Freizeit. Kinners, wo sind wir bloß hingekommen. Schuld haben ja nur die Gewerkschaften, die machen uns Eigner und Reeder das Leben schwer. Hoffentlich ist der Koch einigermaßen, kochen braucht er ja nicht besonders zu können, Hauptsache, er ist sparsam. Nun fahre ich schon einen Vollkoch (kein Moses will ja mehr kochen), dann soll er auch was leisten. Tausend Mark im Monat sind ja schließlich kein Pappenstiel. Früher da kochte der Moses so zwischendurch und dann arbeitete er wieder an Deck. Der Steuermann guckte hin und wieder in den Topf. Erbsen, Bohnen, Kohl oder Klüten, das alles kocht von selbst, auch der fette Speck darin. Aber heute? Heute wollen sie Braten und Braten, Gemüse, sogar Nachtisch wollen sie und Nachtverpflegung. Obst, Obst! Wenn ich das schon höre, so ein Grießpudding am Sonntag tut es doch weiß Gott auch.
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