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Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band. AnonymЧитать онлайн книгу.

Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band - Anonym


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den Hof des Schlosses öffnet, so wirf, nicht weit vom Tor entfernt, diesen Ball vor dir auf den Boden. Er wird alsbald aus eigener Kraft zu rollen beginnen, und zwar auf das Tor des Schlosses zu; du aber folge ihm durch den offenen Eingang, bis er in seinem Laufe inne hält. In diesem Augenblick wirst du die vier Löwen sehen; und die beiden, die wach sind und wachen, werden die beiden, die schlafen und ruhen, wecken. Alle vier werden die Kiefer zum Boden kehren und knurren und brüllen mit scheußlichem Geheul, als wollten sie über dich herfallen und dir Glied von Glied abreißen. Aber fürchte nichts und laß dich nicht schrecken, und wirf die vier Schafsviertel vom Leitpferd zu Boden, eines für jeden der Löwen. Hüte dich, von deinem Rosse zu steigen, sondern stoße ihm den Spornschuh in die Flanken und reite mit aller Macht zu dem Brunnen, in dem das Wasser sich befindet. Hier steige ab und fülle die Phiole, während die Löwen mit ihrem Fraß beschäftigt sind. Und schließlich kehre schleunigst zurück, so werden die Tiere dich nicht hindern, an ihnen vorüber zu reiten.‹ Am nächsten Tage tat Prinz Ahmad mit Tagesanbruch alles, was Peri-Banu ihm befohlen hatte, und er ritt zum Schlosse davon. Und als er das eherne Portal durchschritten, den Hof durchquert und die Tür geöffnet hatte, drang er ein in die Halle; dort warf er den Löwen die Schafsviertel vor, eines für einen jeden, und schnell erreichte er den Quell. Er füllte seine Phiole mit Wasser aus dem Becken und eilte in aller Hast zurück. Doch als er ein wenig geritten war, wandte er sich um und sah zwei von den wachenden Löwen, die ihn verfolgten; das aber schreckte ihn keineswegs, nur zog er den Säbel aus der Scheide, um sich zur Verteidigung zu rüsten. Und als der eine der beiden sah, wie er das Schwert zur Abwehr entblößte, wich er ein wenig vom Wege ab, stand und starrte ihn an, nickte mit dem Kopf und wedelte mit dem Schweif, als wolle er den Prinzen bitten, den Säbel in die Scheide zu stoßen, und ihm versichern, daß er in Frieden reiten könne, ohne eine Gefahr zu fürchten. Der andere Löwe aber sprang jenem voraus und folgte ihm eng auf den Fersen, und beide ließen nicht ab, ihn zu begleiten, bis er die Stadt, ja das Tor des Palastes erreicht hatte. Und ebenso bildete das zweite Paar den Nachtrab, bis Prinz Ahmad in die Tür des Palastes getreten war; und als sie dessen gewiß waren, kehrten alle vier zurück, wie sie gekommen waren. Als nun die Bewohner der Stadt dies wunderbare Schauspiel sahen, flohen sie in wildem Entsetzen davon, obgleich die verzauberten Tiere niemanden belästigten. Und da ein paar reitende Ritter ihren Herrn allein und ohne Gefolge reiten sahen, eilten sie herbei und halfen ihm abzusitzen. Derweilen aber saß der Sultan in der Halle des Diwans im Gespräch mit seinen Vezieren und Ministern; und als Prinz Ahmad eintrat, grüßte er ihn und segnete ihn ehrfurchtsvoll, bat um die Dauer seines Daseins, seines Gedeihens und Reichtums, setzte die Phiole mit dem Wasser vom Löwenquell vor seinen Füßen hin und sprach: ›Siehe, ich habe dir gebracht, was du verlangtest. Dieses Wasser ist sehr selten und schwer zu erlangen; und in deinem ganzen Schatzhause gibt es nichts, was so merkwürdig wäre und von solchem Wert. Wenn du je an einer Krankheit erkranken solltest (der allmächtige Allah verhüte, daß solches in deinem Schicksal geschrieben stehe!), so trinke einen Schluck davon, und du wirst alsbald von jeglichem Leiden genesen.‹ Als der Prinz zu Ende gesprochen hatte, umarmte ihn der Sultan mit aller Liebe und Herzlichkeit, Huld und Ehrung und küßte ihm das Haupt; und er setzte ihn zu seiner Rechten und sprach: ›O mein Sohn, ich bin dir verpflichtet über jedes Maß und jede Grenze hinaus, dieweil du dein Leben gewagt hast, um mir unter vieler Mühsal und Gefahr dies Wasser aus einem so verderblichen Orte zu holen.‹ Denn die Hexe hatte den Sultan schon über den Löwenquell aufgeklärt und über die tödlichen Gefahren, die das Schloß umlauerten; er wußte also recht gut, wie tapfer seines Sohnes verwegene Tat gewesen war; und gleich darauf fuhr er fort: ›Sag, o mein Kind, wie konntest du dich dorthin wagen, und wie bist du den Löwen entronnen und brachtest wohlbehalten und unverletzt das Wasser zurück?‹ Versetzte der Prinz: ›Bei deiner Huld, o mein Herr und König, ich kehrte sicher von jenem Orte zurück vor allem deshalb, weil ich handelte nach dem Gebot meiner Gattin, der Herrin Peri-Banu; und ich konnte das Wasser aus dem Löwenquell nur bringen, weil ich ihren Befehlen gehorchte.‹ Und er berichtete seinem Vater alles, was ihm auf dem Hin- und Rückweg widerfahren war. Und als der Sultan die glänzende Tapferkeit und den Mut seines Sohnes erkannte, da fürchtete er sich nur um so mehr, und die Bosheit und Tücke, der Neid und die Eifersucht, die ihm den Busen füllten, wurden noch zehnmal so groß wie zuvor. Er verbarg jedoch seine wahren Empfindungen, entließ den Prinzen Ahmad, begab sich in seine Gemächer und schickte sofort der Hexe Befehl, vor ihm zu erscheinen; und als sie kam, da erzählte er ihr von des Prinzen Besuch und berichtete ihr, wie er das Wasser vom Löwenquell hatte bringen können. Sie hatte bereits davon vernommen, weil die Löwen in der Stadt einigen Aufruhr verursacht hatten; aber als sie den ganzen Bericht angehört hatte, da staunte sie in höchstem Staunen, flüsterte dem Sultan ihren neuen Plan ins Ohr und sprach triumphierend: ›O König der Könige, diesmal sollst du dem Prinzen einen Auftrag geben, wie er ihm, dünkt mich, Mühe machen soll, und es wird ihm schwer fallen, auch nur das geringste von ihm auszuführen.‹ ›Du hast wohl gesprochen,‹ erwiderte der Sultan; ›und jetzt will ich wahrlich diesen Plan versuchen, den du für mich entworfen hast.‹ Am nächsten Tage also, als Prinz Ahmad vor seinen Vater trat, sprach der König zu ihm: ›O mein teures Kind, es entzückt mich sehr, deine Mannhaftigkeit und Tapferkeit zu sehen, sowie auch die Kindesliebe, die dich erfüllt; denn diese guten Gaben hast du bewiesen, indem du mir die beiden Seltenheiten verschafftest, um die ich dich bat. Und jetzt habe ich noch eine letzte Bitte für dich, und sollte es dir gelingen, mir meinen Wunsch zu erfüllen, so will ich wahrlich mit meinem geliebten Sohne zufrieden sein und ihm den Rest meiner Tage hindurch danken.‹ Versetzte der Prinz: ›Und welches ist die Gabe, die du wünschest? Ich für mein Teil will dein Geheiß erfüllen, soweit es in meinen Kräften liegt.‹ Gab der König dem Prinzen zur Antwort: ›Ich möchte, du brächtest mir einen Mann, an Statur und Wuchs nicht höher als drei Fuß, jedoch mit einem Bart von vollen zwanzig Ellen; der soll auf der Schulter einen stählernen Stab von zweihundertundsechzig Pfund Gewicht tragen, den er mit Leichtigkeit schwingt und sich um den Kopf wirbelt, ohne die Stirne kraus zu ziehen, wie die Menschen sonst hölzerne Keulen schwingen.‹ So bat der Sultan, irre geführt nach dem Spruche des Schicksals und achtlos des Guten wie Bösen, um eben das, was das sicherste Verderben über ihn bringen mußte. Und auch Prinz Ahmad war in blindem Gehorsam und aus reiner Liebe zu seinem Vater bereit, ihm zu bringen, was er verlangte, denn er wußte nicht, was in der geheimen Absicht seiner harrte. Sprach er: ›O mein Vater und Sultan, ich denke, es wird schwer sein, in der ganzen Welt ehren Menschen zu finden, wie du ihn verlangst; doch ich will mein Bestes tun, deinen Befehl zu vollführen.‹ Und der Prinz zog sich zurück und kehrte wie immer heim in seinen Palast, wo er Peri-Banu in Liebe und Freude begrüßte; sein Gesicht aber war besorgt, und das Herz war ihm schwer, wenn er an des Königs Verlangen dachte. Als ihn die Prinzessin so in Gedanken sah, da fragte sie ihn und sprach: ›O mein teurer Herr, welche Nachricht bringst du mir heute?‹ Versetzte er: ›Der Sultan verlangt bei jedem Besuch etwas Neues von mir, und er wird mir mit seinen Bitten zur Bürde; heute will er mich auf die Probe stellen, und in der Hoffnung, mich zu beschämen, fordert er etwas, was ich in der ganzen Welt nicht zu finden hoffen kann.‹ Und er erzählte ihr alles, was der König zu ihm gesprochen hatte. Als nun Peri-Banu diese Worte hörte, sprach sie zu dem Prinzen: ›Mache dir darüber keinerlei Sorge. Du hast es unter großen Gefahren gewagt, für deinen Vater Wasser aus dem Löwenquell zu holen, und es gelang dir, dein Ziel zu erreichen. Nun ist diese neue Aufgabe keineswegs schwerer oder gefährlicher als jene: ja, sie ist leichter, denn der, den du schilderst, ist kein anderer als mein leiblicher Bruder Schabbar. Obwohl wir beide die gleichen Eltern haben, so hat es doch Allah, dem Allmächtigen, gefallen, uns in verschiedenen Gestalten zu bilden und ihn seiner Schwester so unähnlich zu machen, wie es ein Wesen in sterblicher Form nur sein kann. Obendrein ist er tapfer und unternehmend, und stets sucht er nach einer Tat und einem Unterfangen, durch das er meinem Besten dienen kann; und gern führt er das aus, was er beginnt. Er ist gestaltet und geformt, wie der Sultan, dein Vater, ihn schildert, und niemals benutzt er eine andere Waffe als den Mabbut oder die stählerne Keule; und sieh, jetzt will ich ihn holen lassen, du aber erschrick nicht, wenn du ihn siehst.‹ Versetzte Prinz Ahmad: ›Wenn er wirklich dein Bruder ist, was tut es da, wie er aussieht? Ich werde ihn mit Vergnügen sehen, wie man einen geschätzten Freund sieht oder einen geliebten Verwandten. Weshalb sollte ich mich vor seinem Anblick fürchten?‹ Als sie diese Worte vernahm, entsandte Peri-Banu eine ihrer Dienerinnen, die ihr aus ihrem geheimen Schatz eine goldene Räucherpfanne brachte; und sie befahl, ein Feuer darin zu entzünden,
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