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Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band. AnonymЧитать онлайн книгу.

Erzählungen aus 1001 Nacht - 5. Band - Anonym


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meistens in Gegenwart des Königs. Prinz Husain verbrachte fast ein Jahr damit, sich auf den Märkten und Festen von Bischangarh alles Sehenswerte anzusehen; und als die Zeit der Verabredung mit seinen Brüdern nahte, da breitete er hinter dem Khan, in dem er wohnte, auf dem Hofe seinen Teppich aus, setzte sich mit seinem Gefolge und mit den Rossen und allem, was er mitgebracht hatte, darauf, und wünschte im Geist, in die Karawanserei entrückt zu werden, in der die drei Brüder sich zu treffen übereingekommen waren. Raum aber hatte er den Gedanken gefaßt, so erhob sich im Nu der Teppich hoch in die Luft und jagte dahin durch den Raum und trug sie zu der verabredeten Stelle, wo er nun, immer noch als Kaufmann gewandet, der Ankunft seiner Brüder harrte.

      Jetzt nun höre, o glücklicher König, was dem Prinzen Ali widerfuhr, dem zweiten Bruder des Prinzen Husain. Am dritten Tage nach seiner Trennung von den beiden anderen, schloß auch er sich einer Karawane an und reiste mit ihr nach Persien. Und als sie nach einer Wanderung von vier Monden in Schiras ankamen, der Hauptstadt des Iran, stieg er ab in einem Khan mit all seinen Gefährten, mit denen er sich befreundet hatte; und er schlug dort mit ihnen seine Wohnung auf, indem er sich als Juwelier ausgab. Am nächsten Tage zogen die Händler hinaus, um ihre Waren zu verkaufen und andere zu kaufen; Prinz Ali aber, der nichts mitgebracht hatte, was er verkaufen konnte, sondern nur, was er brauchte, legte alsbald das Reisekleid ab und betrat mit einem Gefährten von der Karawane den Hauptbasar, der da bekannt ist als der Basistan oder Tuchmarkt. Ali schlenderte dort umher, und der Basar war aus Ziegeln erbaut, und alle Läden hatten gewölbte Dächer, die auf schönen Säulen ruhten; und er staunte sehr, als er die prachtvollen Lagerhäuser sah, die allerlei Waren von unermeßlichem Wert zum Verkauf darboten. Er fragte sich verwundert, welch ein ungeheurer Reichtum in der Stadt sein müsse, wenn eine einzige Marktstraße schon solche Schätze bärge. Und als die Händler einhergingen und ihre Waren ausriefen zum Verkauf, da sah er einen, der hielt in der Hand ein elfenbeinernes Rohr von etwa einer Elle Länge, das er um den Preis von dreißigtausend Aschrafîs zum Verkauf ausbot. Als Prinz Ali eine solche Forderung hörte, dachte er bei sich selber: ›Sicherlich ist dieser Mensch ein Narr, daß er einen solchen Preis für eine solche Armseligkeit verlangt!‹ Und er fragte einen der Ladenbesitzer, mit dem er Bekanntschaft geschlossen hatte: ›O mein Freund, ist dieser Mensch ein Irrer, daß er die Summe von dreißigtausend Aschrafîs für dieses kleine Elfenbeinrohr verlangt? Wahrlich, nur ein Dummkopf würde ihm den Preis dafür zahlen und einen solchen Schatz Geldes dafür verschwenden.‹ Sprach der Ladenbesitzer: ›O mein Herr, dieser Makler ist klüger und gewitzigter als all die anderen seines Berufs, und durch ihn habe ich Waren verkauft, die Tausende von Dinaren wert waren. Bis gestern war er noch bei Verstande; doch ich weiß nicht, wie es heute mit ihm steht, und ob er vielleicht irr wurde oder nicht. Ich weiß nur eins: wenn er für dies Elfenbeinrohr dreißigtausend Aschrafîs verlangt, so ist es den Preis, und selbst einen höheren, wert. Wir werden es aber mit eigenen Augen sehen. Setz dich hierher und ruhe dich im Laden aus, bis er des Weges kommt.‹ Da nahm Prinz Ali Platz, wie man ihn einlud, und bald sah man den Makler die Straße herauf nahen. Rief der Besitzer des Ladens ihm zu und sprach: ›O Mann, jene kleine Röhre hat eine seltene Kraft, denn alles Volk hört mit Staunen, welch einen hohen Preis du für sie verlangst; ja, dieser mein Freund hält dich gar für irre.‹ Der Makler war ein verständiger Mann, und so ärgerte er sich durchaus nicht über diese Worte, sondern er erwiderte mit artiger Rede: ›O mein Herr, ich zweifle nicht daran, daß du mich für einen Irren halten mußt, wenn ich für eine so geringe Ware einen so hohen Preis verlange und so großen Wert auf sie lege; aber wenn ich dir ihre Eigenschaften und Kräfte vermeldet habe, so wirst du sie nur zu gern für einen solchen Preis erstehen. Nicht du allein, alle, die meinen Ruf vernommen haben, lachen über mich und nennen mich einen Narren.‹ Mit diesen Worten zeigte der Makler dem Prinzen Ali das Fernrohr, reichte es ihm und sprach: ›Sieh dir dies Elfenbein gut an; ich will dir seine Eigenschaften auseinandersetzen. Du siehst, es ist auf beiden Seiten mit einem Stück Glas versehen, und wenn du das eine Ende an dein Auge hältst, so wirst du sehen, was immer du sehen willst, und es wird dicht vor dir erscheinen, sei es auch Hunderte von Meilen entfernt.‹ Versetzte der Prinz: ›Das geht über alles Verständnis hinaus, und ich kann es nicht für Wahrheit halten, bis ich es erprobt habe und mich überzeuge, daß es ist, wie du sagst.‹ Da legte der Makler das kleine Rohr in Alis Hand, zeigte ihm, wie er es handhaben müßte, und sprach: ›Was du auch zu erblicken wünschen magst, das wird sich dir zeigen, wenn du durch dies Elfenbein spähst.‹ Stillschweigend wünschte Prinz Ali sich, seinen Vater zu sehen, und als er das Rohr dicht ans Auge hielt, sah er ihn alsbald gesund und wohlbehalten, wie er auf seinem Throne saß und Recht sprach unter dem Volke seines Herrschaftsgebietes. Da verlangte es den Jüngling mit heißem Verlangen, seine Geliebte zu erblicken, die Prinzessin Nur al-Nihar; und alsbald sah er sie schon, wie sie gesund und wohl auf ihrem Bette saß und plauderte und lachte, während eine Schar von Sklavinnen rings um sie stand und ihrer Befehle harrte. Der Prinz erstaunte in höchstem Staunen, als er dies seltsame und wunderbare Schauspiel sah, und er sprach bei sich selbst: ›Und wenn ich die ganze Welt durchwanderte, zehn Jahre lang oder noch länger, und in jedem Winkel und jeder Ritze suchte, nie fände ich etwas gleich Seltenes oder Kostbares wie dieses Rohr.‹ Sprach er zu dem Makler: ›Ich sehe, die Kräfte deines Rohrs sind wirklich die, die du schildertest, und gern will ich dir den Preis entrichten: dreißigtausend Aschrafîs.‹ Erwiderte der Verkäufer: ›O mein Herr, mein Gebieter hat einen Eid geschworen, daß er sich nicht für weniger als vierzigtausend Goldstücke davon trennen will.‹ Da nun der Prinz einsah, daß der Makler ein ehrlicher und gerechter Mann war, so wog er ihm die vierzigtausend Dinare ab, und so wurde er zum Herrn des Fernrohrs, entzückt ob des Gedankens, daß es seinen Vater zufriedenstellen und ihm die Hand der Prinzessin Nur al-Nihar gewinnen würde. Und ruhigen Sinnes reiste Ali durch Schiras und durch die verschiedenen Gegenden Persiens; und dann wanderte er zurück nach Indien und erreichte gesund und wohlbehalten die Karawanserei, in der Prinz Husain schon eingetroffen war. Dort blieben die beiden und harrten der wohlbehaltenen Rückkehr des dritten Bruders.

      Solches, o König Schahryar, ist die Geschichte der beiden Brüder; und jetzt flehe ich dich an, neige dein Ohr und lausche dem, was dem jüngsten der Brüder, dem Prinzen Ahmad, widerfuhr; denn wahrlich, es ist das fremdeste und seltenste von allen. Als er sich von seinen Brüdern getrennt hatte, schlug er die Straße ein, die da führte nach Samarkand; und als er nach langer Reise dort eintraf, nahm er gleich seinen Brüdern Wohnung in einem Khan. Gleich am nächsten Tage aber zog er aus, um sich den Marktplatz anzusehen, den das Volk dort den Basistan nennt, und er sah, daß er schön angelegt war, und die Läden waren mit kunstvoller Arbeit erbaut und gefüllt mit seltenen Stoffen und wertvollen Gütern und kostbaren Waren. Als er nun dort hin und wieder wanderte, traf er auf einen Makler, der einen magischen Apfel feilbot und laut dazu rief: ›Wer will diese Frucht kaufen, deren Preis sich auf fünfunddreißigtausend Goldstücke beläuft?‹ Sprach Prinz Ahmad zu dem Manne: ›Bitte, laß mich die Frucht ansehen, die du in der Hand hältst, und erkläre mir, welche verborgene Kraft sie besitzt, daß du einen so hohen Preis dafür forderst?‹ Sprach lächelnd der andere, indem er ihm den Apfel reichte: ›Staune nicht, o mein guter Herr; wahrlich, ich bin gewiß, wenn ich dir ihre Eigenschaften auseinandergesetzt habe, und wenn du siehst, wie sehr sie aller Menschheit hilft, so wirst du meine Forderung nicht mehr für übertrieben halten; ja, du wirst mit Freuden ein Schatzhaus Goldes dafür geben, wenn du es besitzest.‹ Und er fuhr fort: ›Jetzt höre mich an, o mein Herr, und ich will dir sagen, welche Kraft in diesem künstlichen Apfel ruht. Wenn einer krank ist, und sei seine Krankheit die allerärgste, ja, sei er dem Tode schon ganz nahe, und wenn er dann an diesem Apfel riecht, so wird er sich alsbald erholen und gesund werden und frei von jeglicher Krankheit, ob die Pest ihn plagte oder die Entzündung des Brustfells, das Fieber oder ein anderes bösartiges Leiden, und er wird sein, als sei er nie krank gewesen; und seine Kraft wird ihm alsbald zurückkehren, und nachdem er an dieser Frucht gerochen hat, wird er frei sein von jedem Leiden und jeder Krankheit, solange ihm das Leben bleibt.‹ Sprach Prinz Ahmad: ›Wie soll ich mich überzeugen, daß da Wahrheit ist, was du mir sagest? Wenn es ist, wie du behauptest, so will ich dir mit Freuden die verlangte Summe geben.‹ Sprach der Händler: ›O mein Herr, alles Volk, das in den Gegenden rings um Samarkand herum wohnt, weiß noch recht gut, daß einst in dieser Stadt ein Weiser lebte von wunderbarer Geschicklichkeit, und der hat nach vielen Jahren der Mühsal und Beschwerde diesen Apfel hergestellt, indem er zahllose Säfte von Kräutern mit Mineralien mischte.


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