Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank RehfeldЧитать онлайн книгу.
es gekonnt hätten, vermittelte ihr das einen Eindruck vom wahren Ausmaß der Gefahr, und es war ein Eindruck, der ihr ganz und gar nicht gefiel.
"Ich wünschte, es wäre anders, aber es gibt keinen Zweifel", versicherte Maziroc. "Wir haben mehrere voneinander unabhängige Berichte erhalten, und Charalon hat bestätigt, dass sich erneut eine Weltenbresche geöffnet hat, ganz in der Nähe der früheren. Einige Späher haben die Damonen sogar bereits gesehen. Alles hat genau wie damals begonnen. Überfälle auf Gehöfte und kleine Dörfer, die mit beispielloser Grausamkeit ausgeführt wurden und keine Überlebenden hinterlassen haben. Nur konnten wir die Hinweise diesmal direkt richtig deuten, weil wir die Gefahr kannten. Wir haben Boten in die ganze Umgebung geschickt, die die Menschen warnen sollen. Es hat bereits eine regelrechte Fluchtwelle begonnen."
Barkon schien seine Worte kaum wahrgenommen zu haben, sondern mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. "Tausend Jahre", murmelte er erschüttert. "Tausend Jahre, in denen wir geglaubt haben, dass diese Gefahr für alle Zeit gebannt wäre. Und nun ..."
"Nur eine trügerische Illusion der Sicherheit", sagte Maziroc. "Aber auch wir haben uns ihr nur zu gerne hingegeben. Nach dem ersten friedlichen Jahrhundert ist unsere Aufmerksamkeit erlahmt, und nur wenige Generationen später wusste kaum noch jemand sicher zu sagen, ob es den Krieg und die Damonen wirklich gegeben hatte, oder ob sie nur eine der zahllosen Legenden waren. Nun können sich alle Skeptiker davon überzeugen, dass sie keine erfundenen Gestalten aus einem Schauermärchen sind. Und diesmal ist unsere Position viel schlechter als beim letzten Mal. Diesmal wird es keine Armee von Elben geben, die auf unserer Seite kämpft."
"Elben", wiederholte Barkon verächtlich. "Wer braucht schon Elben?"
"Jeder, der noch einen klaren Verstand hat und sich den Blick auf die Realität nicht durch Zorn und uralte Vorurteile verstellen lässt", entgegnete Maziroc scharf. "Ich weiß, dass Euer Volk und das der Elben noch nie Freunde waren, aber bei einer Bedrohung wie der durch die Damonen sollten solche kleineren Streitereien keine Rolle spielen. Ohne die Hilfe Eibon Bel Churios und des Alten Volkes hätten wir damals kaum den Sieg davongetragen."
Miranya konnte kaum glauben, was sie hörte. Es gab nur noch wenige Elben heutzutage, und mehr noch als zu der Zeit, in der die Damonen zum ersten Mal nach Arcana gekommen waren, wurden sie bewundert und galten als halb mythische Wesen, fast schon als Götter. Kein Mensch hätte es gewagt, so abfällig über sie zu sprechen. Anscheinend waren die Elben und die Zwerge nicht nur keine Freunde, wie Maziroc es ausgedrückt hatte. Zwischen ihnen schien stattdessen sogar offene Feindschaft zu herrschen.
"Wie dem auch sei." Barkon zuckte die Achseln. "Aber angesichts dieser Gefahr ist es umso wichtiger, dass wir so schnell wie möglich zurückkehren und die anderen warnen. Es muss eine neue Verteidigung organisiert werden und ..."
"Wichtig ist jetzt nur, dass wir so schnell wie möglich nach Therion kommen", fiel der Magier ihm ins Wort. "Wir müssen über den Luyan Dhor, noch ehe die Pässe zuschneien. Ich darf keine Einzelheiten verraten, aber möglicherweise hängt das ganze weitere Schicksal Arcanas davon ab, dass wir schnell genug nach Sharolan gelangen. Dort werden wir Hilfe finden, die wir unbedingt benötigen."
"Ausgerechnet im Ödland von Sharolan?" Barkon gab sich erst gar keine Mühe, seine Skepsis zu verhehlen.
"Ausgerechnet dort", bestätigte Maziroc. "Es ist wichtiger, als Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt. Was ist nun? Bringt Ihr uns hin?"
Der Zwerg zögerte kurz. "Ich bezweifle stark, dass die Pässe über den Luyan Dhor überhaupt noch begehbar sind", wandte er dann ein. "Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit sind sie längst zugeschneit."
"Das wird sich zeigen, wenn wir dort sind." Mazirocs Tonfall machte seine Entschlossenheit deutlich. "Wir müssen es auf jeden Fall versuchen. Notfalls auch ohne Eure Hilfe. Zu viel hängt davon ab."
Wieder schwieg der Zwerg eine Weile. Miranya wagte kaum, sich zu rühren. Sie meinte, die Spannung fast greifbar spüren zu können, die in der Luft lag. Die Sekunden schienen sich zu Ewigkeiten zu dehnen. Ihr war überdeutlich bewusst, dass eine Fortführung ihrer Mission fast nur von Barkons Antwort abhing. Ohne seine Hilfe hatten sie so gut wie keine Chance mehr.
"Also gut", verkündete er schließlich. "Wenn es sich so verhält, wie Ihr gesagt habt, werden wir Euch sicher nach Therion geleiten. Aber dafür erwarte ich, dass Ihr uns mehr darüber erzählt, welche Art von Hilfe ihr dort zu finden glaubt."
Das Gehöft
Wie Eibon angekündigt hatte, schickte er gleich am nächsten Morgen mehrere Späher los, um die vor ihnen liegenden Landstriche zu erkunden. Jeder der Scouts trug ein Signalhorn bei sich, und sie erhielten den ausdrücklichen Auftrag, sich nicht weiter voneinander zu entfernen, als dass sie sich jederzeit mit Hornsignalen verständigen und auf eine Gefahr hinweisen konnten. Die restlichen Teilnehmer der Expedition folgten den Spähern wesentlich gemächlicher; so langsam teilweise, dass es Maziroc nach dem Gewaltritt der vergangenen Tage so vorkam, als bewegten sie sich kaum von der Stelle. Immerhin wurde ihr wesentlich verlangsamtes Vordringen mit allgemeiner Erleichterung aufgenommen. Zwei der vier Magier, die beiden Vingala und einige der Soldaten verzichteten sogar darauf, sich überhaupt auf ihre Pferde zu schwingen. Stattdessen führten sie die Tiere am Zügel und gingen zu Fuß, um auf diese Art einen Ausgleich zu der einseitigen Muskelbelastung beim Reiten zu schaffen. Obwohl sie nur selten rasteten, bewegten sie sich nur so langsam vorwärts, dass es für alle Beteiligten dennoch eine Erholung war.
Am frühen Nachmittag kehrten die ausgesandten Späher zurück, vollzählig und unverletzt, wie Maziroc erleichtert feststellte. Dennoch wollte er dabei sein, wenn sie Eibon Bericht erstatteten. Genau wie auch Charalon lenkte er sein Pferd mit sanftem Schenkeldruck an die Seite des Elbenkönigs. Die Späher erzählten von beachtlichen Flüchtlingsströmen, die sich in Richtung Norden bewegten, weil sich die Kunde von den Plünderungen und Morden inzwischen weit verbreitet hatte. Mehrere Gehöfte und kleine Dörfer, auf die sie gestoßen wären, seien verlassen gewesen, von ihren Bewohnern offenbar in überhasteter Flucht aufgegeben, doch von Hornmännern oder irgendwelchen anderen Feinden, die für die Überfälle verantwortlich sein könnten, hatten sie nichts entdecken können.
Diese Flüchtlingsströme, mit denen sie im Laufe des nächsten Tages immer stärker konfrontiert wurden, entwickelten sich zu einem beachtlichen Problem. Schließlich gab Eibon sogar den Befehl, dass sie sich von den Straßen fernhalten sollten, da diese nicht nur durch die ihnen entgegenkommenden Menschenmassen kaum noch passierbar waren, sondern so mancher der Flüchtlinge sich von den Elben Schutz versprach und sich ihnen sofort anschließen wollte. Einige erwiesen sich dabei als so hartnäckig, dass es fast unmöglich war, sie wieder loszuwerden. Lieber wollten sie den Elben zurück in die besonders gefährlichen Gebiete folgen, als weiter in eine ungewisse Zukunft zu flüchten.
Aus dem gleichen Grund beschloss Eibon auch, Brelonia zu meiden, die nächstgelegene größere und einigermaßen stark befestigte Stadt, die nach Aussagen der Späher vor lauter Flüchtlingen bereits aus allen Nähten zu platzen drohte. Der Elbenkönig besaß genügend Ansehen, dass man auf einen Wink von ihm hin trotzdem in jedem Gasthaus sofort Quartiere für sie freigemacht hätte, doch er verzichtete auf dieses Privileg, um den wenigen Flüchtlingen, die in Brelonia eine Unterkunft bekommen hatten, nicht auch noch diese wegzunehmen.
Aufgrund des gemächlichen Tempos, in dem sie nur noch vordrangen, bot sich für alle auch in den folgenden Tagen genug Gelegenheit, sich von den vorangegangenen Strapazen