Die Elfen der Dämmerung: 3 dicke Fantasy Sagas auf 1500 Seiten. Frank RehfeldЧитать онлайн книгу.
käme einem Selbstmord gleich."
"Aber dann haben wir doch keine Chance mehr! Unsere Mission ist bereits gescheitert, und wir können ebenso gut gleich umkehren. Wenn es wirklich einen neuen großen Krieg geben wird, können wir uns anderenorts bestimmt nützlicher machen, als wenn wir uns völlig sinnlos weiter durch Skant quälen und nur Gefahr laufen, einer weiteren Patrouille der Hornmänner in die Hände zu fallen."
"Wenigstens diese Gefahr dürfte recht gering sein", brummte Maziroc. "Bei diesem Wetter ist für sie kaum lohnende Beute zu erwarten, also werden die Hornmänner wahrscheinlich gemütlich in ihren Clansburgen sitzen und auf den Beginn des Frühjahres warten."
"Aber unsere Mission ..."
"Dieser Punkt bereitet auch mir weitaus mehr Kopfzerbrechen", gab Maziroc zu. "Im Grunde haben wir wirklich so gut wie keine Chance mehr, aber meine Aufgabe ist zu wichtig, als dass wir einfach aufgeben dürfen. Sobald sich eine günstige Gelegenheit ergibt, werde ich noch einmal allein mit Barkon sprechen. In seiner Hand liegt es, mich schneller an unser Ziel zu bringen, als du es dir auch nur vorstellen kannst."
Miranya entging nicht, dass er nur von sich sprach, und sie begriff sofort, was er damit andeutete. "Du meinst diese geheimnisvollen Wege, von denen Barkon gesprochen hat, nicht wahr? Auf denen er und seine Begleiter so schnell hergekommen sind. Was hat es damit auf sich? Ist es so geheim, dass du es mir nicht sagen darfst?"
"Das ist es", bestätigte Maziroc."Du ahnst nicht, was es für die Zwerge bedeutet hat, uns gegenüber auch nur anzudeuten, dass ihnen diese Möglichkeiten nach wie vor - oder vielleicht auch wieder - zur Verfügung stehen. Selbst ich habe es bislang nicht gewusst. Du hast erlebt, mit welcher Ehrfurcht sie mich behandelt haben, dennoch bin ich sicher, dass Barkon mich ohne zu zögern töten würde, wenn ich dieses Geheimnis verriete."
Erschrocken zuckte Miranya zusammen. Sie schwiegen einige Sekunden, und sie spürte, wie ihr erneut die Augen zuzufallen begannen.
"Falls es dir gelingt, Barkon zu überzeugen", nahm sie das Gespräch wieder auf, um sich von ihrer Erschöpfung abzulenken, "dann bedeutet das wohl auch, dass du uns verlassen wirst, nicht wahr? Wenn diese Möglichkeiten, schneller als der Blitz zu reisen, so geheim sind, werden die Zwerge Scruul, mich und den Soldaten nicht auf diesem Weg mitnehmen."
"Nein, das werden sie wohl nicht. Aber ich werde darauf bestehen, dass sie bei euch bleiben und euch an einen sicheren Ort bringen. Ich hoffe, sie begleiten euch sogar bis nach Therion."
"Darum geht es mir nicht. Ich ... ich hätte nur zu gerne diese geheimnisvolle Zitadelle gesehen, den fremdartigen Ort, an dem dieser Kenran'Del seit tausend Jahren ruhen soll." Sie seufzte. "Aber das wird mir wohl nicht vergönnt sein, wie es nun aussieht."
Für einen Moment zeigte sich ein fast zorniger Ausdruck im Gesicht des Magiers.
"Bei dieser Mission geht es um Wichtigeres als Neugier und Sensationslust", stieß er mit barscher Stimme hervor. "Ist dir das immer noch nicht klar geworden? Arcana könnte untergehen und jedes Leben, wie wir es kennen, könnte vernichtet oder versklavt werden. Selbst ich weiß nicht, wer dieser Kenran'Del wirklich ist und woher er stammt, aber er wird der wichtigste Verbündete sein, den wir in dem bevorstehenden Krieg gewinnen können. Deshalb muss ich zu der Zitadelle und ihn aus seinem magischen Schlaf erwecken, nicht damit du deine Neugier stillen und ein paar fremdartige Wunder bestaunen kannst."
Mit vor Schrecken weit aufgerissenen Augen starrte Miranya ihn an. Sie war völlig fassungslos über seinen Zornausbruch, wusste nicht, was sie Schlimmes gesagt hatte, um ihn so zu provozieren. Nach ein paar Sekunden konnte sie Mazirocs beinahe flammenden Blick nicht mehr ertragen und senkte hastig den Kopf. Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie kämpfte dagegen an.
"Es tut mir leid", sagte Maziroc mit einer Stimme, die verriet, wie bestürzt er selbst darüber war, dass er sie so grob angefahren hatte. Er hob den linken Arm, als wollte er ihn ihr um die Schultern legen, ließ ihn dann aber wieder sinken. "Das ... das wollte ich nicht. Auch meine Nerven sind ziemlich angegriffen. Aber du kannst schließlich nichts dafür, dass es nicht so läuft, wie ich erhofft habe. Deine Neugier ist nur zu verständlich, jedem anderen würde es an deiner Stelle ebenso ergehen."
"Nein, du hast völlig recht", entgegnete Miranya kühl. "Es geht hier um Wichtigeres als meine Neugier. Ich sollte endlich erwachsen werden. Schließlich bin ich eben nicht jeder andere sondern eine Vingala. So sollte ich mich auch benehmen, statt mich wie ein dummes kleines Mädchen aufzuführen."
Ihr war bewusst, dass gerade diese Reaktion kindisch war, doch sie konnte nicht anders. Mazirocs Verhalten hatte ihr gezeigt, dass er sie nicht wirklich ernst nahm. Bis gerade hatte er es vermieden, sie wie ein Kind zu behandeln, aber offenbar war es genau das, was er in ihr sah. Sie wusste, dass ihre Worte ihn schmerzen mussten, aber schließlich hatte auch er ihr zuvor wehgetan, und wider besseres Wissen war sie von dem absurden Verlangen erfüllt, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen.
Nach kurzem Zögern stand sie auf, streifte die Decke ab und gab sie ihm zurück. Stattdessen schlüpfte sie wieder in ihren Mantel. "Ich werde mal nach meinem Pferd sehen", sagte sie, obwohl die Zwerge sich längst um alle Tiere gekümmert und sie versorgt hatten. Mit so hastigen Schritten, dass es genau wie die Flucht aussehen musste, die es in Wahrheit auch war, eilte Miranya davon.
Der Fremde
Erschrocken fuhr Maziroc beim Klang der unbekannten Stimme herum, ebenso wie Charalon und Eibon und auch die Elbenkrieger, die sich bei ihnen befanden. Drohend richteten sie ihre Pfeilspitzen auf den unverhofft wie aus dem Nichts nur wenige Schritte von ihnen entfernt auf dem Wehrgang aufgetauchten Fremden. Es handelte sich um einen schlanken, hochgewachsenen Mann in schwer zu schätzendem mittleren Alter. Halblanges dunkelblondes Haar umgab sein Gesicht. Es wirkte offen und sympathisch, doch der Blick seiner blauen Augen und sein etwas kantig vorstehendes Kinn verrieten Willenskraft und Durchsetzungsvermögen. Er schien keine Waffen zu tragen und machte einen im Grunde recht harmlosen Eindruck, vor allem als er die Arme mit den Handflächen nach oben ausbreitete, um zu zeigen, dass er in friedlicher Absicht gekommen war. Maziroc ließ sich davon jedoch nicht täuschen. Schon allein die geheimnisvolle Art seines Erscheinens verriet, dass er über starke unbekannte Kräfte verfügte.
Darüber hinaus hatte er etwas Irritierendes an sich, ohne dass der Magier sofort erkannte, um was es sich handelte. Der Fremde schien irgendwie ungreifbar zu sein, irreal wie ein Trugbild, und nach ein paar Sekunden begriff Maziroc, dass er genau das war: ein Trugbild oder ein lebloses Geschöpf. Wäre er real, so müsste seine Präsenz auch mental spürbar sein, doch er sandte so wenig psychische Energie aus wie ein Stein.
Oder wie eine der dämonischen Kreaturen vor den Mauern des Gehöfts. Diese übereinstimmende Eigenart und die Umstände seines Erscheinens gerade jetzt legten nahe, dass er trotz seines menschlichen Aussehens zu ihnen gehörte.
"Wer bist du, und wie bist du hierhergekommen?", fuhr Eibon den Fremden barsch an. "Du ..."
"Kenran'Del!", stieß in diesem Moment einer der Elbenkrieger hervor und unterbrach ihn damit. Seine Stimme klang ehrfürchtig, und er ließ seinen Bogen sinken. "Erkennt Ihr es denn nicht? Dieser Mann ist Kenran'Del!"
Der Name kam Maziroc vage vertraut vor, doch er musste erst einen Moment nachdenken, bis ihm wieder einfiel, in welchem Zusammenhang er ihn schon einmal gehört hatte. Kenran'Del war keine reale Person sondern ein Mythos, der seit mehr als einem Jahrhundert existierte; die Legende von