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Satan und Ischariot I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Satan und Ischariot I - Karl May


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muß das in ihm den Gedanken erwecken, sich den Leuten beizugesellen, um ihnen unter Umständen zu raten und zu helfen. Dabei hütet er sich, einen Kontrakt zu unterschreiben, denn er will Herr seiner Freiheit bleiben. Wir haben also mit ihm zu rechnen, und zwar sehr zu rechnen, und wenn ich auch nicht denke, daß er das Gelingen unseres Vorhabens ganz vereiteln kann, so steht doch zu erwarten, daß er uns Hindernisse in den Weg legt, wodurch dasselbe sehr verzögert wird.«

      »So habt Ihr einen großen Fehler begangen, indem Ihr ihn mitgenommen habt. Ihr hättet Euch gar nicht mit ihm abgeben, sondern ihn einfach ignorieren und in Guaymas sitzen lassen sollen.«

      »Das hätte ich gethan, wenn der Wirt, Don Geronimo, nicht so plauderhaft gewesen wäre, ihm von mir und dem Schiffe, welches ich erwartete, zu erzählen. Ich habe Old Shatterhand zwar gesagt, daß er ohne mich nicht an Bord gekommen wäre, bin aber überzeugt, daß ihn der Kapitän, welcher ein dummer, ehrlicher Kerl ist und unser eigentliches Geschäft nicht kennt, aufgenommen hätte. Und selbst wenn er nicht mit fortgekommen wäre, so traue ich ihm zu, daß er das nächste Schiff benutzt hätte, nach Lobos zu gehen und uns von dort aus nachzufolgen. Wir hätten uns dann keinen Augenblick sicher fühlen können.«

      »Wir, so viele, diesem einen gegenüber? Das klingt übertrieben, trotzdem es Old Shatterhand ist. Eine Kugel könnte uns von ihm befreien.«

      »Wenn er sich einer Kugel aussetzt, ja; aber das fällt ihm gar nicht ein. Das klügste war das, was ich gethan habe. Ist er als schlauer Fuchs bekannt, so werde ich ihm zeigen, daß andere weit schlauer sein können. Gerade weil er mich überlisten will, muß er überlistet werden. Ich habe mich also verstellt und ganz so gethan, als ob ich ihn wirklich für einen heruntergekommenen, abgelumpten Ausländer halte. Ich habe ihm die Stelle angeboten, um ihn mitzulocken. Auf diese Weise behalte ich ihn stets unter den Augen und kann ihn unschädlich machen, sobald es mir beliebt. Auf diese Weise ist es möglich, ihm zu jeder Zeit eine Kugel zu geben. Und die bekommt er sicherlich, denn ich habe meinen Bruder zu rächen, den er verfolgt und als Mörder außer Landes getrieben hat. Das soll und muß gerächt werden, und da der Kerl jetzt so dumm oder so verwegen ist, sich selbst mir auszuliefern, so werde ich die Gelegenheit nicht vorüber gehen lassen, ohne das zu thun, was ich für meine Pflicht, für meine blutige Pflicht halte.«

      Er sagte das in so grimmigem und dabei feierlich schwörendem Tone, daß ich überzeugt war, er werde unbedingt Wort halten. Der Aufwärter meinte langsam und in nachdenklicher Weise:

      »Hoffen wir, daß es so kommt! Aber es hat eine ganz eigene Bewandtnis mit diesem Menschen; es ist, als ob er mit dem leibhaftigen Satan im Bunde stehe. Je tiefer er sich in Gefahr befunden hat, desto schneller kam er heraus.«

      »Das soll diesmal nicht der Fall sein. Unterwegs dürfen wir ihm nichts anhaben, weil das den Verdacht der andern erregen würde; aber laß uns nur erst auf der Hazienda sein, dann wird mit ihm abgerechnet. Ich brauche mich gar nicht an ihm zu vergreifen; die Yuma-Indianer werden das übernehmen.«

      »Und wenn er ihnen entkommt? Wie oft hat er sich in der Gewalt blutdürstiger Roter befunden und ist ihnen entweder entflohen, oder hat es auf ganz unbegreifliche Weise dahin gebracht, daß sie aus grimmigen Feinden sich in seine allerbesten Freunde verwandelten.

      Hat er nicht auch mit Winnetou auf Leben und Tod gekämpft? Und heute sind beide bereit, ihr Leben für einander zu lassen!«

      »Das waren andere Menschen und andere Verhältnisse; das war nicht ich. Ich habe seinen Hals in meiner Hand und presse denselben zusammen, sobald es mir beliebt. Ein Schwur ist ein Unsinn; aber blicke da hinauf zu den Sternen; ich schwöre dir zu: so sicher sie ihre Bahnen gehen, ohne abweichen zu können, so sicher geht dieser Mensch seinem Tode entgegen, denn ich will – —«

      Er sprach nicht weiter und hatte eine sehr gute Ursache dazu, denn bei dem letzten Worte brach das Zelt über ihm zusammen. Er hatte, um einen Aufblick nach den Sternen zu ermöglichen, den oberenTeil des Segeltuches zurückziehen wollen und war dabei zu unvorsichtig verfahren. Die Stangen standen unbefestigt auf dem Holze des Deckes; sie gaben infolgedessen dem Drucke nach und fielen um, unter der Tuchlast, die sie getragen hatten, den Mormonen, den Aufwärter und – — auch mich begrabend.

      Wollte ich nicht entdeckt sein, so galt es, nicht zu säumen. Ich bohrte mich schleunigst unter den auf mir liegenden Segelfalten heraus und schnellte mich fort nach der Luke hin. Sobald ich mich tief genug in derselben befand, sah ich, daß die beiden auch herausgekrochen kamen, ohne bemerkt zu haben, daß der Einbruch ihres Gebäudes noch einen dritten betroffen hatte. Vom Lauschen war jetzt natürlich keine Rede mehr; ich suchte meine Koje auf. Der Herkules schlief wie ein Bär, und da ich mir Mühe gab, leise zu sein, erwachte er nicht, sondern schlief fort, ohne mich zu hören.

      Das war mir lieb, denn ich wußte in diesem Augenblicke nicht, was ich ihm auf seine Fragen hätte ant- antworten sollen. Soviel aber stand fest, daß ich ihm die Wahrheit noch verschweigen mußte, da ich sonst zu erwarten hatte, daß er mir üblen Schaden anrichten werde. Ich legte mich also nieder, nicht um zu schlafen, sondern um über das Gehörte nachzudenken. Das Morgenlicht blickte bereits durch das kleine Lukenfenster, als ich die Augen schloß.

      Also auf mein Leben war es abgesehen! Das klang gefährlich, machte mir aber keine Sorge. Ich wußte ja nun, woran ich war, und konnte mich auf alle Fälle hüten. Anders stand es mit der Gefahr, in welcher sich die Auswanderer befanden, denn daß es für sie eine Gefahr gab, davon war ich jetzt vollständig überzeugt. Und diese Gefahr war um so größer, je weniger ich eigentlich wußte, welcher Art sie sei und wo und wann sie eintreten werde. Unterwegs, also bis zur Hazienda, sollte nichts geschehen; das wußte ich. Der Mormone hatte gesagt, daß bis dahin nichts gegen mich unternommen werden dürfe, weil sonst das Mißtrauen der andern erregt werde; also konnte ihnen auch nichts drohen. Aber dann auf der Hazienda! Was aber und wie? Man hatte von den Yuma-Indianern gesprochen, welche das Rachewerk an mir ausführen sollten. Jedenfalls waren es auch sie, von denen den Auswanderern die Gefahr drohte. Ein Indianerüberfall? Das schien mir nicht allzu gefährlich. Doch warum sollten die polnischen Arbeiter überfallen werden? Sie waren so arm, daß, den Juden abgerechnet, bei ihnen nichts geholt werden konnte. Es mußte doch noch eine andere Bewandtnis damit haben, eine Bewandtnis, welche zu durchschauen ich jetzt noch nicht genug Beobachtungen gemacht hatte. Ich hoffte aber, unterwegs genug zu sehen und zu hören, um auf die richtige Spur zu kommen.

      Unterwegs? Mußte ich denn mit? War ich verpflichtet dazu? Eigentlich wohl nicht. Ich konnte in Lobos aussteigen und mich aus dem Staube machen. In diesem Falle aber waren die Auswanderer ihrem bösen Schicksale verfallen, und wenn dasselbe über sie hereinbrach, so fiel die ganze Last desselben auf mein Gewissen. Das letztere befahl mir also, mitzugehen, und außerdem war es der mich nie verlassende Thatendrang, welcher es mir gerade als eine Lust erscheinen ließ, die Anschläge des Mormonen kennen zu lernen und zunichte zu machen. Er hatte gesagt: »Er will mich überlisten, folglich muß er selbst überlistet werden. Nun gut, List gegen List und Aberlist gegen Aberlist!«

      Als ich erwachte, war der Athlet schon munter und fragte mich:

      »Ich schlief fest und hörte Sie nicht zurückkommen. Sind Sie vielleicht ertappt worden?«

      »Nein.«

      »Aber haben Sie etwas erfahren?«

      »Besonders Wichtiges nicht,« antwortete ich gleichgültig.

      »Dachte es,« lachte er. »Habe es Ihnen übrigens vorhergesagt. Man sollte Sie tüchtig auslachen.«

      »Thun Sie das; aber haben Sie die Güte, zu schweigen, damit ich nicht auch von andern ausgelacht werde.«

      »Halten Sie mich für eine Plaudertasche?« fragte er in seiner grilligen Weise. »Ich bin niemals ein Plappermaul gewesen, und es fällt mir auch gar nicht ein, Ihretwegen eines zu werden. Ich werde Sie also nicht verraten, am allerwenigsten gegen die beiden Schufte, die ich nicht leiden kann. Ich habe nun einmal das Gefühl, wenigstens mit dem Mormonen einmal tüchtig zusammenzugeraten.«

      Zweites Kapitel: Ein Teufelsstreich

      Lobos lag längst hinter uns; wir hatten bereits San Miguel de Horcasitas passiert und ritten und fuhren nun Ures, der Hauptstadt des gleichgenannten Distriktes entgegen. Ritten und fuhren? Jawohl. Es war dafür gesorgt, daß keiner der Auswanderer


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