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Satan und Ischariot I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Satan und Ischariot I - Karl May


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sich nicht zu hüten braucht. Also bleiben Sie, bleiben Sie!«

      Was sollte ich von diesem Major domo denken? War er närrisch? Hatte er, wie man sich auszudrücken pflegt, einen Klapps? Es widerstand mir, dies anzunehmen. Der Ausdruck seines Gesichtes war ein so verschlagener und der Blick seiner kleinen Augen ein so tückisch-listiger, daß es sich nicht bloß um eine kleine, unschädliche Manie handeln konnte. Dennoch machte ich keine Bemerkung darüber, daß er mich Du genannt hatte und jede seiner Bemerkungen eine Beleidigung für mich sein mußte, und fragte so höflich wie bisher:

      »Erstreckt sich Ihre Einladung auch mit auf meine Begleiter?«

      »Diese Frage kann ich noch nicht beantworten, da ich mich vorher bei Don Timoteo erkundigen muß.«

      »Ich denke, dessen bedarf es nicht, da nach Ihren eigenen Worten nur Sie es sind, an den man sich in dieser Angelegenheit zu wenden hat!«

      »Ja, wenn es sich um eine Abweisung handelt, und ich habe Sie ja abgewiesen. Nun ich Sie aber aufgefordert habe, zu bleiben, und Sie verlangen, daß wir auch die Roten hier behalten, muß ich doch vorher mit Don Timoteo sprechen. Warten Sie hier! Ich werde Ihnen in kurzer Zeit Bescheid sagen.«

      Da ich mit ihm wieder zurückgegangen war, befanden wir uns jetzt vor der Thüre. Er wollte eintreten, und ich sollte außerhalb auf ihn warten. Da schüttelte ich denn doch mit dem Kopfe und entgegnete ihm:

      »Ich gehöre nicht zu einer Gesellschaftsklasse, deren Angehörige man vor den Thüren herumlungern läßt. Ich gehe mit Ihnen hinein, und Sie werden mich sogar vorantreten lassen.«

      Bei diesen Worten schritt ich durch die Thüre, und er folgte hintendrein, ohne ein Wort zu sagen. Als ich mich dann nach ihm umblickte, sah ich, daß auf seinem Gesichte der Zorn mit der Verblüfftheit kämpfte. Er winkte nach einer Thüre und verschwand hinter derselben, während ich vor derselben stehen blieb. Nach kurzer Zeit kam er heraus und gab mir durch eine Handbewegung zu verstehen, daß ich eintreten solle.

      Der Flur des Hauses war niedrig, aber breit. Die Thüren, welche ich zu beiden Seiten desselben sah, waren aus glattgehobelten Brettern zusammengefügt und nicht mit einem Farbenanstriche versehen, einfache Stallthüren nach unsern Begriffen. Ganz dieselbe Einfachheit wies das Zimmer auf, in welchem ich mich nun befand. Es hatte zwei sehr kleine Fenster mit schmutzigen, halb erblindeten Scheiben, die einzigen Glastafeln, welche es im Hause gab. An der einen Wand stand ein gefirnißter Tisch. Drei rohe Stühle, welche sicherlich kein Kunsttischler zusammengefügt hatte, leisteten ihm Gesellschaft.

      In einer Ecke hing eine Hängematte. Drei der mit Kalk getünchten Wände waren vollständig kahl; an der vierten hingen verschiedene Waffen. Viel weniger anspruchslos war das Aeußere des Mannes, welcher sich bei meinem Eintritte von einem der Stühle erhob, um mich aus seinen dunklen Augen halb erstaunt und halb neugierig zu betrachten. Er war so elegant gekleidet, daß er nur zu Pferde zu steigen brauchte, um sich auf einem der berühmten Spaziergänge der Hauptstadt Mexiko bewundern lassen zu können.

      Sein Anzug bestand aus dunklem Sammet und war an allen Nähten mit goldenen Borten und Schnüren verbrämt. Sein Gürtel war durchweg aus breiten, silbernen Ringen zusammengesetzt und trug ein Messer und zwei mexikanische Pistolen, deren Griffe eine teure, eingelegte Arbeit zeigten. Der breitkrämpige Hut, welcher auf dem Tische lag, war aus den feinsten Carludovica palmata-Blättern gefertigt und von so künstlichem Geflechte, daß er sicherlich nicht unter fünfhundert Mark gekostet hatte, und die beiden Sporen an den Füßen des Haziendero trugen Räder, welche aus nordamerikanischen goldenen Zwanzigdollarstücken gezahnt worden waren.

      Einer solchen eleganten Erscheinung gegenüber mußte ich allerdings wie ein Vagabund aussehen. Darum wunderte ich mich auch gar nicht, als der Haziendero sich mit der wohlgepflegten Hand den tiefschwarzen Vollbart strich, die Brauen zusammenzog und dann, nicht wie zu mir, sondern zu sich selbst, im Tone der Verwunderung sagte:

      »Man meldet mir einen Tenedor de libros, und wer kommt da herein? Ein Mensch, der – —«

      »Der ganz wohl im stande ist, die Stelle eines Tenedor de libros auszufüllen, Don Timoteo,« unterbrach ich ihn.

      Sein aufgedunsener »Sennor Adolfo« draußen hatte grob sein können, ohne mich dadurch zu beleidigen; aber von dem Besitzer selber durfte ich keine Unhöflichkeit dulden. Darum fiel ich ihm mit diesen nachdrucksvoll betonten Worten in die Rede. Er warf in scherzhaftem Schreck den Kopf zurück, musterte mich noch einmal und meinte dann mit einem Lächeln der Belustigung:

      »Ah, man ist empfindlich. Wer und was ist man denn eigentlich?«

      Er redete mich mit dem unbestimmten Fürworte »man« an. Sollte ich mich da beleidigt zeigen? Er sah nicht wie ein Geldprotz, sondern viel eher wie ein jovialer, gut situierter Caballero aus, welcher geneigt ist, sich mit einer gewöhnlichen Person ein wenig die Zeit zu vertreiben.

      »Man ist vieles, wovon Sie keine Ahnung haben, Don Timoteo,« antwortete ich mit genau demselben Lächeln, welches er mir gezeigt hatte, »und man kann so ein bedeutender und wichtiger Mann für Sie werden, daß Sie alle Ursache haben, sich dazu, daß man zu Ihnen gekommen ist, Glück zu wünschen.«

      »Cielo!« lachte er jetzt laut. »Kommt man etwa, mir anzuzeigen, daß ich als Beherrscher von ganz Mexiko ausgerufen worden bin?«

      »Ganz das Gegenteil. Ich komme, Ihnen zu sagen, daß Sie in kurzer Zeit höchst wahrscheinlich nicht mehr der Beherrscher Ihrer kleinen Hazienda sein werden.«

      »Schön!« lachte er noch immerfort, indem er sich wieder niedersetzte und auf den zweiten Stuhl deutete. »Man setze sich! Aus welchem Grunde wollen meine paar Unterthanen mich vom Throne stoßen?«

      »Davon später. Lesen Sie zunächst einmal dieses!«

      Ich reichte ihm aus meiner Brieftasche die Legiti- Legitimationskarte, welche ich mir von dem mexikanischen Konsul in San Franzisco hatte ausstellen lassen. Als er sie gelesen hatte und mir zurückgab, war der humoristische Ausdruck seines Gesichtes verschwunden.

      »Ich habe natürlich anzunehmen, daß Sie der rechtmäßige Besitzer dieser Legitimation sind?« fragte er.

      »Natürlich! Vergleichen Sie gefälligst meine Person mit dem Signalement!«

      »Habe schon gesehen, daß es stimmt, Sennor. Aber was führt Sie zu mir? Warum lassen Sie sich als meinen Tenedor de libros anmelden?«

      »Weil Melton mir diese Stelle zugesichert hat.«

      »Davon weiß ich nichts. Ich brauche ja gar keinen Buchhalter, Die wenigen Tropfen Tinte, welche es hier auf meiner Hazienda zu verschreiben giebt, verwüste ich mit meiner eigenen Feder und mit meiner eigenen Hand.«

      »Das habe ich mir allerdings gedacht!«

      »Und dennoch sind Sie gekommen?«

      »Dennoch, und zwar mit gutem Grunde. Es ist ein so wichtiger, daß ich Sie bitten muß, Sie hinsichtlich dessen, was ich Ihnen mitteilen werde, um Ihre Verschwiegenheit zu ersuchen.«

      »Das klingt ja ganz geheimnisvoll! Ganz so, als ob eine Gefahr für mich vorhanden wäre!«

      »Ich bin allerdings überzeugt, daß so etwas im Anzuge ist.«

      »Dann sprechen Sie, bitte, schnell!«

      »Zunächst Ihr Wort, daß von dem, was ich Ihnen mitteilen werde, wenigstens für die nächste Zeit kein Dritter etwas erfährt!«

      »Ich gebe es Ihnen. Ich werde schweigen. Nun reden Sie!«

      »Melton ist von Ihnen beauftragt, Ihnen deutsche Arbeiter zuzuführen?«

      »Ja.«

      »Wer hat diese Angelegenheit eingeleitet, das heißt, von Anfang an betrieben? Sie selbst oder er?«

      »Er. Er hat mich auf die großen Vorteile aufmerksam gemacht, welche mir aus einem Engagement von deutschen Auswanderern erstehen würden, und da er sich zu gleicher Zeit anbot, alles zu besorgen, so habe ich ihm meine Vollmacht erteilt.«

      »Kannten Sie ihn so genau, daß Sie das thun konnten?«

      »Ja. Warum diese Frage?«

      »Weil ich wissen möchte, ob Sie ihn für einen ehrlichen


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