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Satan und Ischariot II. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Satan und Ischariot II - Karl May


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Euch ladet! Ihr habt doch sonst ein so zartes Gewissen, warum nicht auch?«

      »Weil ich an Euch auch nichts Zartes bemerkt habe. Selbst wenn ich mir Skrupel machen wollte, könnte ich es leicht so einrichten, daß ich mein Gewissen nicht zu beschweren brauche. Es ist ja gar nicht nötig, daß ich Euch ihm ausliefere.«

      »Gut, gut; das wollte ich wissen!« meinte er befriedigt.

      »Ich lasse Euch also laufen,« fuhr ich fort. »Im nächsten Augenblicke aber wird der Häuptling Euch beim Schopf haben.«

      »Wieso? Er ist doch Euer Gefangener! Wollt Ihr ihn etwa auch freilassen?«

      »Ja.«

      »Das geht nicht; das dürft Ihr auf keinen Fall, wenigstens nicht so schnell, nicht jetzt! Er darf erst los, wenn ich mich in Sicherheit befinde!«

      »Mäßigt Euch, Sir! Ihr habt hier nichts zu be- befehlen. Bedenkt, in welcher Lage Ihr Euch befindet. Warum sollte ich Euch freilassen und ihn nicht? Ich soll Euch freilassen, der Ihr ihm und uns ans Leben gegangen seid, und ihn festhalten, der uns nichts getan hat? Lächerlich!«

      »Für mich ist es gar nicht lächerlich, denn wenn er mit mir zugleich freikäme, würde er die Freiheit sofort dazu benutzen, sich an mir zu rächen.«

      »Dazu hat er allen Grund und alles Recht, während ich nicht den mindesten Grund oder das geringste Recht besitze, Euch gegen ihn in Schutz zu nehmen.«

      »So mag ich nicht frei sein, sondern verlange, daß Ihr mich dem Gericht ausliefert. Es ist ein Verbrechen von Euch, mich festzunehmen und mit Euch herumzuschleppen; aber ich will das gern dulden und nichts dazu sagen.«

      »Wenn Ihr so sehr überzeugt seid, daß es ein Verbrechen ist, so werde ich mich hüten, eine so schlimme Tat zu begehen, und Euch lieber loslassen.«

      »Aber vor dem Indianer?«

      »Nein, nach ihm. Bald werden die hervorragendsten seiner Krieger erscheinen, um mit mir zu beraten. Sind sie zum Frieden geneigt, so rauchen wir das Kalumet, und ich gebe ihn frei.«

      »So laßt mich jetzt los, damit ich gehen kann!«

      »Wie kann ich das tun, da ich noch gar nicht weiß, ob ich mit den Yumas einig werde! Und gerade Eure Auslieferung ist die Hauptbedingung, auf welche sie dringen werden. Gebt Euch also keine weitere Mühe! Ich werde mich zwar nicht persönlich an Euch vergreifen, aber doch dafür sorgen, daß die Vergeltung ihre starken Hände an Euch legt.«

      »So seid Ihr nicht mehr ein Mensch, sondern ein

      Teufel zu nennen! Ihr solltet und könntet Euch mit dem begnügen, was Ihr schon an uns getan habt!«

      »An uns, sagt Ihr? Wen meint Ihr da?«

      »Meinen Bruder, den Ihr ins Elend gebracht habt. Ihr habt ihn damals nach Fort Edward geschleppt!«

      »Ach, jenen Spieler, welcher in Fort Uintah einen Offizier und zwei Soldaten erschoß? Der ist Euer Bruder? Das hättet Ihr lieber verschweigen sollen, denn eine solche Verwandtschaft kann unmöglich ein Grund sein, mich zur Nachsicht zu stimmen.«

      »So nehmt die Sache doch einmal anders; dann kann sie Euch gar wohl veranlassen, bedenklich zu werden. Mein Bruder ist damals entkommen; ist das nicht auch bei mir möglich? Ihr waret damals auch überzeugt, daß man ihn festhalten werde; ebenso kann es jetzt und hier ganz anders kommen, als ihr erwartet. Denkt daran, daß mein Bruder schon nur um seinetwillen den grimmigsten Haß gegen Euch haben muß! Wenn er erfährt, wie Ihr Euch nun auch gegen mich verhaltet, so wird er nicht eher ruhen, als bis er sich und mich gerächt hat.«

      »Ich fürchte seine Rache nicht; er ist verschwunden und verschollen.«

      »Scheinbar! Er ist noch immer hier.«

      »Wo?«

      »Das habe ich Euch natürlich nicht zu sagen. Wo er sich befindet, weiß zwischen den Eskimos und den Feuerländern kein Mensch, als nur ich allein.«

      »Noch zwei andere wissen es.«

      »Wer wären diese?«

      »Ich und Euer Neffe Jonathan.«

      »Jon – —« er brachte nur die erste Silbe dieses Namens hervor, stierte mir eine ganze, lange Minute in das Gesicht und fuhr dann stockend fort:

      »Wer hat – — Euch gesagt – — daß ich – — einen – — Neffen habe?«

      »Das ist gleichgültig; aber Ihr erseht daraus, daß es mit meiner Allwissenheit denn doch wohl besser steht, als Ihr dachtet. Eine Familie, wie die Eurige ist, behält man gern im Auge, um sich und andere vor Schaden zu bewahren.«

      »Ihr wollt nur wichtig tun! Wenn Ihr nicht lügt, so sagt mir doch einmal, wo sich mein Bruder befindet4

      »Jenseits des mittelländischen Meeres.«

      »Des mittel – — ländischen? Was wollt Ihr damit sagen?«

      »Daß Ihr Euren Bruder aus dem Oriente holen müßtet, wenn er Euch helfen oder sich überhaupt an mir rächen sollte. Doch fällt mir dabei ein, daß es gar nicht nötig ist, daß Ihr ihn selbst holt. Euer Jonathan will ja nach dem Oriente; dem könnt Ihr den Auftrag mitgeben.«

      »Jonathan – nach dem Oriente? Es träumt Euch wohl?«

      »Möglich! Nebenbei träume ich auch noch von einem gewissen Small Hunter, welcher sich mit türkischer und arabischer Grammatik beschäftigt und in naher Zeit mit einigen Checks seines geizigen Vaters über den Ocean dampfen will. Vielleicht findet sich der junge Master mit Eurem Neffen zusammen. Solche Zufälle sind ja nicht nur möglich, sondern kommen wirklich vor.«

      Da gab es ihm einen Ruck, als ob er völlig aufspringen wolle, woran ihn aber die Fesseln hinderten; dann spuckte er mich wieder an und schrie, im höchsten Grade erbost:

      »In dir stecken mehr als hundert Teufel. Mag dich die Hölle verschlingen!«

      Dann warf er sich wieder nieder und drehte sich auf die Seite, um mich nicht ferner sehen zu müssen. Ich kehrte an meinen Platz zurück.

      Wir waren von Almaden bis zu der Stelle, an welcher wir lagen, zwar länger unterwegs gewesen, doch nur infolge davon, daß wir uns erst südwärts gewendet hatten; wir befanden uns in Wahrheit jetzt nur eine Wegstunde von dem Lager der Yumas entfernt. Ich nahm an, daß der Mimbrenjo mit seinem guten Pferde nur eine Viertelstunde gebraucht hatte, um die Strecke zurückzulegen; eine halbe Stunde rechnete ich auf seine Besprechungen dort; er konnte also nach Verlauf einer Stunde wieder zurück sein, wenn er den Yumas voranritt, denn zu führen brauchte er sie nicht, da sie infolge seiner Fährte uns leicht finden konnten. Sie hatten keine Pferde bei sich und mußten also gehen; darum konnten sie nicht eher als sieben Viertelstunden nach dem Aufbruche des Mimbrenjo bei uns sein.

      Die Stunde verging, ohne daß dieser sich sehen ließ; ich glaubte infolgedessen, daß er nicht eher kommen werde, sondern als Führer bei ihnen geblieben sei, hatte mich in Beziehung auf die Zeit auch nicht verrechnet, denn als nicht viel mehr an der zweiten Stunde fehlte, sahen wir fünf oder sechs Fußgänger von Norden her auf uns zukommen. Es waren die Indianer; aber der Mimbrenjo befand sich nicht bei ihnen. Warum kam er nicht? Wo war er geblieben? Ich war wirklich gespannt, dies zu erfahren.

      Es war augenscheinlich, daß sie der Spur folgten, welche er bei seinem Hinritte verursacht hatte, denn sie gingen in gebückter Haltung und hielten die Augen zu Boden gerichtet. Als sie nahe genug gekommen waren, richtete sich die »listige Schlange« auf, und ich tat ebenso; da sahen sie uns und kamen nun schneller herbei. Sie waren bewaffnet, ganz gegen den Befehl ihres Häuptlings, legten aber in einer Entfernung von vielleicht zweihundert Schritten ihre Messer, Bogen, Pfeile und Lanzen nieder und kamen dann vollends heran. Sie hatten die Waffen doch mitgenommen, aber nicht aus Hinterlist, sondern weil sie unterwegs infolge irgend eines Umstandes in die Lage kommen konnten, dieselben zu brauchen.

      Sie taten so, als ob sie nicht sähen, daß der »listigen Schlange« die Hände gebunden waren; sie wollten ihn möglichst wenig in Verlegenheit bringen, betrachteten mich mit großen, achtungsvollen Blicken, die keine Spur von zudringlicher Neugierde besaßen, und nahmen die Gruppe der Deutschen kurz in Augenschein; aber Melton schienen sie gar nicht zu sehen.


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