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Satan und Ischariot III. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Satan und Ischariot III - Karl May


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Menschen, welche man eingesperrt hatte, weil sie feige Diebe und Betrüger waren. Damit man sie von tapfern und ehrlichen Leuten unterscheiden konnte, wurden ihnen die Haare vom Kopfe geschoren. Ich halte mein Wort, indem ich dich gehen lasse, aber zur Unterscheidung von diesen kühnen und ehrlichen Männern sollst du vorher das Haar verlieren. Nehmt es ihm mit euern Messern vom Kopfe!«

      »Mein Haar? Mein – —«

      »Schweig, Kröte, sonst nehme ich dir nicht nur das Haar, sondern das Leben!« donnerte ihn der Häuptling an.

      Freiwillig gehorchte Melton dem Befehle nicht; er schrie und zeterte vielmehr aus Leibeskräften, doch half ihm das gar nichts. Er wurde niedergerissen und von zehn, zwölf nervigen, roten Fäusten festgehalten, worauf ein alter Komantsche ihm das Haar mit dem Bowiemesser herunterschabte. Dies kalte und trockene Rasieren schien, nach den Gesichtern zu schließen, die er schnitt, und nach dem Heulen, welches er hören ließ, weder sehr gefühlvoll vorgenommen zu werden, noch überhaupt etwas sehr Entzückendes zu sein.

      Als der Kopf vollständig kahl war, wurde er losgelassen, sprang auf und retirierte hinter den Wagen. Jetzt wendete sich der Häuptling an die Jüdin, welche eben auch hinter dem Wagen verschwinden wollte:

      »Halt, bleib! Der weiße Krieger Old Shatterhand wurde dein Anbeter genannt. Ist er es gewesen?«

      »Ja,« antwortete sie, ohne die Augen niederzuschlagen.

      »Du hast ihn abgewiesen und bist lieber mit dem Manne fortgegangen, der da hinter dem Wagen steckt? Bist du das Weib desselben?«

      »Noch nicht.«

      »Ein rotes Mädchen würde niemals mit einem Manne eine solche Reise machen, dessen Squaw sie nicht ist. Und deine Zunge ist nicht eine Zunge, sondern ein Schlangenzahn, welcher Gift ausspritzt. Tausend rote Squaws und Mädchen würden ja sagen, wenn Old Shatterhand sie begehrte; eine solche Pflanze, wie du bist, wird er nie begehren. Du hast gelogen. Gestehe es!«

      »Ja,« gestand sie kleinlaut.

      »Und wider die Wahrheit spritzest du Gift gegen einen berühmten Krieger, den nur anzuschauen du nicht würdig bist! Du gleichest innerlich dem, mit dem du fahren willst, und sollst ihm auch äußerlich gleichen. Du hast einen großen Krieger beleidigt, der zu stolz war, sich mit einem Worte gegen ein Weib zu verteidigen. Nehmt auch ihr das Haar vom Kopfe! Dann mögen die beiden Kröten dahinfahren, wohin sie wollen!«

      Da erhob die schöne Judith ein Geschrei, welches mich veranlaßte, den Häuptling schnell zu bitten:

      »Avat-Uh ist ein tapferer Mann und großer Krieger; die Squaw ist nicht wert, daß er an sie denkt. Er mag ihr das Haar lassen und sich stolz von ihr und ihrem Gefährten wenden.«

      Da warf er mir einen zornigen Blick zu und antwortete:

      »Wer giebt Old Shatterhand das Recht, einen Befehl des »großen Pfeiles« zu verbessern? Ein Häuptling und Krieger muß stets wissen, was er redet und thut, und darf nie ein Wort, welches er gesprochen hat, zurücknehmen. Es bleibt dabei. Man nehme auch ihr das Haar!«

      Ich hatte gethan, was ich in meiner hilflosen Lage vermochte, und wendete mich ab, um wenigstens nicht zu sehen, was ich leider hören mußte. Judith schien sich aus allen Kräften zu wehren; sie brüllte, als ob sie gespießt werden sollte. Als sie ruhig war, drehte ich mich wieder um, konnte sie aber nicht sehen, weil sie sich in die Kutsche geflüchtet hatte. Hinter derselben klang jetzt die Stimme Meltons hervor:

      »Der »große Pfeil« mag mir noch einmal sagen, ob er sein Wort halten und die drei Gefangenen wirklich töten wird!«

      »Ich halte mein Wort; sie werden morgen eingemauert,« antwortete der Häuptling. »Nun aber mag das feige Bleichgesicht mit seiner Squaw, die nicht seine Squaw ist, dafür sorgen, daß wir sie nicht länger sehen, sonst nehmen wir ihnen noch mehr als das Haar allein!«

      Die Pferde wurden eiligst vorgespannt, die überflüssigen hinten angehängt; die beiden Kutscher sprangen auf den Bock, Melton stieg zu seiner Judith ein; dann setzte sich das Gefährt in Bewegung. Der Mensch, den wir drüben in Afrika und hier hüben gejagt hatten, entkam abermals, und wir sollten – lebendig begraben werden!

      Wir waren abgestiegen und lagerten im Grase. Die Komantschen hatten heute noch nichts genossen; sie sollten hier essen, ehe der Ritt nach dem Todesthale begonnen wurde.

      Es fiel mir nicht ein, die Hoffnung aufzugeben. Auf Gnade konnten wir freilich nicht rechnen; aber das uns bestimmte Schicksal sollte uns erst morgen werden, und bis dahin hatten wir wenigstens noch zwanzig Stunden Zeit. Und was kann in zwanzig Stunden alles geschehen!

      Von außen her rechnete ich freilich auf keine Hilfe. Wir mußten uns selbst helfen. Aber wie?

      Zunächst lag für uns eine Beruhigung in dem Umstande, daß man uns nicht unnötig vorher quälen zu wollen schien. Der Häuptling hatte gesagt und auch bewiesen, daß er uns achtete. Mehr konnten wir zunächst nicht verlangen.

      Auch wir bekamen zu essen. Es gab Fleisch, und die Portionen, welche wir erhielten, waren so groß wie diejenigen der Komantschen. Da man uns nicht wie Kinder füttern wollte, mußten wir selbst essen, und damit das möglich war, wurden uns die Hände nach vorn frei gegeben, dafür aber die Füße fest zusammengebunden. Natürlich wurde während dieser kurzen Zeit jede unserer Bewegungen scharf beobachtet. Dann wurden uns die Hände wieder auf den Rücken zusammengebunden.

      Dabei bemerkte ich, daß Emery, als er die Hände nach hinten legte, eine eigentümliche, wie horchende Miene machte. Er sah, daß ich das beobachtete, und sagte in deutscher Sprache:

      »Du sahst wohl, daß ich genau aufpaßte?«

      »Ja. Eigentlich hätte ich dies aber nicht bemerken sollen, weil es die Roten ebenso leicht sehen können; sie würden dann ebenso gut ahnen, wie ich es geahnt habe, daß du irgend eine geheime Absicht hast.«

      Da wendete sich derjenige Komantsche, welcher uns am nächsten saß, an den Häuptling und sagte diesem:

      »Die beiden Bleichgesichter sprechen in einer Sprache miteinander, welche ich nicht verstehe.«

      »Old Shatterhand mag sagen, was für eine es ist.«

      »Es ist die Sprache meines Landes und Volkes.«

      »Wo liegt das Land deiner Vorfahren?«

      »Ueber dem großen östlichen Meere drüben.«

      »Das ist doch England!«

      »Nein; mein Vaterland liegt noch viel weiter im Osten.«

      »Hat dein Volk Todeslieder, wie wir roten Krieger sie haben?«

      »Ja, Sterbelieder und Sterbegebete zum großen Manitou.«

      »In eurer eignen Sprache?«

      »Ja.«

      Da erhob er seine Stimme, daß alle es hören konnten, und sagte:

      »Wenn ein tapfrer Krieger den Tod nahen sieht, so rüstet er sich darauf. Er gedenkt seiner Thaten und preist sie in der Weise seines Volkes. Die beiden Bleichgesichter sind tapfre Krieger; sie werden sterben und müssen von ihren Thaten in der Sprache ihres Volkes sprechen. Wir dürfen sie töten, aber ihre Seelen müssen wir ihnen lassen, damit die »starke Hand« von ihnen in den ewigen Jagdgründen bedient werden kann. Stören wir sie also nicht, wenn sie in der Sprache ihres Volkes miteinander sprechen!«

      Das war denn doch eine große Nachsicht von einem, den ich für unnachsichtig gehalten hatte, eine Nachsicht freilich, welche nur die Folge seiner religiösen Anschauungen war. Nun konnte ich mich mit Emery nach Belieben unterhalten. Wir zeigten dabei so tiefernste Gesichter, als ob wir von nichts als dem uns bevorstehenden Tode sprächen.

      »Also,« fragte ich, »woran dachtest du vorhin, als mir dein Gesicht so auffiel?«

      »An ein Kunststück, welches ich einigemale gesehen und dann auch nachgemacht habe. Es heißt »Der gefesselte Hexenmeister«, und ich kam auf den Gedanken, ob es vielleicht möglich sei, es hier an den Mann zu bringen.«

      »Hm! Bilde dir nicht ein, die Leute hier durch irgend einen Hokuspokus zu täuschen!«

      »Es ist nicht ein Hokuspokus, sondern


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