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Von Bagdad nach Stambul. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Von Bagdad nach Stambul - Karl May


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Trotz des Kohlenüberzuges, hinter dem sich seine eigentliche kurdische Oberhaut verbarg, sah ich doch, daß ein tiefer Schreck über seine Physiognomie zuckte.

      »Sind es Kurden?« fragte er besorgt.

      Ah, jetzt hatte ich ihn doch so weit, daß er freiwillig redete. Als ich seine Frage verneinte, fuhr er fort:

      »Was sind sie denn?«

      »Wir sind drei Araber und zwei Christen.«

      Er blickte mich groß an.

      »Christen! Was ist das?«

      »Das werde ich dir später erklären, denn wir werden diese Nacht bei dir bleiben.«

      Jetzt erschrak er noch viel mehr als vorher.

      »Herr, tut dies nicht!«

      »Warum nicht?«

      »Es wohnen böse Geister im Gebirge!«

      »Das ist uns lieb, denn wir wollen gerne einmal Geister sehen.«

      »Es regnet auch zuweilen!«

      »Das Wasser wird dir gar nichts schaden.«

      »Dabei donnert es manchmal!«

      »Das gehört dazu.«

      »Es sind Bären hier.«

      »Wir essen gerne den Schinken derselben.«

      »Es kommen oft Räuber in die Berge!«

      »Die schießen wir tot.«

      Endlich, als er bemerkte, daß keine Ausrede verfing, kam er mit der Wahrheit zum Vorschein; er sagte in bittendem Tone:

      »Herr, ich fürchte mich vor euch!«

      »Das hast du nicht nötig. Wir sind keine Räuber und Mörder. Wir wollen hier an deinem Hause schlafen und werden morgen weiter ziehen. Dafür, daß du es erlaubst, sollst du einen silbernen Piaster erhalten.«

      »Einen silbernen? Einen ganzen?« fragte er erstaunt.

      »Ja, oder auch zwei, wenn du freundlich bist.«

      »Herr, ich bin sehr freundlich!«

      Bei dieser Versicherung lachte alles an dem Kerl: die Augen, der Mund, den ich erst jetzt bemerkte, die Nase und die Hände, welche ganz vergnügt zusammenklappten. Es war wirklich außerordentlich, was dieser edle Bannahkurde für einen Bartwuchs besaß. Ich hatte so etwas fast noch gar nicht gesehen. Er hätte getrost mit der Pastrana reisen können. Seine Freude schien auch seinen Hund anzustecken, denn dieser zog den Schwanz behutsam hervor und versuchte ein verschämtes Wedeln, wobei er mit der Pfote spielend nach meinem Dojan langte, der ihn aber so wenig zu bemerken schien, wie der Großmogul einen Kaminkehrerjungen.

      »Bist du in den Bergen gut bekannt?« setzte ich meine Erkundigung fort.

      »Ja, überall!«

      »Kennst du den Berozieh-Fluß?«

      »Ja, er ist die Grenze.«

      »Wie weit läufst du bis zu ihm?«

      »Einen halben Tag.«

      »Kennst du Banna?«

      »Ich bin des Jahres zweimal dort.«

      Er kannte auch Amehdabad und Bayendereh.

      »Aber wo Bistan liegt, das weißt du nicht?« hob ich wieder an.

      »Ich weiß es sehr genau, denn mein Bruder ist dort.«

      »Mußt du alle Tage arbeiten?«

      »Ich arbeite, wie es mir gefällt!« antwortete er stolz.

      »So kannst du nach Belieben von hier weg?«

      »Herr, ich weiß nicht, warum du so fragst!«

      Dieser Pfahlbautenmann war vorsichtig; das gefiel mir von ihm.

      »Ich will dir sagen, warum ich frage,« antwortete ich ihm. »Wir sind hier fremd und kennen die Wege durch die Berge nicht; darum brauchen wir einen ehrlichen Mann, der uns führt. Wir geben ihm dafür alle Tage zwei Piaster.«

      »O Herr, ist dies wahr? Ich bekomme alle Jahre zehn Piaster und Mehl und Salz. Soll ich euch führen?«

      »Wir wollen dich heute erst kennen lernen. Wenn wir mit dir zufrieden sind, so wirst du dir mehr Geld verdienen, als du sonst in einem Jahre hast.«

      »Rufe diese Männer herbei! Ich will ihnen Mehl geben und Salz und einen Topf zum Backen; auch Wild habe ich, soviel ihr wollt, und Gras sollen eure Pferde haben, soviel sie fressen können. Da oben ist eine Quelle, und euer Lager werde ich so weich machen, wie den Diwan einer Sultana Valide!«

      Dieser brave Allo war auf einmal ganz und gar umgewandelt – »und das hat mit seinem Klingen nur der Piaster getan!«

      Ich winkte die Gefährten herbei, welche durch unsere lange Unterredung hart auf die Probe gestellt worden waren. Sie beeilten sich darum und waren über den Anblick des Köhlers nicht weniger erstaunt, als ich vorher. Besonders der Engländer schien vor Verwunderung sprachlos; doch auch der Bannah bewunderte die Nase Master Lindsays mit einer Miene, die an Wahrheit des Ausdruckes nichts zu wünschen übrig ließ. Endlich kam dem Englishman die Sprache wieder:

      »Pfui Teufel!« rief er. »Wer ist das? Ein Gorilla?«

      »Nein, sondern ein Kurde vom Stamme der Bannah.«

      »O weh! Wasch dich!« brüllte er den armen Kerl an; da aber dieser sein Englisch nicht verstand, so blieb es mit der Kohle einstweilen noch beim alten. Mittlerweile waren die Pferde angepflockt und die Decken auf dem Moose ausgebreitet. Wir setzten uns nieder, und ich gab Mohammed die nötige Auskunft über den Köhler, der unser Führer sein wolle. Wir beschlossen, ihn scharf zu beobachten.

      Dieser schleppte jetzt aus der Hütte einen Sack groben Mehles und brachte dann ein Tongefäß voll Salz. Hierauf folgte ein Topf, der Jahre hindurch mysteriösen Zwecken gedient zu haben schien. Sodann öffnete er eine kleine Grube hinter dem Hause. Sie war mit Steinen ausgekleidet und enthielt seinen Fleischvorrat, der in zwei Hasen und einem bereits »angespeisten« Rehe bestand. Nun konnten wir wählen. Wir entschieden uns für das Reh. Es wurde an dem Wasser gehörig ab- und ausgespült; dann machten wir ein Feuer nebst Bratspießvorrichtung, und während Halef die Pferde tränkte und der Kurde mit seinem langen Messer Futter für sie schnitt, gab ich mich der so viel Aufmerksamkeit erheischenden, aber auch lohnenden Beschäftigung des Bratspießdrehens hin.

      »Schmutziger Kerl!« brummte der Engländer; »aber auch fleißig. Schade!«

      »Warum schade?«

      »Miserabler Topf! Yes! Wäre so schön gewesen, wenn Topf reinlicher wäre. Könnte so schön darin braten!«

      »Aber was denn, zum Kuckuck?«

      »Pudding.«

      »Pudding? Ah! Wie kommt Ihr auf einmal auf Pudding, Sir?«

      »Hm! Bin ich nicht Englishman?«

      »Allerdings. Aber sagt mir doch um aller Welt willen, was für einen Pudding Ihr hier backen wolltet?«

      »Irgend einen. Yes!«

      »Ich kenne über zwanzig Puddingarten, aber keine einzige, die wir hier bereiten könnten.«

      »Ah! Oh! Warum?«

      »Weil alles fehlt.«

      »Alles? O, no! Haben Reh, Mehl, Salz – alles!«

      »Reh, Mehl, Salz – alles! Schön, Sir, ich werde mir dieses köstliche Rezept merken! Was man sonst zum Fleischpudding zu brauchen pflegt: Speck, Eier, Zwiebel, Pfeffer, Zitrone, Petersilie, Senf-Sauce, verdirbt nur das Gericht.«

      »So ist es! Well!«

      Er erhielt statt seines Pudding ein tüchtiges Stück Rehkeule, von dem er auch nichts übrig ließ. Als ich den Braten zu zerlegen begann, stand der Kurde an der Ecke seines Häuschens und leckte sehnsüchtig den Ruß von seinen Fingern.

      »Komm her, Allo, und iß mit!« lud ich ihn ein.

      Im Nu hatte ich ihn an meiner Seite, und ich sah es ihm an, daß wir von


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