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Durch die Wüste. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Durch die Wüste - Karl May


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ich sie retten werde.«

      »Effendi, ich liebe dich; dir gehört mein Leben! Er hat sie geraubt und entführt. Er hat sie durch Betrug an sich gerissen. Komm, Effendi, wir wollen gehen. Ich muß wenigstens das Haus sehen, in welchem sie gefangen gehalten wird!«

      »Du wirst hier bleiben! Ich gehe morgen wieder hin zu ihr und – — —«

      »Ich gehe mit, Sihdi!«

      »Du bleibst hier! Kennt sie den Ring, welchen du am Finger trägst?«

      »Sie kennt ihn sehr gut.«

      »Willst du mir ihn anvertrauen?«

      »Gern. Aber wozu?«

      »Ich spreche morgen wieder mit ihr und werde es so einzurichten wissen, daß sie den Ring zu sehen bekommt.«

      »Sihdi, das ist vortrefflich! Sie wird sogleich ahnen, daß ich in der Nähe bin. Aber dann?«

      »Erzähle du zunächst das, was ich wissen muß.«

      »Du sollst alles erfahren, Herr. Unser Geschäft ist eines der größten in Istambul; ich bin der einzige Sohn meines Vaters, und während er den Bazar verwaltet und die Diener beaufsichtigt, habe ich die notwendigen Reisen zu unternehmen. Ich war sehr oft auch in Scutari und sah Senitza, als sie mit einer Freundin auf dem See spazieren fuhr. – Ich sah sie später wieder. Ihr Vater wohnt nicht in Scutari, sondern auf den schwarzen Bergen; sie kam aber zuweilen herunter, um die Freundin zu besuchen. Als ich vor zwei Monaten wieder an jenen See reiste, war die Freundin mit ihrem Manne verschwunden, und Senitza dazu!«

      »Wohin?«

      »Niemand wußte es.«

      »Auch ihre Eltern nicht?«

      »Nein. Ihr Vater, der tapfere Osco, hat die Czernagora verlassen, um nach seinem Kinde zu suchen, so weit die Erde reicht; ich aber mußte nach Aegypten, um Einkäufe zu machen. Auf dem Nile begegnete ich einem Dampfboote, welches aufwärts fuhr. Als der Sandal[26], auf welchem ich war, an ihm vorüberlenkte, hörte ich drüben meinen Namen nennen. Ich blickte hinüber und erkannte Senitza, welche den Schleier vom Gesicht genommen hatte. Neben ihr stand ein schöner, finsterer Mann, der ihr den Jaschmak sofort wieder überwarf – weiter sah ich nichts. Seit dieser Stunde habe ich ihre Spur verfolgt.«

      »Du weißt also nicht genau, ob sie ihre Heimat freiwillig oder gezwungen verlassen hat?«

      »Freiwillig nicht.«

      »Kanntest du den Mann, der neben ihr stand?«

      »Nein.«

      »Das ist wunderbar! Oder hast du dich in der Person geirrt? Vielleicht ist es eine andere gewesen, die ihr ähnlich sieht.«

      »Hätte sie dann gerufen und die Hände nach mir ausgestreckt, Effendi?«

      »Das ist wahr.«

      »Sihdi, du hast ihr versprochen, sie zu retten?«

      »Ja.«

      »Wirst du dein Wort halten?«

      »Ich halte es, wenn sie es wirklich ist.«

      »Du willst mich nicht mitnehmen. Wie kannst du da erkennen, ob sie es ist?«

      »Dein Ring wird mir die Ueberzeugung geben.«

      »Und wie wirst du sie aus dem Hause bringen?«

      »Indem ich dir sage, auf welche Weise du sie holen kannst.«

      »Ich werde sie holen, darauf kannst du dich verlassen.«

      »Und dann? Hassan el Reisahn, wärest du bereit, sie in deiner Dahabië aufzunehmen?«

      »Ich bin bereit, obgleich ich den Mann nicht kenne, bei dem sie sich befindet.«

      »Er nennt sich Mamur, wie ich dir gesagt habe.«

      »Wenn er wirklich ein Mamur, der Beherrscher einer Provinz, gewesen ist, so ist er mächtig genug, uns zu verderben, wenn er uns ergreift,« meinte der Kapitän mit ernster Miene. »Eine Entführung wird mit dem Tode bestraft. Mein Freund Kara Ben Nemsi, du wirst morgen sehr klug und vorsichtig handeln müssen.«

      Was mich selbst betraf, so dachte ich weniger an die Gefahr als vielmehr an das Abenteuer selbst. Natürlich stand es fest, daß ich keine Hand rühren würde, wenn Abrahim-Mamur ein wirkliches Recht auf die Kranke geltend machen könnte.

      Wir besprachen uns noch lange über das bevorstehende Ereignis und trennten uns dann, um schlafen zu gehen, doch war ich überzeugt, daß Isla keine Ruhe finden werde.

      Viertes Kapitel: Eine Entfuehrung

      Da es sehr spät geworden war, als wir schlafen gingen, so wunderte ich mich nicht darüber, daß ich am andern Morgen auch sehr spät erwachte. Ich hätte vielleicht noch länger fortgeschlafen, wenn ich nicht durch den Gesang des Barbiers erweckt worden wäre. Dieser lehnte draußen am Eingangstore und schien mir zu Ehren seinen ganzen Vorrat an deutschen Liedern erschöpfen zu wollen.

      Ich ließ den Sänger hereinkommen, um mich ein Weilchen mit ihm zu unterhalten, und fand in ihm einen recht gutmütigen aber leichtsinnigen Burschen, den ich trotz aller Landsmannschaft sicherlich nicht mit meinem braven Halef vertauscht hätte. Ich ahnte damals nicht, unter was für bösen Verhältnissen ich später mit ihm zusammentreffen würde.

      Am Vormittage besuchte ich den Abu el Reïsahn auf seinem Schiffe, und als ich kaum das Mittagsmahl verzehrt hatte, erschien das Boot, welches mich abholen sollte. Halef hatte schon längst fleißigen Ausguck nach demselben gehalten.

      »Effendi, fahre ich mit?« fragte er.

      Ich schüttelte mit dem Kopfe und antwortete scherzend:

      »Heute brauche ich dich nicht.«

      »Wie? Du brauchst mich nicht?«

      »Nein.«

      »Wenn dir nun etwas begegnet!«

      »Was soll mir begegnen?«

      »Du kannst in das Wasser fallen.«

      »So schwimme ich.«

      »Oder Abrahim-Mamur kann dich töten. Ich habe es ihm angesehen, daß er dein Freund nicht ist.«

      »So könntest du mir auch nicht helfen.«

      »Nicht? Sihdi, Halef Agha ist der Mann, auf den du dich allzeit verlassen kannst!«

      »So komm!«

      Es war ihm natürlich sehr um sein Backschisch[27] zu tun.

      Der Weg wurde ganz in derselben Weise zurückgelegt, doch war ich heute natürlich aufmerksamer auf alles, was mir von Nutzen sein konnte. Im Garten, den wir durchschreiten mußten, lagen mehrere starke und ziemlich lange Stangen. Sowohl das Außen— wie auch das Innentor wurden immer mit breiten, hölzernen Riegeln verschlossen, deren Konstruktion ich mir genau merkte. Einen Hund sah ich nirgends, und von dem Bootssteurer erfuhr ich, daß außer dem Herrn, der Kranken und einer alten Wärterin elf Fellahs zu dem Hause gehörten und nachts auch in demselben schliefen. Der Herr selbst schlief auf dem Diwan seines Selamlück.

      Als ich dort eintrat, kam er mir mit einer sichtlich freundlicheren Miene entgegen, als diejenige war, mit welcher er mich gestern entlassen hatte.

      »Sei mir willkommen, Effendi! Du bist ein großer Arzt.«

      »So!«

      »Sie hat bereits gestern schon gegessen.«

      »Ah!«

      »Sie hat mit der Wärterin gesprochen.«

      »Freundlich?«

      »Freundlich und viel.«

      »Das ist gut. Vielleicht ist sie bereits in weniger als fünf Tagen vollständig gesund.«

      »Und heute früh hat sie sogar ein wenig gesungen.«

      »Das ist noch besser. Ist sie schon lange dein Weib?«

      Sogleich verfinsterte sich sein Gesicht.

      »Die


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<p>26</p>

Kleines Segelschiff.

<p>27</p>

Trinkgeld.

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