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Scepter und Hammer. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Scepter und Hammer - Karl May


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Ihrem Herrn Vater, dem König, erzählt. Er hat ein gar scharfes Auge für die Politik und wäre wohl auch als Offizier an seinem Platze. Die Majestät verkehrt sehr viel in der Hofschmiede und hat immer verlangt, daß er Dienst nehmen soll; aber er hat niemals gewollt.«

      »So kennt er mich?«

      »Nein; er hat Sie noch nie gesehen; aber den Herrn General hier kennt er.«

      »So hat er auch von mir gesprochen?« frug dieser mit beinahe wegwerfender Belustigung.

      »Sehr oft!«

      »Doch auch nur Gutes und Löbliches, wie ich wohl erwarten darf?«

      Sie zögerte einen Augenblick; dann antwortete sie:

      »Ja, Gutes, denn er hat erzählt, daß der Herzog von Raumburg, Ihr Vater, einst unser König wird, wenn der jetzige stirbt, der keine Kinder hat. Aber sagen muß ich Ihnen doch, daß die Gevatterschaft damals keine Bettelei war. Der König und der Lord haben sich ja beide selbst angeboten, und der Hofschmied hat gehorchen müssen; aber darauf hat er bestanden, daß ich dabei sein müsse, und das ist den hohen Herren auch ganz recht gewesen. Unsere Majestät ist eben ein sehr lieber Herr, der nur das Beste seiner Unterthanen will und Alle seine Kinder nennt. Gott gebe es, daß es später nicht anders wird.!«

      Der General schien zu einem scharfen Worte bereit, hielt es aber zurück, da eine fremdartige Erscheinung sich der Schmiede näherte und die Anwesenden grüßte.

      Es war eine alte Frau. Sie ging vollständig barfuß, trug einen einzigen Rock von grellrother Farbe, um die Schultern einen gelben, arg beschmutzten Überwurf und hatte ein blaues Tuch turbanartig um den Kopf geschlungen. Ihr Teint war tiefbraun; zahlreiche Runzeln durchfurchten ihr Gesicht, in welchem eine scharfe Nase über einem spitzen Kinne thronte, und ihre Gestalt lag gebeugt auf dem Stocke, auf den sie die beiden Hände stützte. Als Nordländerin hätte man sie über sechzig Jahre alt schätzen hatte.

      Sie zeigte bei dem Anblicke des Offiziers nicht die mindeste Verlegenheit. Ihn und die Anderen mit scharfem Auge musternd, grüßte sie mit einer beinahe stolzen Handbewegung und frug:

      »Hat der goldige Herr eine kleine Gabe übrig für Zarba, die Zigeunerin?«

      Er warf höchst indignirt den Kopf zurück.

      »Geh! Ihr und das Betteln seid im Land verboten.«

      Sie trat ihm um einen Schritt näher und bohrte den scharfen Blick ihres großen, dunklen Auges forschend in sein Gesicht.

      »Wie? Der Herr Offizier heißt mich gehen? Gab es nicht eine Zeit, in welcher Zarba, die Vajdzina ihres Stammes, selbst Fürsten willkommen war? Ich kenne Dein Gesicht und Deine kalten Augen, denen nur der Stolz und Hochmuth ein Leben gibt. Du bist der Sohn eines Herzogs und trachtest nach Scepter und Krone. Aber Du hast die Zingaritta von Dir gewiesen, und so wird Dein Aufgang sein wie der Tritt des Elephanten, der Alles zermalmt, Dein Ende aber wie der Tod des Wildes, das im finstern Dickicht stirbt, einsam, verlassen und vom Blute triefend!«

      Sie hatte sich gerade emporgerichtet, so hoch ihre Gestalt es erlaubte. Die Rechte auf den Stock gestützt, hielt sie die Linke wie beschwörend in die Höhe. Ihre Augen leuchteten, die Falten ihres Gesichtes hatten sich geglättet, und ihre Worte drangen zischend durch die elfenbeinernen Zähne, welche zwischen den dünnen, zusammengeschrumpften Lippen hervorglänzten. Bei all ihrer jetzigen Häßlichkeit ließ sich vermuthen, daß sie früher wohl ein schönes Mädchen gewesen sei.

      Der Prinz war aufgesprungen. Auch sein Auge blitzte. Von Wuth übermannt ergriff er sie beim Arme.

      »Weib, Hexe, soll ich Dich zermalmen?«

      Auch die Prinzessin hatte sich erhoben. Ihr milder, verwunderter Blick traf sein Auge. Er nahm die Hand von der Zigeunerin und wandte sich zur Schmiedin.

      »Schicken Sie sofort Ihren Lehrling nach der Polizei. Diese Landstreicherin wird arretirt!«

      In diesem Augenblicke trat Doktor Brandauer aus der Schmiede, den großen Zuschlagehammer in der Hand. Die Zigeunerin sah ihn; ihr Auge schien dreifache Schärfe zu gewinnen, und über ihr erregtes Gesicht glitt ein Zug der Überraschung. Mit zwei raschen Schritten stand sie vor ihm.

      »Du bist Max, der Sohn aus der Hofschmiede?«

      »Ja,« antwortete er verwundert.

      »Ich bin Zarba, die Zingaritta.«

      »Zarba? Ists möglich!« rief er, während die freudigste Überraschung sein offenes Gesicht erhellte. »Endlich, endlich wird unser größter Wunsch erfüllt. Du mußt mit zum Vater!«

      »Zarba darf Dir nicht folgen.«

      »Warum nicht?«

      »Sie soll arretirt werden.«

      »Warum?«

      »Weil sie den hohen Herrn in die Zukunft blicken ließ.«

      »Der Herr General wird Dich nicht arretiren lassen. Du gehst mit mir!«

      Diese Worte wurden mit einer Bestimmtheit gesprochen, von welcher sich der Prinz beleidigt fühlte.

      »Oho!« meinte er. »Ich habe die Arretur befohlen und werde mir Gehorsam zu verschaffen wissen!«

      Den schweren, eisernen Hammer wie federleicht in der Hand schwingend, blickte ihm Brandauer lächelnd in das Angesicht.

      »Durchlaucht, ich bitte unterthänigst, diese Frau freizugeben.«

      »Ich habe keine Veranlassung, meinen Befehl zurückzunehmen.«

      »Und ich erbat aus Höflichkeit, was ich nicht zu erbitten brauchte. Es hat hier Niemand Veranlassung, Ihren Befehlen Gehorsam zu leisten. Wir gehören weder zur Polizei noch zu Ihrer Dienerschaft, und Zarba steht unter meinem ganz besonderen Schutze. Wollen Sie mich zwingen, sie Ihnen zu entziehen, ohne die Reparatur vollendet zu haben?«

      »Wir werden uns eines anderen Wagens bedienen!«

      Da trat die Prinzessin zu dem Doktor.

      »Herr Doktor, vollenden Sie das Begonnene. Asta von Süderland bittet Sie darum!«

      Ein Blitz seines Auges leuchtete an ihr empor.

      »Königliche Hoheit, dieser Wunsch ist mir allerdings Befehl. Ich lasse mich von keinem Herrscher kommandiren; aus solchem Munde aber genügt ein Wort, mich zu willfährigsten Ihrer Diener zu machen. Zarba, geh in die Stube, und warte, bis ich fertig bin!« glänzte.

      »Das Volk der Brinjaaren und Lampadaaren hat Indien verlassen, weil Bhowannie, die Göttin, es ihm gebot. Es irrt im fremden Lande und hat weder Ruhe noch Rast, bis der Wunderbaum gefunden ist, an welchem es sich versammelt, um die Erde zu beherrschen. Zarba ist eine Tochter ihres Stammes; sie darf nicht ruhen, wenn der Geist sie treibt. Sie muß gehen; aber Du wirst sie wiedersehen, noch ehe die Sonne dreimal untergegangen ist. Gieb mir Deine Hand!«

      Sie nahm seine Linke, warf aber kaum einen kurzen Blick in dieselbe. Ihr Auge suchte das Weite und haftete dort mit einem Ausdrucke, als thäten sich ihm die Pforten der Zukunft auf, um ihn die Gestalten späterer Zeiten schauen zu lassen. Dann sah sie ihm fest in das erwartungsvoll lächelnde Angesicht.

      »Der Geist ist allwissend, aber das Auge des Menschen ist schwach; doch wenn der Geist es stärkt, dann werden vor ihm Dinge offenbar, die es sonst nicht zu erblicken vermag. Du wirst nicht glauben, was Dir Zarba sagt, und dennoch wird es sich erfüllen. Deine Hand ist stark, den Hammer zu schwingen; sie bedarf dieser Stärke, um später das Scepter zu halten. Scepter und Hammer wird die Losung Deines Lebens sein. Du wirst Liebe säen und Feindschaft ernten; aber Deine Faust wird wie ein Hammer auf die Häupter Deiner Feinde fallen und ihnen die Kronen entreißen, die sie Dir zu rauben trachteten. Ich sehe Dich mit hochgeschwungener Keule mitten unter ihnen; ich sehe sie stürzen und sterben oder um Gnade flehen; ich sehe Dich hoch über ihnen, und an Deiner Seite —«

      Sie hielt wie unter dem Eindrucke eines unerwarteten Gesichtes plötzlich inne und ergriff dann mit einer schnellen Bewegung die Hand der Prinzessin, welche in der Nähe stehen geblieben war. Dann fuhr sie in dem vorigen Tone fort:

      »Ich sehe Dich hoch über ihnen, und an Deiner Seite den Engel Deines Lebens, den Du gefunden hast, als Du den Hammer hieltest, und


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