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Brehm’s Thierleben: Die Säugethiere 1. Alfred Edmund BrehmЧитать онлайн книгу.

Brehm’s Thierleben: Die Säugethiere 1 - Alfred Edmund Brehm


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munter, rege und sogar wild und gefährlich. Wenn er auch nicht der wildeste alle Raubbeutler ist, übertrifft er doch seine sämmtlichen Familienverwandten an Stärke und Kühnheit und verdient schon aus diesem Grunde seinen Namen. Er ist wirklich ein Wolf und richtet im Verhältnisse zu seiner Größe ebensoviel Schaden an wie sein nördlicher Namensvetter.

      Seine Nahrung besteht aus allen kleineren Thieren, welche er erlangen und überwältigen kann, und zwar aus Wirbelthieren ebensowohl wie aus wirbellosen. Aber der Beutelwolf unternimmt auch schwierige Jagden. Auf den grasreichen Ebenen und in den niedrigen, parkähnlichen Waldungen verfolgt er das schnelle Buschkänguru und in den Flüssen und Tümpeln das Schnabelthier, trotz dessen Schwimmund Tauchfertigkeit.

      Ueber das Gefangenleben des Beutelwolfes ist wenig zu berichten. Wie seine ganze Verwandtschaft dumm und geistlos, vermag er kaum mehr als flüchtige Theilnahme zu erregen. Frisch gefangene sollen sich im Anfange sehr trotzig und widerspenstig geberden. Bei langer Gefangenschaft legt sich wie die Beweglichkeit so auch das wilde Wesen angesichts eines Menschen; doch befreunden sich Beutelwölfe niemals wirklich mit ihrem Wärter, lernen denselben nur mangelhaft kennen und kaum von anderen Leuten unterscheiden, verhalten sich ihm gegenüber auch vollkommen gleichgültig und gerathen höchstens angesichts des ihnen dargereichten Fleisches einigermaßen in Aufregung. Im übrigen laufen sie stundenlang in ihrem Käfige umher, ohne um die Außenwelt sich viel zu kümmern, oder liegen ruhend und schlafend ebenso theilnahmlos auf einer und derselben Stelle.

      Zuckereichhorn

      Als den bekanntesten Flugbeutelbilch darf man wohl das Zuckereichhorn(Petaurusbreviceps)betrachten ; dennschonaus dem Namengeht hervor, daß diese Art ein volksthümliches Thier geworden ist. Man kann nicht leugnen, daß der Name, welchen die ersten Einsiedler gaben, passend gewählt ist; denn nicht bloß in der Gestalt, sondern auch in der Größe ähnelt dasThier unserem Eichkätzchen und noch mehr dem Taguan. Der gestreckte und schlanke Leib erscheint durch die Flughaut, welche sich zwischen beiden Beinen ausspannt, ungewöhnlich breit; der Hals ist kurz und ziemlich dick; der flache Kopf endet in eine kurze, etwas spitzige Schnauze; der Schwanz ist sehr lang, rundlich, schlaff und buschig. Die aufrechtstehenden Ohren sind lang, aber stumpfspitzig, die Augen groß und halbkugelförmig vorstehend. Die Beine sind kurz, die Zehen des Vorderfußes getrennt, die des Hinterfußes durch fast vollständige Verwachsung der zweiten und dritten Zehe und einen den übrigen Zehen entgegensetzbaren Daumen ausgezeichnet. Dieser Daumen ist nagellos; alle übrigen Zehen dagegen tragen sichelförmig gekrümmte Krallen. Das Weibchen besitzt einen vollständigen Beutel. Der Pelz ist sehr dicht, außerordentlich fein und weich, die Flatterhaut behaart, und nur die Ohren sind auf der Innenseite nackt, auf der Außenseite dagegen wenigstens gegen die Wurzel hin mit Haaren bedeckt. Das Thierchen erreicht eine Gesamtlänge von 46 Centim., wovon etwas über die Hälfte auf den Schwanz kommt.

      Man findet das Zuckereichhorn hauptsächlich in Neusüdwales. Es ist ein echtes Baumthier und, wie die meisten der ihm ähnlich gestalteten Geschöpfe, bei Nacht lebendig. Während des Tages verbirgt es sich in den dichtesten Baumkronen, wo es entweder eine Höhlung oder einen Gabelast aufsucht und, zu einer Kugel zusammengerollt und gleichsam in seine Flatterhaut eingewickelt, dem Schlafe sich hingibt; mit der Nacht beginnt seine Thätigkeit. Nunmehr klettert es mit der Gewandtheit eines Eichhorns auf den Bäumen umher, immer von unten nach oben; denn von oben nach unten zu springt es mit Hülfe seiner Flatterhaut, welche es wie einen Fallschirm ausbreitet. Bei Tage erkennt man das Thier, welches man während der Nacht beobachtet, nicht wieder. Es scheint eher ein lebloses Wesen als der behende Baumbewohner zu sein. Mürrisch und lichtscheu schläft es; nur gelegentlich wacht es auf, um etwas zu fressen; wankend, unsicher bewegt es die Glieder, und ängstlich meidet es die Strahlen des ihm verhaßten allbelebenden Lichtes. Ganz anders zeigt es sich in einer jener klaren, zaubervollen Mondnächte seiner Heimat. Das Auge folgt überrascht seinem Treiben. Alle Bewegungen sind jetzt ebenso lebhaft, behend und gewandt wie die des übermüthigsten Affen, wie die des erregtesten Eichhorns. Nur auf dem Boden erscheint es tölpisch und schwankt hier unsichern Schrittes dahin; aber es betritt die ihm fast feindliche Erde auch nur in der höchsten Noth, bloß dann, wenn die Bäume so weit von einander stehen, daß nicht einmal seine Flughaut die Brücke bilden kann. Es ist im Stande, außerordentlich weite Sprünge auszuführen und dabei die Richtung beliebig zu ändern.

      Schon wenn es aus einer Höhe von zehn Meter abspringen kann, ist es fähig, einen zwanzig bis dreißig Meter von ihm entfernten Baum zu erreichen. Am Bord eines an der Küste Neuhollands segelnden Schiffes befand sich ein Flugbeutler, welcher bereits so gezähmt war, daß man ihm gestatten durfte, frei auf dem Schiffe umher zu laufen. Das muntere Geschöpf, die Freude der ganzen Schiffsmannschaft, war am Bord so vertraut geworden, daß es bald auf den höchsten Mastspitzen, bald unten im Raume gesehen werden konnte. Eines Tages kletterte es bei heftigem Wehen nach seinem Lieblingsplatze, der Mastspitze, empor. Man besorgte, daß es während eines seiner Sprünge vom Sturme erfaßt und in das Meer geworfen werden möchte, und einer der Matrosen entschloß sich, seinen Liebling von oben herunter zu holen. Als er dem Thiere nahe auf den Leib rückte, suchte sich dieses der ihm unangenehmen Gefangennahme zu entziehen und vermittels eines seiner herrlichen Luftsprünge das Deck zu erreichen. In demselben Augenblicke legte sich das Schiff, von einem heftigen Windstoße erfaßt, derart auf die Seite, daß aller Berechnung nach der Flugbeutler in die Wellen geschleudert werden mußte. Man gab ihn bereits verloren, er aber wußte sich zu helfen. Plötzlich änderte er durch eine geschickte Wendung seines vortrefflichen Steuerruders die Richtung seines Fluges und schoß, in großen Bogen sich drehend, weit aus nach vorn, glücklich das sichere Deck erreichend. Ueberhaupt ist der Flugbeutler ein sehr nettes Thier, wenn auch nicht gerade harmlos, so doch leicht zähmbar, dabei in der Nacht überaus lebendig, munter und lustig, nur leider immer etwas furchtsam. Ohne große Mühe gewöhnt es sich an allerlei Kost, wenn ihm auch Früchte, Knospen und Kerbthiere das liebste bleiben, schon weil diese Stoffe seiner natürlichen Nahrung entsprechen. Besonders gern frißt er den Honig der Eucalypten oder Gummibäume, und sicherlich bilden auch die Kerbthiere einen nicht unbedeutenden Theil seines Futters.

      Die Geselligkeit ist bei dem Zuckereichhorn sehr ausgeprägt. Man findet in den Wäldern immer mehrere derselben Art vereinigt, obgleich es nicht scheint, als ob eines das andere besonders freundschaftlich und liebevoll behandele.

      Ueber seine Fortpflanzung scheint noch nichts bekannt zu sein, wenigstens finde ich in keinem der mir zugänglichen Werke darüber etwas sicheres mitgetheilt.

      Koala

      Eines der merkwürdigsten aller Beutelthiere, ist der Koala (Phascolarctus cinereus). Der schwanzlose Leib ist gedrungen, der Kopf sehr dick, kurtschnauzig, das Ohr groß und buschig behaart; die vorn und hinten fünfzehigen Pfoten bilden wahre Greiffüße.

      Der wissenschaftliche Name, welcher »Beutelbär« bedeutet, ist bezeichnend; denn wirklich hat der Koala in der Gestalt wie in seinem Gange und in der ganzen Haltung entschiedene Aehnlichkeit mit einem jungen Bären. Seine Länge beträgt etwa 60 Centim., die Höhe am Widerriste ungefähr die Hälfte. Der Gesammteindruck ist ein eigenthümlicher, hauptsächlich wegen des dicken Kopfes mit den auffallend rauh behaarten, weil auseinander stehenden Ohren, den lebhaften Augen und der breiten und stumpfen Schnauze. Die Zehen der Vorderfüße sind wie bei dem Chamäleon in zwei Bündel getheilt und die Hinterfüße durch die Verwachsung der zweiten und dritten Zehe sehr merkwürdig. Der Schwanz besteht aus einem warzenartigen Höcker, welcher leicht übersehen werden kann. Die Behaarung ist sehr lang, fast zottig und dicht, dabei aber fein, weich und wollig, das Gesicht längs des Nasenrückens und von der Schnauze bis zu den Augen beinahe nackt, die Behaarung der Außen? und Innenseite der Ohren und die des übrigen Leibes um so dichter, die Färbung der Oberseite rötlichaschgrau.

      Neusüdwales und zwar die südwestlich von Port Jackson gelegenen Wälder sind die Heimat des Beutelbären. Paarweise, mit seinem Weibchen, bewegt er sich auf den höchsten Bäumen mit einer Langsamkeit, welche ihm auch den Namen »Australisches Faulthier« eingetragen hat. Was ihm an Schnelligkeit abgeht, ersetzt er reichlich durch die unglaubliche Sorgsamkeit und Sicherheit, mit welcher er klettert, und welche ihn befähigt, selbst die äußersten Aeste zu betreten. Er ist ein halb nächtliches Thier, wenigstens verschläft er die größte Helle und Hitze des Tages


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