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Am Stillen Ozean. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Am Stillen Ozean - Karl May


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und also einer guten Büchse gegenüber vollständig ungefährlich, oder sie besitzen Schießgewehre, und dann sind dies sicherlich nur alte Musketen und Steinschloßflinten von Anno Tobak her, welche gegen unsere Armatur nicht aufzukommen vermögen. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr mit Bob gleich hier bleiben; ich werde das Nötigste anordnen.«

      »Thut es, Charley! Ich weiß, daß Ihr sicherlich das Richtige treffen werdet.«

      Ich eilte hinab.

      »Was habt Ihr gesehen, Sir?« fragte mich der Steuermann, als ich unten anlangte.

      »Fünfzehn Wilde, welche in ebensoviel Booten nach der Südbucht kommen.«

      »Well, das ist gut, denn dann können wir ja gleich erfahren, welchen Namen diese verwünschte Insel hat. Ihr kommt doch, um uns zu sagen, daß wir uns bewaffnen sollen?«

      »Allerdings. Jim und Classen mögen hier bei den Sachen bleiben; Ihr, Maat, geht mit der Hälfte der Leute da hinaus auf den Ring und bewegt Euch auf demselben vorsichtig vorwärts, bis Ihr die Bucht in die Augen bekommt. Da legt Ihr Euch platt nieder, damit Ihr nicht von den Feinden bemerkt werdet. Kommt es zum Kampfe, so erhebt Ihr Euch beim ersten Schusse oder auf ein Zeichen von mir und dem Kapitän und lauft vorwärts, um die Bucht zu umschließen. Habt Ihr mich verstanden?«

      »Aye, aye, Sir!«

      »Dann vorwärts! Es ist keine Zeit zu verlieren!«

      Der Steuermann verteilte schnell Waffen und Munition unter seine Leute und eilte mit ihnen davon.

      »Ihr andern geht hinauf zum Kapitän. Nehmt seinen Schiffssäbel und seine Flinte mit, auch für den Zimmermann ein Gewehr.«

      Sie hatten sich bereits bewaffnet und schritten der Anhöhe zu. Ich selbst steckte das Messer und den Revolver bei, griff zum Stutzen und eilte längs des Hanges hin, um dem Inhaber des ersten Bootes entgegen zu gehen. Die Insel war nicht groß: ich bekam ihn bereits nach zehn Minuten zu Gesicht. Er näherte sich schon dem Korallenringe, welcher eine nur so breite Durchfahrt frei ließ, daß man sie mit einem guten Anlaufe überspringen konnte. Sein Segel war jetzt gerefft, und er bediente sich bloß der Ruder, um die keineswegs unschwierige Passage zu überwinden.

      Es gelang ihm. Die Brandung trieb ihn durch den engen Kanal in das ruhige Wasser der Bucht. Hier erhob er sich hart hinter den Korallen. Er hatte die Ruder weggelegt und zu Pfeil und Bogen gegriffen. Nach der Insel gewandt, legte er den Pfeil auf den Bogen und schoß ab. Der Pfeil erreichte das Land an einer Stelle, welche etwa zwanzig Schritte von der Küste innerwärts lag.

      Jetzt war ich gewiß, daß er von den andern verfolgt wurde. Jedenfalls beabsichtigte er, vom Lande aus die Durchfahrt zu verteidigen, und hatte erproben wollen, ob ihm dies mit dem Pfeile möglich sei. Jetzt griff er wieder zum Ruder und kam herbei.

      Diese Seite der Insel zeigte eine dichtere Vegetation als die nördliche, auf welcher wir unser Lager aufgeschlagen hatten; es gab hier sehr hohen, breitwedeligen Farn, der ein unbemerktes Anschleichen außerordentlich begünstigte. Ich pirschte mich so schnell wie möglich näher.

      Jetzt stieß sein Boot an das Land. Er zog es halb aus dem Wasser, hing sich den Köcher über, nahm den Bogen zur Hand und griff dann auch nach einer Flinte, deren Riemen er über die Schulter legte. Nach der Stelle schreitend, an welcher sein Pfeil lag, hob er denselben auf und marschierte dann in gleich großen Schritten und gerader Linie landeinwärts. Jedenfalls wollte er sich die Distanz abmessen für den Fall, daß seine Verfolger in die Bucht drangen und zu landen versuchten. Sein Benehmen war ganz das eines kühnen und dabei doch vorsichtigen Mannes, der keinen Umstand, welcher ihm nützlich sein kann, unberücksichtigt läßt. Er näherte sich mir dabei so, daß ich ihn deutlich seine Schritte zählen hörte.

      »Satu, dua, tiga, ampat, lima, anam, tudschuh, dalapan, sambilan, sapuluh,« zählte er von eins bis zehn und fuhr dann fort: »Sapuluh-satu, sapuluh-dua, sapuluh-tiga – «

      »Rorri – halt!« gebot ich da, mich aus dem Farn erhebend und ihm die Hand auf die Schulter legend. »Was thust du hier?«

      Er erschrak allerdings über mein so plötzliches Erscheinen, hatte sich bereits im nächsten Augenblicke gefaßt und zog das Messer aus dem Gürtel. Jetzt erkannte er, daß ich kein Eingeborener sei, und ließ den zum Stoße bereits erhobenen Arm wieder sinken.

      »Inglo?«

      »Nein, ich bin kein Engländer.«

      »Franko?«

      »Ja,« antwortete ich, denn ich nahm an, daß er mit dem Worte nicht einen Franzosen bezeichne, sondern dasselbe in dem weiteren Sinne gebrauche, mit dem alle Abendländer gemeint sind.

      »0, das ist gut! Bist du allein, Sahib?«

      War er in Indien gewesen, daß er mir diesen Titel gab? Ich zog es vor, ihn noch nicht aufzuklären, und fragte:

      »Was suchst du hier?«

      »Rettung.« Er wandte sich zurück und deutete mit der Hand auf die Boote, welche jetzt so nahe waren, daß man ihre Borde deutlich erkennen konnte. »Sie verfolgen mich und wollen mich töten.«

      »Weshalb?«

      »Ich bin reich und ein Christ.«

      »Und sie sind Heiden?«

      Er nickte bejahend.

      »Einige sind noch Heiden, und einige haben sich von dem Inglo-Mitonare taufen lassen.«

      Mitonare heißt Missionar, und mit diesem Worte bezeichnet das in seiner Sprache sehr einfache Inselvolk auch alles, was mit der Religion der Christen in Verbindung steht, wie z. B. Kirche, Prediger, Altar, Kreuz, Predigt, Bibel, selig, heilig, fromm u. s. w. immer nur Mitonare oder mitonare genannt wird. Hier war jedenfalls ein protestantischer Missionär der Engländer gemeint.

      »So sind diese von dem Inglo-Mitonare Getaufte also dennoch Christen?«

      »Eita – nein. Sie glauben noch immer an Atua, den guten Gott, und an Oro, den Gott alles Bösen, aber sie haben sich taufen lassen, weil sie dann mit den Ingli handeln dürfen und schöne Sachen bekommen.«

      »Wie heißt du?«

      »Potomba.«

      »Von welcher Insel bist du?«

      »Ich wohne in Papetee, der Hauptstadt von Tahiti. Ich bin ein Ehri, ein Fürst des Landes, und werde alle meine Feinde töten!«

      Er blickte zurück. Soeben versuchte das erste Boot seiner Verfolger die Einfahrt durch den engen Kanal. Er sprang zurück bis an den Ort, an welchem sein Pfeil niedergefallen war, spannte den Bogen und zielte. Der Pfeil schwirrte von der Sehne, er hätte den Mann sicher getroffen, aber eine sich hereindrängende Woge hob den Kahn empor, und das spitze Geschoß bohrte sich in das Holz desselben. Unwillkürlich hatte der Insaße des Bootes aus Furcht vor dem Pfeil sich niedergebückt und dabei die Ruder außer Thätigkeit gesetzt; dieselbe Woge, welche ihn hereingetrieben hatte, erfaßte im Niedergange sein Fahrzeug und riß dasselbe wieder aus der Einfahrt zurück.

      »Hallo-o-oh!« rief es da von den Korallenringe aus, und als ich mich seitwärts wandte, sah ich den Steuermann mit den Seinen – herbeispringen.

      Der Maate hatte den Pfeilschuß fälschlicherweise für das Signal gehalten und machte jetzt meinen ganzen Plan zunichte. Die Verfolger hatten mich zwar bereits gesehen, ohne deshalb von ihrem Vorhaben abzulassen; als sie aber erkannten, daß die Insel von einer ganzen Truppe europäisch gekleideter Männer besetzt sei, beschlossen sie den Rückzug, zogen schleunigst die Segel wieder auf und ruderten von dannen.

      Ich schritt jetzt nach dem Strande, wo Potomba auf die Kniee gesunken war.

      »Bapa kami iang ada de surga, kuduslah kiranja namamu«[2] hörte ich ihn beten nach dem Wortlaute, den die von der Mission Bekehrten anzuwenden pflegen. Dann sprang er freudig auf und rief. »Ich bin gerettet! Sie fliehen, und ich brauche keinen zu töten. Bald hätte mein Pfeil Anoui, den falschen Priester, getötet, der doch der Vater meines Weibes ist!«

      Nur die Not hatte ihn also zur Gegenwehr genötigt, und ich erkannte in seinem jetzigen Ausrufe und dem vorgehenden Dankgebete eine fromme, wahrhaft christliche Gesinnung, welche


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<p>2</p>

Wörtlich: »Vater unser, welcher ist im Himmel, heilig möge sein Name dein.«

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