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Ardistan und Dschirnistan I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Ardistan und Dschirnistan I - Karl May


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Du das etwa nicht richtig?« erkundigte ich mich.

      »Ganz und gar nicht richtig! Es müßte denn sein, daß ich Dich falsch verstanden habe. Nach Deinen Worten ist es doch folgendermaßen: Wenn Ihr in ein fremdes Land kommt, so ist dieses Land Euer, samt allen seinen Bewohnern und aller ihrer Habe. Ist es so?«

      »Ja.«

      »So sage ich noch einmal Pfui Teufel! Ihr Räuber, Ihr Gauner, Ihr Schufte, Ihr Schurken!«

      Er spie jetzt wieder aus. Dann fuhr er fort:

      »Was seid Ihr denn eigentlich für Menschen? Wie heißt Dein Stamm?«

      »Dscherman heißt er.«

      »Das wundert mich. Ich habe von diesem Stamm gehört. Die Dschermanen sollen im fernen Westen des Abendlandes wohnen und sehr gute, sehr kluge, sehr tapfere und sehr vernünftige Leute sein.«

      »Das sind sie allerdings!«

      »Nein, das sind sie nicht, wenn sie so sind, wie Du sagst! Wenn Du als Deutscher hierherkommst, so bin ich also Dein?«

      »Ja.«

      »Pfui Teufel! Was habt Ihr für eine Religion?«

      »Wir sind Christen.«

      »Das will ich glauben! Denn wohin die Christen nur kommen, so stehlen sie alles, alles weg, was sie nur finden.«

      »Woher weißt Du das?«

      »Das weiß doch die ganze Welt! Erst sind die Christen Bettler gewesen, blutarme Leute, haben gar nichts gehabt und ihren Hunger von den Ähren des Getreides gestillt. Isa Ben Marryam, der Stifter ihrer Religion, hat nicht einmal gehabt, wohin er sein Haupt lege. Und heute gehören ihnen die meisten Länder und die meisten Völker der Erde. Das alles haben sie sich zusammengeraubt und zusammengestohlen, teils mit List und teils mit Gewalt. Und sie sind hiermit nicht etwa zufrieden, sondern sie rauben und stehlen weiter, und sie werden mit ihren Listen und Gewalttaten nicht eher aufhören, als bis sie alles besitzen, was es auf Erden gibt! Und zu diesen Räubern, Mördern und Gaunern gehörst auch Du?«

      »Ja.«

      »Pfui Teufel!«

      Er spuckte wieder aus. Dann wollte er mich höchst verächtlich ansehen, brachte es aber nicht fertig, denn er sah das ruhige Lächeln meines Gesichtes, regte sich darüber auf und fuhr also zornig fort:

      »Und da bist Du so ruhig dabei, wenn ich Pfui Teufel sage? Und da lächelst Du so freundlich, so gütig und so selbstbewußt, als ob Du einer der vielen Engel seist, von denen das Christentum und der Islam berichten? Hast Du kein Gewissen, keine Scham?«

      »Ich habe beides.«

      »Unmöglich!«

      »Ich bitte Dich, diese Frage nach dem Gewissen und nach der Scham erst Dir selbst vorzulegen, ehe Du sie an mich richtest!«

      »Willst Du mich beleidigen?«

      »Nein. Ich will nur einmal der Spiegel sein, in dem Du Dich selbst erkennst. Gesetzt, Du hättest recht, daß wir den fremden Leuten, zu denen wir kommen, alles nehmen, was ihnen gehört, so berauben wir eben doch nur fremde Leute. Du aber bestiehlst nicht fremde Leute, sondern die Menschen, die zu Dir kommen und also Deine Gäste sind. Wer ist also der größere Räuber, Gauner, Schuft und Schurke?«

      Er machte ein sehr überraschtes Gesicht, gestand aber ehrlich, wenn auch allzu schnell ein:

      »Wir, natürlich wir! Denn den Gastfreund berauben, das ist die größte Schlechtigkeit, die es auf Erden gibt. Ich habe nicht gedacht, daß wir so schurkische – — —«

      Da hielt er plötzlich im Satz inne, dachte nach und fuhr dann langsamer fort:

      »Aber – — – aber – — – da sehe ich plötzlich, daß Du mich mit Deiner Rede überrumpelt hast, deren Wahrheit erst zu prüfen ist, bevor man an sie glaubt! Beraube ich wirklich meine Gäste?«

      »Gewiß!«

      »Beweise es mir! Bist Du etwa mein Gast? Indem ich nach Deinem Eigentum greife, nehme ich es einem Menschen, der mir vollständig fremd ist. Und sind denn alle die, die Ihr um ihre Länder bringt, Euch fremd, vollständig fremd gewesen? Gibt es keinen einzigen Fall, in dem Ihr ihre Gäste gewesen seid? Ich bitte Dich also, Dich ja nicht etwa zu brüsten. Es ist ein Räuber wie der andere und ein Spitzbube wie der andere! Seien wir ehrlich und lügen wir uns nicht an! Wer in des anderen Hände fällt, der hat unrecht, immer unrecht. So ist es bei Euch und auch bei uns. Und da Du es bist, der in meine Hände fiel, so habe ich recht, Du aber unrecht. Ist das etwa nicht richtig?«

      »Nein.«

      »Wieso?«

      »Zeig mir doch einmal Deine Hände, in die ich gefallen bin!«

      »Das kann ich augenblicklich nicht, denn Du hast sie mir ja gebunden.«

      »So sieh hier meine Hände! Die sind nicht gebunden, sondern frei.«

      Ich stand vom Boden auf, zeigte sie ihm hin, faßte ihn bei beiden Armen und fuhr dann fort:

      »Und nun schau und fühle, wer es ist, der mir in diese meine Hände fiel! Sag mir, wen halte ich fest?«

      »Mich,« antwortete er, schon wieder erstaunt.

      »Befinde ich mich also in Deiner Gewalt? Oder Du Dich in der meinen?«

      Das ging ihm über alle Begriffe. Er warf den Kopf hoch und öffnete den Mund, fast ebenso weit, wie sein >Dicker< zu tun pflegte, doch nicht in derselben Absicht, um zu wiehern. Er machte ihn im Gegenteile sehr bald wieder zu, ließ den Kopf wieder sinken und sagte:

      »Höre, Fremder, Du sprichst Gedanken aus, denen man unmöglich folgen kann. Ich werde besorgt um Dich. Du bist kein guter, sondern ein gefährlicher Mensch, ein sehr gefährlicher!«

      »Und da wirst Du nicht besorgt um Dich, sondern um mich?« lächelte ich.

      »Lächle mich nicht in dieser Weise an,« zürnte er mir. »Ich kann es nicht leiden! Weißt Du, man sieht bei diesem Deinem Lächeln ein, daß man unrecht hat. Und das will ich nicht! Und man gewinnt Dich bei diesem Deinen Lächeln lieb. Und das will ich auch nicht! Ich beginne zu ahnen, daß Du mir nicht gehorchen willst. Sei aufrichtig und sag mir: Was hast Du für Gedanken?«

      »Das sollst Du gleich erfahren. Zunächst sage ich Dir, daß ich ein freier Mann bin und nicht etwa Dir gehöre. Ich stehe im Begriff, Dir das zu beweisen. Ferner sind auch die Gegenstände, die ich bei mir habe, nicht Dein Eigentum. Darum hole ich mir zurück, was Du mir vorhin genommen hast.«

      Ich griff ihm in die Tasche und steckte meine Uhr wieder zu mir.

      »So ist sie also nicht mehr mein?« fragte er naiv.

      »Nein.«

      »Schadet nichts! Ich nehme sie mir wieder!«

      »Versuche, es zu tun! Jetzt reite ich nach Eurem Lager, um mit – — —«

      »So mach mich los!« unterbrach er mich.

      »Geduld, Geduld! Ich reite zunächst allein.«

      »So nimmt man Dich gefangen, wie man Deinen Gefährten jedenfalls auch gefangen genommen hat!«

      »Pah! Du nahmst mich ja auch gefangen – — und wer ist nun jetzt der Gefangene?«

      »Ich war nur eine Person und traute Deiner Rede; sie aber sind ihrer viele und trauen Dir nicht!«

      »Ob sie mir trauen oder nicht, das ist mir gleich; ich will nur, daß sie mir gehorchen.«

      »Gehorchen? Das werden sie nicht.«

      »Sie müssen!«

      »Wie wolltest Du sie zwingen?«

      »Durch Dich.«

      »Durch mich? Ich gebe mich nicht dazu her, sie zum Gehorsam gegen Dich zu verführen!«

      »Du sprichst, ohne dabei zu denken! Du hast Dich ja schon dazu hergegeben, nämlich mir! Nun reite ich auf Deinem dicken Smihk nach Eurem Lager und – — —«

      »Auf meinem Smihk?« unterbrach mich der Scheik. »Das wirst


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