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Der beiden Quitzows letzte Fahrten. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Der beiden Quitzows letzte Fahrten - Karl May


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gar nicht zu sprechen, der ein Vierteldutzend zinnerne Teller mit der bloßen Hand zusammenrollt.«

      »Das ist keine Kunst, Pruder Steckelpeinewitsch, aper ein ganzes Dutzend irdene Teller zusammenwickeln, das ist eine Kunst! Doch höre einmal, hast Du Nichts gespürt von Herrn Dietrich von Quitzow? Ich denke, er muß sich in die Gegend von Stavenow geschlagen hapen, um sich bei Euch ein Asyl zu suchen.«

      »Bis jetzt noch nicht, doch frage Herrn Claus; vielleicht weiß der mehr. So, also, da ist das Schloß. Hörst Du das Zeichen?«

      Der Thorwart hatte jetzt die Ankommenden erblickt und gab mit dem Horne das Signal; kurze Zeit darauf rasselte die Zugbrücke nieder, das Fallgatter wurde in die Höhe gezogen und die eisenbeschlagenen Flügel des mächtigen Thores öffneten sich. Im Schloßhofe stand der alte Boldewin, um die Gäste zu empfangen. Er hatte sich auf einen Stock gestützt und verrieth beim Gehen durch die schmerzlichsten Verzerrungen seines Gesichtes, daß er von dem Zipperlein heimgesucht sei.

      Nachdem er die beiden Ritter gebührend bewillkommnet hatte, stieg er mit ihnen die Treppe empor. Balthasar gab seinem Pferde einen Schlag, worauf es sich augenblicklich dem Stalle zuwandte, und schritt dann mit Caspar Liebenow nach der Gesindestube.

      Während hier der gewaltige Wachtmeister bald die Mannen der Boldewins um sich versammelt hatte und, den Schnurrbart drehend, von seinen Thaten erzählte, saßen droben die Ritter beisammen und hatten gar heimliche und wichtige Dinge mit einander zu verhandeln.

      »Es ist keine faule Mähr, sondern ganz gewiß und sicher,« sagte Heyso in halblautem Tone; »ich habe meine Späher in Berlin und Brandenburg, und wer gut bezahlt, der wird auch gut berichtet.«

      »Hrrr! Hm!« machte Claus von Quitzow. »Das wäre ein Fang, wie er so leicht nicht wieder kommt, ja, wie er noch gar nimmer dagewesen ist. Wie schön könnten wir da dem Markgrafen den Streit mit meinem Vetter, dem Dietrich, heimzahlen! Also zweimal hundertundfünfzigtausend Goldgülden hat er zu beschaffen? Eine Heidensumme, die man sich gar nicht denken kann! Und wie viel soll dazu von Hamburg kommen?«

      »Das weiß ich nicht genau; aber wenig ist es nicht. Wenn der Streich gelingt, so können wir mit dem großen Mogul um die Wette trinken!«

      »Und fünfzigtausend Weiber haben, wie die Könige vom Morgenlande,« fiel der junge Boldewin hier ein. Die Dreie von dem Kruge hatten bisher mit weit offenem Munde den Enthüllungen Heyso’s von Steinfurth gelauscht und ihr Erstaunen über den Inhalt derselben war so groß, daß sie nur ganz allmälig wieder in den Besitz der Sprache kamen.

      »Zweimal hundertundfünfzigtausend Goldgülden!« stieß seufzend der alte Boldewin hervor und that einen Zug aus seinem Humpen, als wolle er sich vor Freude ersäufen.

      »Zweimal hundertundfünfzigtausend Goldgülden!« rief sein Vetter Thomas von dem Kruge und schlug dabei mit der Faust auf die Tafel, daß es krachte. »Da kaufe ich mir das Frankenland und trinke den Wein ganz allein der dort wächst. Topp, Herr Heyso, ich bin dabei, und ein besseres Schwert als das meine, sollt Ihr gar nicht finden.«

      Er streckte dem Genannten beide Hände hin, in welche dieser auch kräftig einschlug. Der alte Boldewin war, wenn ihn die Geister des Weines nicht beherrschten, ein gar überlegsamer Kopf und voll der weisesten Rathschläge. Er nahm auch jetzt die Sache von einer weniger leidenschaftlichen Seite und meinte vorsichtig:

      »Ein schönes Geld ist es, und wohl etwas mehr werth als das halbe Schock böhmischer Groschen, welches wir vorige Woche dem Juden abnahmen, aber haben – haben muß man die Goldfüchse, das ist die Hauptsache. Wer weiß denn, wann der Transport hier vorübergeht? Er ist gar leicht zu versäumen!«

      »Da ist es eben unsere Sache, Tag und Nacht auf der Lauer zu liegen, damit er uns nicht entgehe,« meinte Heyso. »Ich werde mit einer guten Schaar meiner Mannen zu Euch stoßen, denn die Bedeckung wird eine zahlreiche sein.«

      »Hrrr! Hm!« räusperte sich Herr Claus. »Nehmt’s nicht übel, Ritter, aber ich denke anders als Ihr. Hrrr! Hm! Der Markgraf ist viel zu klug, um durch eine große Anzahl Reisiger die Aufmerksamkeit erst auf den Zug zu lenken; mich dünkt vielmehr, daß der Transport in aller Stille und unter irgend welcher listigen Verkleidung vor sich gehen wird.«

      »Hast Recht, Bruder!« rief der alte Boldewin. »Komm trink!

      Claus that ihm gehörigen Bescheid und fuhr dann weiter fort:

      »Und wer soll sich jetzt im Winter Tag und Nacht in den Bruch oder auf das Moor legen, um den Fang gehörig abzuwarten! Hrrr! Hm! Das ist eine Arbeit, die ich selbst meinem Balthasar mit seinem Gregorimanorosewitsch nicht zutraue, und das sind doch Zwei, die Alles möglich machen. Nein, ich schlage vor, daß wir einen Kundschafter aussenden, durch den wir erfahren, was uns zu wissen nothwendig ist.«

      »Ihr habt weise gesprochen, Herr Claus,« meinte Heyso. »Aber es wird schwer sein, einen Mann zu finden, der klug und treu genug ist für dies Beginnen.«

      »O, der ist schon gefunden,« beruhigte der junge Boldewin. »Es giebt im ganzen Reiche keine besseren Kundschafter, als den Pater Eusebius, unsern Burgkaplan. Und wo es sich um einen Streich gegen den Nürnberger Burggrafen handelt, da ist er mit Freuden dabei. Laßt uns ihn rufen!«

      »Der ist nicht daheim, sondern nach Grabow gegangen, um irgend eine arme Seele vom Verderben zu retten. Hahaha, Pfaffentrug geht doch zehnmal über Weiberlist! Aber da ist er ja! Gott zum Gruß, ehrwürdiger, frommer Vater! Ich habe doch den Thorwart nicht vernommen. Ihr seid wohl durch die Seitenpforte eingetreten?«

      Mit salbungsvollem Gruße nahte der Kaplan, eine kurze, runde Gestalt mit einem außerordentlich pfiffig-frommen Gesichte.

      »Des Herrn Gnade walte über Euch, Ihr edlen Ritter!« Und sich zu dem Frager wendend, antwortete er: »Die Wege der Kinder Gottes sind ohne Geschrei und im Verborgenen, und ihr Fuß geht dem Verlorenen nach, um zu suchen und zu retten, die da wandeln in Irrthum und Finsterniß.

      »Hrrr! Hm!« machte Herr Claus mit listig blinzelnden Aeuglein. »Habt Ihr vielleicht wieder einmal eine arme Seele gefunden, welche wir retten können vom Verderben?«

      Nach dem hingehaltenen Humpen des Burgherrn greifend und denselben in einem Zuge leerend, nickte der Priester bejahend.

      »Der Jude Aron Itzig aus Gardelegen mit seinem Schwager Veit Schmuel sind in Schwerin gewesen und kehren mit einem ganzen Wagen voll Güter, welche die Motten und der Rost fressen, zurück in die Heimath. Nächste Nacht werden sie unter einer Bedeckung von Reisigen, die ihnen der Ritter von Karenzin mitgegeben hat, hier vorüberkommen. Aber, wo der Herr nicht das Haus behütet, da wachen die Wächter umsonst, und die Kinder Israels erwartet Heulen und Zähnklappen, wenn sie nicht umkehren zum rechten Wege, denn sie haben den Gesalbten an das Kreuz geschlagen.«

      »Der Teufel soll mich holen, Pater,« rief Thomas von dem Kruge, indem er drohend auf den Tisch schlug, »wenn Ihr nicht ein außerordentlich frommer Mann seid, und ein kluger dazu! Wenn wir die Juden bekommen, so werden wir sie Euch schenken, und Ihr könnt sie dann in den Himmel kuriren oder in die Hölle, ganz wie es Euch beliebt!«

      »Ich danke Euch, Herr Thomas! Aber es ist auch noch ein junges Mägdlein dabei, eine ungläubige Tochter Sebulono der Isaschar, welche des Wortes von der Barmherzigkeit bedarf!«

      »Ist sie schön?« fuhr da der junge Boldewin dazwischen, noch ehe sein Vetter antworten konnte.

      »Ich habe sie noch nicht gesehen!« antwortete Eusebius zögernd und mit einem lauernden Blicke auf den Frager.

      »So! Wenn sie schön ist, so wollen wir erst noch einmal über die Sache reden. Ein Diener der heiligen Kirche hat es nur mit der armen Seele zu thun; die Schönheit aber ist für uns andere sündhafte Menschen!«

      »Junker Boldewin,« entgegnete der Pater mit etwas schärferer Stimme und einem nicht ganz freundlichen Blicke seiner stechenden Augen, »Ihr vergeßt, daß die Kirche sich nicht nehmen oder schenken läßt, was ihr gehört, und zudem – —«

      »Hrrr! Hm!« fiel Ritter Claus dem Zürnenden, um jeder Entzweiung zuvorzukommen, in das Wort. »Laßt die Juden jetzt, Eusebius, und setzt Euch anher an meine Seite. Wir haben Wichtigeres zu besprechen, und die Gardelegener kommen auch noch an die Reihe!« – — —

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