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Der Oelprinz. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Der Oelprinz - Karl May


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war der Scout. Neben den Wagen ritten zwei Knaben oder Jünglinge, welche auch Messer, Revolver und Doppelbüchsen trugen. Die Ochsentreiber waren nicht beritten. In zweien der Wagen gab es Insassen; man sah sie neugierig unter der Blahe hervorblicken.

      Der Scout hatte wohl die Absicht gehabt, hier halten zu lassen; aber als er die Gesellschaft vor der Schnapsschänke erblickte, verfinsterte sich sein Gesicht, und er ritt weiter; die Wagen folgten ihm natürlich.

      »Verdammt!« sagte einer der Finders mit unterdrückter Stimme zu dem Wirte. »Da scheint aus dem Braten heut abend nichts zu werden.«

      »Warum nicht?«

      »Weil sie weiterfahren. Wer weiß, wie weit von hier sie dann halten.«

      »Werden nicht weit kommen. Man sah, daß die Ochsen müde waren. Hast du das Gesicht des Scout bemerkt?«

      »Nein.«

      »Es verfinsterte sich, als er euch erblickte. Es ist in ihm Verdacht gegen euch entstanden, weil ihr ihn zu weit ausgefragt habt. Er hätte wohl hier Lager gemacht und ist nur euretwegen wieder fort, weit aber keineswegs, wohl nur bis ans Ende des Ortes, wo es Gras für die Rinder gibt.«

      »Ich werde einmal nachsehen.«

      »Thu das nicht. Wenn er dich sieht, wächst sein Mißtrauen.«

      »Das ist richtig,« bestätigte Buttler. »Wir müssen warten, bis es dunkel geworden ist; dann gehe ich selbst mit einigen von euch ihnen nach. Sie werden ihre

      Ochsen frei grasen lassen; wir führen einen von denselben fort und schlachten ihn.«

      »Und werdet entdeckt!« warf der Wirt ein.

      »Was nennst du entdeckt? Wenn jemand kommt, so sitzen wir bei dir und essen gebratenes Rind; das ist alles. Der fehlende Ochse aber liegt weit draußen vor dem Dorfe, zwar erstochen und angeschlachtet, aber wer will beweisen, daß wir die Thäter sind?«

      »Wir essen grad das Stück Fleisch, welches an dem toten Ochsen fehlt!«

      »Das ist kein Beweis, denn wir haben es soeben von einem unbekannten Roten gekauft. Und will man uns trotzdem noch weiter belästigen, so haben wir Gewehre und Messer, uns jeden Lästigen vom Halse zu schaffen.«

      »Die drei Schneider da drüben essen mit?«

      »Ja. Weißt du, Paddy, was für einen Gedanken ich habe?«

      »Nun?«

      »Wir machen sie betrunken.«

      »Um sie dann – — —?«

      »Ja, um sie dann – — – ganz so, wie du meinst.«

      »Bei mir im Hause?«

      »Ja, drin in der Stube. Hier im Freien wäre es unmöglich. Man könnte versteckte Zeugen haben.«

      »Aber es ist für mich höchst gefährlich, eine solche That in meinem Hause, in meiner Stube geschehen zu – — —«

      »Schweig! Du bekommst von dem, was wir bei den Kerls finden, dreihundert Dollar; das ist genug für die kleine Belästigung —bist du einverstanden?«

      »Ja, denn ich sehe, es geht nicht wohl anders. Aber ich befürchte, daß sich die Kerls schwer berauschen lassen werden.«

      »Leicht, sehr leicht im Gegenteile. Hast du nicht gesehen, daß sie deinen Schnaps wegschütteten?«

      »So etwas sieht jeder Wirt!«

      »Daraus folgt doch, daß sie keine Schnapstrinker sind und also nichts vertragen können. Nach einigen Gläsern werden sie toll und voll betrunken sein.«

      »Ich bin der Ansicht: Daraus folgt, daß sie keine Schnapstrinker sind und also keinen trinken werden. Wie wollt ihr sie da betrunken machen?«

      »Hm, auch das wäre möglich. Hast du denn gar nichts andres als nur Schnaps?«

      Der Wirt machte ein Gesicht, welches pfiffig sein sollte, und antwortete:

      »Für gute Freunde und wenn es ehrlich bezahlt wird, habe ich irgendwo ein Fäßchen sehr hitzigen Kalientewein aus Kalifornien liegen – — —«

      »Kalientewein? Alle Wetter, den mußt du schaffen!« fiel Buttler ein. »Ein einziger Liter davon wirft die drei Schneider um, und für uns wird dieser Kaliente eine wahre Wonne sein. Wieviel soll er kosten?«

      »Vierzig Liter sechzig Dollar.«

      »Etwas teuer, aber einverstanden. Du bekommst also dreihundertsechzig Dollar von dem, was uns die nächste Nacht einbringt.«

      »Warum wollt ihr solche Umwege mit diesen Schneidern machen, Sir? Sie einladen, mit ihnen essen, sie unterhalten, dann berauschen und so weiter? Gibt es denn keinen kürzern und bessern Weg?«

      »Das sehr wohl; aber Paddy, ich will dir sagen: Es liegt in dem Habitus dieser drei Männer so ein Etwas, was mich nicht so ganz an die Schneider glauben läßt. Ich habe es mir überlegt. Die Schüsse, welche der Kleine gethan hat, sind Meisterschüsse gewesen, sogar die ersten Fehlschüsse. Wir sahen ihn nach dem Papiere zielen, und doch hat er mit einer blitzschnellen Bewegung des Gewehres, welche wir gar nicht bemerkt haben, genau Kugel auf Kugel in die Ecke geschickt. Schau hin, wie sie da sitzen! Sie sehen nicht ein einziges Mal her, 0 bewahre; aber ich sage dir, daß sie trotzdem alles so genau wissen, als ob sie ihre Augen immerwährend hierher richteten. Ich kenne diese maskierten Späherblicke. Und ihre Haltung! Als ob sie jeden Augenblick bereit wären, ihre Revolver abzudrücken. Hätte einer von ihnen eine Perücke aufgehabt, so würde ich jetzt darauf schwören, daß sie das gefürchtete “Kleeblatt” sind. Und auch trotzdem, daß sie es nicht sein können, müssen wir uns vorsehen. Ueberfallen, überrumpeln lassen die sich nicht so leicht, wenigstens nicht ohne daß sie blitzschnell mit ihren Messern und Kugeln zur Hand sind.«

      »Aber zwölf oder gar dreizehn gegen drei; da muß der Ausgang doch wohl sicher sein!«

      »Allerdings; aber von den zwölf, also von uns, werden dabei sicher einige getötet oder gar verwundet. Eine Betäubung durch einen tüchtigen Rausch ist da das sicherste und ungefährlichste – — —«

      Buttler hielt mitten in der Rede inne, deutete nach dem freien Platze hinüber und fuhr fort:

      »Da kommt die sonderbare Gestalt, welche hinter dem Wagen herritt; sie ist zurückgeblieben, sieht den Zug nicht mehr und weiß nun augenscheinlich nicht, wohin sie sich wenden soll.«

      Der Ausdruck »sonderbare Gestalt«, dessen er sich bediente, war sehr zutreffend und sagte eher zu wenig als zu viel. Indem sie langsam nähergeritten kam, machte sie in kurzen, fast genau abgemessenen Zeiträumen die regelmäßigsten Pendelbewegungen auf dem Pferde, jetzt mit den Beinen weit nach hinten und den Kopf vornüber gesunken, dann rasch mit demselben nach hinten und mit den beiden Beinen nach vorn. Der Körper war in einen langen, weiten Regenmantel und der Kopf in ein großes Wiener Saloppentuch gehüllt, dessen Zipfel bis auf den Rücken des Pferdes herunter fiel. An den Füßen trug die Figur Zeugstiefeletten; über die eine Schulter hing eine Flinte, und unter dem grauen Mantel schien ein Säbel zu stecken. Das Gesicht, welches

      aus dem Tuche hervorblickte, war bartlos, voll und rot, so daß man, besonders bei dieser Art sich zu kleiden, jetzt wirklich nicht zu sagen vermochte, ob ein Maskulinum oder Femininum da auf dem langsamen, hagern Klepper saß. Und das Alter des rätselhaften Wesens? War diese Frau ein männlicher Mensch, so mochte er fünfunddreißig Jahre zählen; war dieser Mann aber eine Dame, so stand sie sicher im Anfange der Vierzig. Jetzt war sie bei den Tischen angekommen, hielt das Pferd an und grüßte in hohem Kopf- oder Fisteltone:

      »Guten Tag, meine Herren! Haben Sie vielleicht vier Ochsenwagen gesehen?«

      Alles bisher Gehörte war natürlich englisch gesprochen worden; dieser Damenherr oder diese Herrendame aber bediente sich der deutschen Sprache, deren die Gefragten nicht mächtig waren, weshalb auch keine Antwort erfolgte. Als die Frage in der Tonlage des eingestrichenen d wiederholt wurde, stand Sam Hawkens auf, trat zu dem Pferde hin und antwortete deutsch:

      »Sprechen Sie nicht englisch?«

      »Nein, nur deutsch.«

      »Darf ich erfahren, wer Sie sind?«

      Da


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