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Der schwarze Mustang. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Der schwarze Mustang - Karl May


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Das war der Scout,« sagte er zu sich selbst. »Er scheint doch nichts Heimliches vorgehabt zu haben; darum habe ich hier umsonst nach ihm gesucht. Winnetou hat sich einmal geirrt. Old Shatterhand wird sich sehr darüber wundern.«

      Er gab sich nun keine Mühe, heimlich zurückzukehren, sondern benutzte die vordere, helle Thür. Als der Scout ihn kommen sah, fühlte er seinen Puls schneller gehen. Jetzt mußte es sich zeigen, ob der Apatsche etwas erlauscht hatte oder nicht. Dieser setzte sich neben Old Shatterhand, der ihm das Ergebnis des Verhörs mitteilte und am Schlusse leise fragte:

      »Hat mein roter Bruder Glück gehabt?«

      »Winnetou konnte weder Glück noch Unglück haben, weil er sich im Irrtum befand. Es hat gar nichts vorgelegen.«

      »Aber das Zeichen, welches der Scout dem Roten gab?«

      »Das war kein Zeichen, sondern eine unwillkürliche Armbewegung.«

      »So hätte auch ich mich geirrt, und das möchte ich kaum annehmen. Und dieser Indsman da ist kein Upsaroka, sondern ein Komantsche.«

      »Hat er dir, oder mir, oder einem andern etwas gethan?«

      »Bis jetzt freilich noch nicht.«

      »So darf man ihn auch noch nicht als Feind behandeln. Mein Bruder Shatterhand mag ihn freigeben.«

      »Nun wohl, weil du es willst; aber ich thue es nur ungern.«

      Er sagte dem Roten, daß er sich entfernen könne. Dieser stand langsam auf und forderte sein Messer zurück. Als er es erhalten hatte, steckte er es mit den Worten in den Gürtel:

      »Dieses Messer hat heut mehr Arbeit bekommen, denn ich habe bei mir einen neuen Schwur gethan. Old Shatterhand wird bald erfahren, ob dieser auch so sonderbar ist, wie vorher die andern!«

      Nach dieser Drohung entfernte er sich raschen Schrittes. Das Gesicht des Scout hatte während der letzten Minute einen höchst gespannten, ja ängstlich gespannten Ausdruck angenommen; jetzt aber veränderte es sich in der Weise, daß in seinen Zügen ein offenbarer, nicht zu beherrschender Hohn zu lesen war. Old Shatterhand sah dies ebenso wie Winnetou, und letzterer flüsterte ersterem zu:

      »Mein Bruder sehe den Mestizen an!«

      »Ich sehe ihn.«

      »Er verlacht uns!«

      »Leider wird er Veranlassung dazu haben.«

      »Ja. Seine Handbewegung vorhin war doch ein Zeichen für den Indianer, den du für einen Komantschen hieltest. Wir haben uns nicht geirrt.«

      »Du hast ihn draußen nicht gefunden. Wer weiß, was für eine Teufelei da ausgeheckt worden ist. Desto schärfer müssen wir ihn nun von jetzt an im Auge behalten. Ich bin überzeugt, daß er ein sehr gefährlicher Mensch ist.«

      Old Shatterhand hatte recht, wenn er den Mestizen einen gefährlichen Menschen nannte, und es war draußen wirklich eine Teufelei verabredet worden.

      Als der Scout den Schuppen verlassen hatte, war er zunächst vorsichtig aus dem Lichtkreise gewichen, den die brennenden Feuer hinaus ins Freie warfen. Dann gerade senkrecht von dem Shop aus weitergehend, hatte er ungefähr dreihundert Schritte zurückgelegt, bis er eine leise Stimme hörte, die seinen Namen nannte; aber es war nicht der Name, den er hier im Camp trug, sondern ein ganz andrer, denn die Stimme erklang:

      »Komm hierher, lk Senanda! [Böse Schlangen.] Hier stehen wir.«

      Er war also wirklich der, für den ihn Winnetou gehalten hatte, der halbblütige Enkel des »schwarzen Mustang«, des »grimmigsten« Häuptlings der Komantschen.

      Indem er dem Rufe folgte, sah er bald drei Indianer vor sich stehen, von denen der eine sich durch eine ungemein hohe und kräftige Gestalt auszeichnete. Das war der Häuptling selbst, welcher ihn mit den Worten begrüßte —

      »Willkommen, du Sohn meiner Tochter! Ich sandte Kita Homascha [Zwei Federn.], den listigsten meiner Krieger, in das Haus, damit du wissen möchtest, daß ich gekommen bin und auf dich warte. Hast du mit ihm gesprochen?«

      »Kein Wort. Seine bloße Ankunft war für mich genug.«

      »Du hast klug gehandelt, denn man hätte vielleicht Argwohn schöpfen können. Wir haben hier einen guten Platz und können nicht überrascht werden, weil wir bei der Helle der offenen Thür einen jeden sehen, der aus dem Hause tritt. Auch haben wir es ja nur mit Leuten zu thun, welche nichts von dem Leben des wilden Westens verstehen.«

      »Du irrst. Es sind Männer hier, die es besser kennen, als du und ich.«

      »Das ist unmöglich. Wen könntest du damit meinen? Sage es!«

      »Zuerst kamen zwei sehr lange und sehr dürre Reiter, welche bis morgen hier bleiben. Der eine nannte sich Timpe, und der andre scheint ebenso zu heißen.«

      »Timpe? Pshaw! Kein tapferer Krieger hat jemals diesen oder einen ähnlichen Namen gehört.«

      »Dann kamen zwei andre, über deren Namen ich erschrocken bin.«

      »Uff! Ich habe bisher nicht gewußt, daß der Sohn meiner Tochter erschrecken kann. Sind diese beiden Ankömmlinge etwa keine Menschen, sondern böse Gesichter der Savanne oder des Felsengebirges?«

      »Sie sind Menschen, aber was für welche! Ein Roter und ein Weißer, der berühmteste Krieger der Indianer und der berühmteste Krieger der Blaßgesichter.«

      »Uff, uff ! Willst du damit sagen, es sei Winnetou mit Old Shatterhand?«

      »Diese sind es allerdings.«

      »Die hat der böse Manitou hierher geführt.«

      »Nicht der böse, sondern der gute. Erst erschrak ich freilich; dann aber, als ich sie sprechen hörte, kam Freude über mich.«

      »Du wirst mir sagen, was du gehört hast, aber nicht hier. Wir müssen fort.«

      »Fort? Warum?«

      »Weil ich weiß, wie Männer denken und handeln, welche so, wie die beiden Krieger sind. Haben sie mit dir gesprochen?«

      »Winnetou fragte mich aus. Er glaubte nicht, daß ich Yato Inda bin und hielt mich für den Sohn deiner Tochter. Ich werde mich dafür zu rächen wissen!«

      »Der Apatsche hat jedoch eine so scharfe Nase wie kein andrer. Er hat Verdacht geschöpft und wird dir jetzt folgen, um dich zu beobachten.«

      »Das glaube ich nicht, er hat keinen Grund dazu.«

      »Er hat stets Grund zur Vorsicht und zur Hinterlist, er, der ärgste Feind der Komantschen, den wir nie angreifen und festhalten konnten. Doch wehe ihm, wenn er endlich in unsre Hände fällt!«

      »So öffne die Hände, denn er fällt jetzt hinein! Ich will dir sagen, daß – — —«

      »Jetzt und hier nicht.« unterbrach ihn der Häuptling. »Wir müssen uns eine andre Stelle suchen, denn Winnetou wird dich belauschen wollen.«

      »Wir sehen ihn ja, wenn er aus der hellen Thür hervortritt.«

      »Du kennst ihn nicht. Er berechnet alles und weiß, daß ein Feind, der diesen Camp beschleicht, sich grad dieser Thür gegenüber aufstellen wird, weil er da alles sehen kann. Winnetou wird also grad hierherkommen, und zwar nicht durch die erleuchtete Thür. Gibt es noch eine zweite Thür?«

      »Eine kleine, die hinter dem Vorratsraume liegt.«

      »Er wird diese benutzen und sich dann im dunkeln hierherschleichen. Wir müssen nach der andern Seite hinüber. Komm!«

      Sie huschten in einem weiten Bogen rechts um den Shop, während Winnetou den seinigen links um denselben schlug und sie also nicht mehr vorfand. Dort blieben sie unter einem Baume stehen, und der Scout erzählte, was er gehört hatte. Der Häuptling hörte ihm mit größter Spannung zu und sagte dann, vor Freude beinahe laut werdend:

      »Nach dem Alder-Spring wollen sie? Morgen abend werden sie dort sein? Wir ergreifen sie; wir ergreifen sie dort; sie können uns gar nicht entgehen! Welch einen Jubel wird es bei uns geben, wenn wir diese kostbare Beute geschleppt bringen, und sie martern, daß sie heulen wie geschundene Coyoten! Diese beiden Skalpe sind


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