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Die Juweleninsel. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Die Juweleninsel - Karl May


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unsere Hosen und Schuhe nicht verbergen.«

      »Unter dem Thore ist es finster.«

      »Aber, wenn man uns auf dem Hofe begegnet? Selbst wenn wir vollständige Uniform trügen, würde jeder Aufseher, auf den wir treffen, wegen unsern fremden Gesichtern aufmerksam werden und uns anhalten.«

      »Ich werde dafür sorgen, daß uns Niemand begegnet.«

      »Wie wollen Sie das fertig bringen?«

      »Sie wissen, daß ich sehr oft Befehle des Direktors an andere Beamte zu überbringen habe. Ich werde eine augenblickliche Konferenz im Speisesaale anheißen.«

      »Gefährlich!«

      »Gar nicht, denn der Direktor ist jetzt nicht in der Anstalt. Ich brauche diesen Befehl nur den beiden Oberaufsehern zu überbringen, so sind in fünf Minuten alle Aufseher außer dem Wachthabenden und den Visitatoren, die nicht von ihren Leuten fortkönnen, im Speisesaale versammelt. Also einmal fest und sicher: Sie fliehen wirklich mit?«

      »Ja; lieber todt als länger hier!«

      »Gut; so gehe ich jetzt. Zwei Minuten, nachdem Sie mich wieder vorübergehen sehen, kommen Sie zum Thorhabenden, aber einzeln, damit es nicht auffällt.«

      Er ging.

      »Ein verwegener Kerl!« meinte der Arbeitsschreiber. »Er hätte Anlagen, ganz so zu werden, wie sein Vater früher war. Ich möchte doch wissen, warum er sich gerade für uns Beide so interessirt und uns gern mit frei sehen möchte.«

      »Einestheils, weil wir seinem Vater, dem Herzoge von Raumburg, so treu dienten und deshalb in die gegenwärtige Lage kamen, und anderntheils, weil er glaubt, daß unsere Anhänglichkeit ihm später von Nutzen sein wird. Wir können uns seine Sorge für uns sehr gefallen lassen. Ohne ihn würde uns eine Flucht schwerlich gelingen, und wenn wir die Freiheit erreichen, gewährt er uns mit seinen Verbindungen die beste Sicherheit, daß wir nicht in die Hände unserer Verfolger zurückgerathen. Es versteht sich ganz von selbst, daß unsere Flucht ein ungeheures Aufsehen erregen und man Alles aufbieten wird, uns wieder zu ergreifen.«

      »Wenn ihnen dies gelänge, würde ich mich tödten.«

      »Ich mich auch; vorher aber würde ich mich nach allen Kräften zur Wehre setzen. Ehe man mich fängt müssen erst Einige daran glauben. Ich habe aus dem Bestecke des Arztes einige Messer zu mir gesteckt, mit denen man sich schon vertheidigen kann. Willst Du eins?«

      »Ja. Gib her!«

      Jetzt schritten einige Aufseher eilig vorüber.

      »Schau, seine Finte beginnt bereits zu wirken. Die gehen nach dem Speisesaale.«

      »Dieser Gedanke von ihm war ausgezeichnet. Nun wird für uns der Weg frei.«

      Einige Augenblicke später schritt der Badewärter langsam über den Hof und gab ein leises, für andere unbemerkbares Zeichen, daß Alles gut gehe. Er begab sich in die Wachtstube, wo sich der Thorhabende ganz allein befand.

      »Herr Aufseher!«

      »Was willst Du?«

      »Der Herr Aufseher Wendler ist bei mir im Bade. Er hat die Seife vergessen, die in der Tasche seines Kapots steckt. Sie sollten so freundlich sein und sie ihm schicken.«

      »Gleich. Warte hier!«

      Er trat in die nebenan befindliche Garderobe und suchte. Nach kurzer Zeit meinte er:

      »Es steckt keine Seife drin. Komm heraus und suche selbst einmal nach!«

      Der Badewärter warf einen raschen Blick durch das Fenster und sah den Arbeitsschreiber bereits kommen. Ein anderer Mensch war nirgends weiter zu sehen. Es war Zeit. Er trat zu dem Aufseher.

      »Hier sind die Taschen!« sprach dieser.

      »Schön. Werde Ihnen zeigen, daß ich mehr Geschick besitze als Sie, mein Gutester!«

      Mit diesen Worten faßte er den Aufseher von hinten bei der Gurgel und drückte diese zusammen, daß der Ueberfallene keinen Laut von sich geben konnte. Er versuchte sich zu befreien, brachte es aber nur zu einigen kurzen konvulsivischen Bewegungen.

      In diesem Augenblicke trat der Schreiber ein und eilte sofort herbei.

      »Nehmen Sie sein Taschentuch und stecken Sie es ihm in den Mund!« gebot Raumburg.

      Der Schreiber gehorchte, mußte aber mit seinem Messer die Zähne des Aufsehers auseinanderbrechen.

      »Nehmen Sie die Schnur hier aus meiner Tasche und binden Sie ihm die Hände auf den Rücken und die Füße zusammen!«

      Dies geschah, und hier konnte auch der Krankenschreiber mithelfen, welcher unterdessen hinzugekommen war. Dann wurde der gefesselte und geknebelte Mann in den Winkel geworfen.

      »Hier hängt sein Degen, den er abgelegt hat,« meinte Raumburg. »Ich werde ihn umschnallen, da ich unter uns wohl derjenige bin, der am besten mit dieser Waffe umzugehen versteht. Nun schnell die Ueberröcke an und die Mützen auf. Dann fort.«

      Den beiden Andern ging denn doch der Athem etwas laut. In solchen Fällen handelt auch der Muthigste nicht ohne einige Erregung. So vorbereitet verließen sie das Zimmer. Der Badewärter verschloß es und steckte den Schlüssel zu sich.

      »Nun straks über den Hof und zwar in militärischer sicherer Haltung.«

      Sie gelangten unangefochten an das Innenthor des Eingangs und klopften.

      »Wer da!« ließ sich im Thorgewölbe die Stimme des Postens vernehmen.

      »Drei Aufseher zum Ausgehen,« antwortete Raumburg fest.

      »Können passiren!«

      Es öffnete sich zuerst das innere und dann auch das äußere Thor, und Raumburg selbst zog dieses letztere hinter sich zu, damit es dem Posten nicht einfallen solle ihnen nachzublicken.

      »Gott sei Dank; es scheint zu gelingen! Nun schnell die Mauer entlang und in das Freie; denn den betretenen Weg müssen wir vermeiden.«

      Nicht gar zu eilig, denn das hätte Verdacht erregen können, aber doch mit möglichster Schnelligkeit gingen sie längs der Mauer hin und gelangten in das offene Feld. Hier sahen sie einen schmalen Fußpfad, welcher zum nächsten Dorfe führte und, wie sich von hier oben leicht bemerken ließ, jetzt nicht begangen war. Ihn schlugen sie ein.

      »Nun können Sie uns wohl auch sagen, auf welche Weise Sie in Verbindung mit der Außenwelt gelangten,« meinte der frühere Irrenhausdirektor zu Raumburg.

      »Das war nicht so schwierig, als ich vorher meinte,« antwortete dieser. »Als Badewärter hatte ich sehr oft in der Küche zu thun, des heißen Wassers wegen. Der Fleischer, welcher das wenige Fleisch, das in das Anstaltsessen geschnitten wird, zu liefern hat, kommt täglich des Morgens zu einer bestimmten Stunde, um dasselbe abzugeben. Er gehört zu denjenigen nicht amtlichen Personen, denen der Zutritt ohne besondere vorherige Anmeldung gestattet ist. Als ich ihn zum ersten Male sah, erkannte ich in ihm einen früheren Ulanen, der, als ich noch den Grad eines Rittmeisters besaß, mein Bursche gewesen war. Er war ein treuer williger Kerl gewesen, und ich hatte ihn bei seiner Verabschiedung unterstützt, so daß er heirathen und eine eigene Fleischerei anfangen konnte. Er war mir also einige Dankbarkeit schuldig. Er erschrak förmlich, als auch er mich erkannte, ließ sich aber nichts weiter merken. Aus einigen Worten, welche er scheinbar an den Koch richtete, hörte ich, daß er mich wiedersehen wolle, und so suchte ich es einzurichten, daß ich am nächsten Tage zu derselben Stunde wieder in die Küche mußte. Er ließ ein zusammengewickeltes Papierchen fallen, auf welches ich den Fuß setzte, um es dann unbemerkt aufzuheben. Er frug mich in den wenigen Zeilen, welche es enthielt, ob er etwas für mich thun könne, und erklärte sich zu allem bereit, was ich von ihm wünschen werde. Ich hielt mich in fortwährendem Verkehre mit ihm und ließ durch ihn einen Brief an Prinz Hugo von Süderland abgehen.«

      »Den tollen Prinzen?«

      »Ja. Dieser antwortete mir, daß er gern nach Kräften für mich handeln und sorgen werde, und hat mir einen Vertrauten geschickt, der mich mit einem Wagen erwartet, um uns über die Grenze und dann einstweilen in ein sicheres Asyl zu bringen.«

      »Werden auch


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