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Die Juweleninsel. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Die Juweleninsel - Karl May


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muß Dich wirklich ganz außerordentlich beleidigt haben!«

      »Allerdings.«

      »Darf man das Nähere erfahren?«

      »Gern. Du weißt, daß ich in Kalkutta sehr viel im Hause des Majors Wilson verkehrte. Die Majorin sah mich gern bei sich, weil unsere Unterhaltung ihr Gelegenheit gab, sich im Französischen zu vervollkommnen. Sie ist eine Schönheit, aber wie ich bestätigen muß, eine Dame von der strengsten reinsten Moralität, und es ist zwischen uns nie ein Wort gefallen, welches ihr Gemahl nicht hätte hören dürfen; das darfst Du mir glauben.«

      »Ich glaube es, denn ich kenne Dich,« bestätigte Harry im Tone der Ueberzeugung.

      »Auch der Rittmeister kam. Er fand die Majorin schön, reizend, entzückend und suchte sich ihr zu nähern. Sie behandelte ihn kalt, zurückhaltend. Er wurde eifersüchtig auf mich und handelte, wie ein Mann von seinem Charakter zu handeln pflegt.«

      »Mit Hinterlist?«

      »Ja. Eines Tages fragte mich der Major nach der Ursache meines intimen Verkehres mit seiner Gemahlin. Ich war erstaunt. Es kam zum Wortwechsel, und er forderte mich. Mir war es nicht um den Hieb, welchen ich empfangen konnte, mir war es nur um die Ehre seines braven unschuldigen Weibes. Ich suchte ihn also zu beruhigen und von ihrer Unschuld zu überzeugen; es half nichts; ich mußte mich mit ihm schlagen. Er stach mir ein Loch in den Rockärmel, und ich zeichnete ihm einen Cirkumflex in das Gesicht. Dann vermied ich sein Haus. Auch der Rittmeister durfte sich dort nicht mehr sehen lassen. Das ist die Kugel, welche er sich gegossen hat; es wird die Zeit kommen, in welcher ich sie ihm vorschießen werde, und dann soll es ihm schwer werden sie zu verdauen.«

      Dann laß nur mich mit dabei sein; auch ich gönne ihm alles Gute. Doch, hier sind wir am Palais des Rajah, und noch immer will sich kein Würdenträger sehen lassen!«

      Der Andere lächelte fein.

      »Der höchste Würdenträger hat sich bereits sehen lassen.«

      »Du meinst den Haushofmeister?«

      »Ja, oder vielmehr den Rajah selbst.«

      »Ah, Du willst doch nicht etwa sagen, daß —«

      »Natürlich! Ich will sagen, daß dieser Indier, welcher so still neben dem General reitet, kein Anderer ist als Madpur Sing selbst. Er ist ein Anderer als sein Vater war. Dieser hat sein Land durch seine Prunksucht beinahe aufgezehrt. Madpur Sing aber sucht es durch weise Sparsamkeit und Einfachheit wieder empor zu bringen. Wir finden keinen pompösen Empfang, weil er ein guter Fürst ist, nicht weil er uns nicht achtete. Die Ehre, daß er uns in eigener Person empfängt, ist größer als alles Andere.«

      »So kennst Du ihn?«

      »Ich habe mit ihm in Kalkutta gesprochen.«

      »Ah, und dies erfahre ich erst jetzt?«

      »Muß man mit seinen Bekanntschaften prahlen?«

      »Er war in Kalkutta! So spricht er wohl auch etwas Englisch?«

      »Er versteht und spricht es vollkommen.«

      »O weh! Er hört ja jedes Wort, welches der General mit dem Rittmeister spricht.«

      »Mir sehr gleichgiltig. Sie mögen die Augen auf- und den Mund zumachen, dann kommen sie nicht in solche Verlegenheiten!«

      Der kleine Zug hielt vor dem Portale des Schlosses. Die Wachen, welche hier standen, warfen sich zur Erde nieder. Der General lächelte verächtlich; er glaubte, diese Ehrenbezeugung gelte ihm.

      »Erlaube, daß ich Dich in das Zimmer des Rajah bringe,« meinte der Indier in der Sprache seines Landes.

      »Mich und mein Gefolge.«

      »Er wünscht Dich allein bei sich zu sehen.«

      »Ich bin kein Paria, der allein gehen muß. Warum empfängt mich Dein Herr wie einen Teppichhändler?«

      »Und wenn die Königin Deines Landes, wenn alle Könige der Erde kämen, er würde sie nicht anders empfangen. Er ist in Euren Ländern gewesen und hat sich gar nicht empfangen lassen. Komme allein zu ihm!«

      »Ich komme mit meinem Gefolge oder gar nicht. Melde es ihm!«

      »Er hat diesen Wunsch nur um Deinetwillen ausgesprochen. Doch, da Dein Wille nicht anders ist, so komm!«

      Er führte den General und seine Begleiter durch mehrere prachtvolle Höfe nach einer breiten Granittreppe, die zu einer Säulenhalle von jener Architektonik führte, wie sie vor zwei Jahrtausenden in Indien zu finden war. Die zahlreichen Personen, denen sie begegneten, warfen sich alle schweigsam zu Boden und blieben liegen, bis sie vorüber waren.

      »Hat ihnen Dein Gebieter befohlen, sich vor uns auf die Erde zu legen?«

      »Das würde er ihnen nie befehlen. Sie fallen nieder aus Ehrfurcht nur für ihn.«

      Der Engländer schien nicht begreifen zu können, daß diese Ehrenerweisung auch in der Abwesenheit des Fürsten vorgenommen werde. Er lächelte abermals verächtlich.

      Die Säulenhalle war mit kostbaren Teppichen belegt. In ihrem Hintergrunde stand ein ganz aus Elfenbein gefertigter Thron, welcher einen liegenden Elephanten vorstellte. Zu beiden Seiten desselben standen vier Sklaven, welche aus Pfauenfedern gefertigte und mit kostbaren Perlen besetzte Wedel trugen, um dem Fürsten Kühlung zuzufächeln.

      »Wie wünscht Dein Gebieter, daß wir uns stellen?«

      »Stellt Euch, wie Ihr wollt, und thut ganz nach den Sitten Eures Landes!«

      »Sage ihm, daß wir nicht vor ihm niederfallen werden, wie seine Sklaven.«

      »Das fordert er auch gar nicht von Euch. Wie wollt Ihr mit ihm reden, in seiner oder in Eurer Sprache?«

      »Spricht er denn Englisch?«

      »Er spricht Englisch und auch Französisch.«

      »So wird er aus Höflichkeit gegen seine Gäste Englisch mit uns sprechen.«

      Ebenso könntet Ihr aus Höflichkeit gegen ihn in seiner Sprache mit ihm reden. Doch wird er sich freuen, höflicher sein zu dürfen als Ihr. Ihr könnt beginnen!«

      »Wie? Beginnen? Er ist ja noch nicht da!«

      »Er ist längst schon da und wird seinen Platz jetzt einnehmen.«

      Der Sprecher bestieg den Thron und ließ sich auf demselben nieder. Die Engländer waren einigermaßen überrascht oder sogar verblüfft darüber, und nur Lieutenant Alphons sah, daß die Reihe zu lächeln jetzt an ihn gekommen sei. Der General sowohl als auch der Rittmeister erkannten jetzt, weshalb der Rajah den ersteren allein hatte empfangen wollen. Er hatte jedes ihrer Worte verstanden und sie vor den Ihrigen schonen wollen.

      Die gegenwärtige Audienz war nur der allgemeinen Begrüssung gewidmet und nahm nicht lange Zeit in Anspruch. Die eigentlichen Verhandlungen sollten später gepflogen werden. Schon erhob sich der General von dem Divan, auf welchem er gesessen hatte, um anzudeuten, daß er nichts mehr zu sagen habe, als ihm der Rajah winkte.

      »Ich werde noch eine Frage an Dich richten. Darf ich einen Offizier begrüßen, den ich kenne und welcher bei Dir ist?«

      »Ich erlaube es ihm mit Dir zu sprechen.«

      »Ah! Bin ich ein Gefangener, oder ist er Dein Gefangener, daß es erst Deiner Erlaubniß bedarf, wenn Madpur Sing, der König von Augh mit ihm reden will?«

      Der General sah ein, welche Beleidigung er ausgesprochen hatte.

      »Du verstehst mich falsch. Den Sinn, den Du aussprichst, haben meine Worte nicht gehabt. Welcher ist es, mit dem Du sprechen willst?«

      »Du sagst, ich habe Deine Worte nicht verstanden; Du sprichst also, daß ich Deine Sprache nicht verstehe. Ich werde versuchen sie besser zu lernen und bitte Dich, mir Den, welchen ich sprechen will, zum Lehrmeister zu geben. Es ist der Lieutenant Alphons Maletti.«

      »Maletti!« rief der General überrascht. Und dann gebot er mit scharfer, beinahe drohender Stimme: »Treten Sie vor!«

      Alphons gehorchte. Er näherte sich dem Rajah, welcher ihm freundlich die Hand reichte.

      »Wir


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