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Die Sklavenkarawane. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Die Sklavenkarawane - Karl May


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du das nicht ein?«

      »Ja, Allah und du, ihr beide erleuchtet mich,« spottete der Mann.

      »Ich habe darum daran gedacht, sie ihm abzunehmen und dann nach Chartum zu verkaufen. Man könnte dort einen guten Preis erzielen. Und hast du ferner nicht beobachtet, was er noch weiter bei sich hat?«

      »Ja, eine ganze Ladung von Stoffen und Zeugen, Glasperlen und andern Gegenständen, mit denen man bei den Negern viel Elfenbein und viele Sklaven eintauschen könnte.«

      »Und weiter!«

      »Weiter weiß ich nichts.«

      »Weil deine Augen verdunkelt sind. Sind seine Waffen, seine Ringe, seine Uhr nichts wert?«

      »Sehr viel sogar. Und dann hat er ein Ledertäschchen unter seiner Weste. Ich sah, als er es einmal öffnete, große Papiere darin mit fremder Schrift und einem Stempel. Ich habe einmal in Chartum bei einem reichen Kaufmann so ein Papier gesehen, und da erfuhr ich, daß man sehr, sehr viel Geld bekommt, wenn man dieses Papier demjenigen gibt, dessen Namen darauf geschrieben steht. Diese Papiere werde ich bei der Teilung beanspruchen, dazu seine Waffen, seine Uhr und alles, was er bei sich trägt, auch die Kamellast mit den Zeugen und Tauschsachen. Wir werden dadurch reich werden. Das andre alles, die Kamele mit der Sammlung der Tiere und Pflanzen aber wird Abu el Mot bekommen.«

      »Wird er damit einverstanden sein?«

      »Ja, er ist bereits darauf eingegangen und hat mir sein Wort gegeben.«

      »Und wird er gewiß kommen? Heute ist der letzte Tag. Der Giaur hat uns gemietet, ihn auf unsern Kamelen nach Faschodah zu bringen. Kommen wir morgen dort an, so ist es aus mit unserm Plane, denn er wird ohne uns weiter reisen.«

      »Er wird nicht dort ankommen. Ich bin überzeugt, daß Abu el Mot uns auf dem Fuße folgt. Heute in der Nacht, kurz vor dem Morgengrauen, soll der Überfall geschehen. Zwei Stunden nach Mitternacht soll ich sechshundert Schritte weit gerade westwärts von dem Brunnen gehen und den Alten dort finden.«

      »Davon hast du uns noch nichts gesagt. Wenn ihr euch in dieser Weise besprochen habt, so kommt er sicherlich, und die Beute wird unser. Wir sind Beni Arab, wohnen in der Wüste und leben von ihr. Alles, was auf ihr lebt, ist unser Eigentum, also auch dieser räudige Giaur, der sich nicht einmal mit verneigt, wenn wir zu Allah beten.«

      Damit hatte er die allgemeine Ansicht der Wüstenbewohner ausgesprochen, welche den Raub für ein so ritterliches Gewerbe halten, daß sie sich dessen sogar öffentlich rühmen.

      Während dieses Gespräches hatten sie ihre Tiere in Bewegung gesetzt, um dem Fremden nachzufolgen. Als sie ihn erreichten, ahnte er nicht, daß sein Tod eine von ihnen fest beschlossene Sache sei. Er hatte seine Aufmerksamkeit nicht auf sie, sondern auf einen ganz andern Gegenstand gerichtet. Plötzlich rief er seinem Kamele ein lautes »Khe khe!« zu, das Zeichen zum Anhalten und Niederknieen. Es gehorchte; er stieg aus dem Sattel und griff nach seinem Gewehre.

      »Allah!« rief der Schech. »Gibt es einen Feind?«

      Dabei blickte er sich ängstlich nach allen Seiten um.

      »Nein,« antwortete der Reisende, indem er in die Luft deutete, »es gilt nur einem dieser Vögel.«

      Die Araber folgten mit ihren Augen seinem Fingerzeige.

      »Das ist ein Hedj mit seiner Frau,« sagte der Schech. »Gibt es ihn nicht auch in Eurem Lande?«

      »Ja, aber von einer andern Art. Er wird bei uns Weihe, Corvus, genannt. Ich will auch einen Hedj haben.«

      »Du willst ihn schießen?«

      »Ja.«

      »Das ist unmöglich, das bringt kein Mensch fertig, mit dem besten Gewehre nicht!«

      »Wollen sehen!« lächelte der Fremde.

      Die beiden Weihen waren der Karawane nach Art der Raubvögel gefolgt, immer gerade über derselben schwebend. Sie senkten sich jetzt, als die Reiter hielten, langsam weiter nieder, indem sie hintereinander eine regelmäßige Spirale beschrieben. Der Fremde setzte die Brille zurecht, stellte sich mit dem Rücken gegen die Sonne, um nicht geblendet zu werden, zielte einige Sekunden lang, mit der Mündung des Hinterladers dem Fluge der Vögel folgend, und drückte dann ab.

      Das voran fliegende Männchen zuckte, legte die Flügel zusammen, spannte sie wieder auf, aber nur für wenige Augenblicke, dann konnte er sich nicht mehr in der Luft erhalten; er stürzte zur Erde nieder. Der Fremde eilte der Stelle zu, an welcher der Vogel lag, hob ihn auf und betrachtete ihn. Die Araber kamen herbei, nahmen ihm den Hedj aus der Hand und untersuchten denselben.

      »Allah akbar – Gott ist groß!« rief der Schech erstaunt, »du hattest eine Kugel geladen?«

      »Ja, eine kleine Kugel, keinen Schrot.«

      »Und ihn doch getroffen!«

      »Wie du siehst!« nickte der gute Schütze. »Das Geschoß ist ihm in die Brust gedrungen, mitten in das Leben, was freilich nur Zufall ist; aber auf den Leib hatte ich doch gezielt. Es freut mich, daß der Schuß so gut gelungen ist, denn so ist der Balg ganz unverletzt.«

      »Einen Hedj zu schießen, mit einer Kugel, aus solcher Höhe! Und ihn auch an dieser Stelle zu treffen! Effendi, du bist ein ausgezeichneter Schütze, bei uns verstehen die Lehrer an den Medressen nicht zu schießen. Wo hast du das gelernt?«

      »Auf der Jagd.«

      »So hast du schon früher solche Vögel gejagt?«

      »Vögel, Bären, wilde Pferde, wilde Büffel und viele andre Tiere.«

      »Gibt es die in deinem Vaterlande?«

      »Nur die ersteren. Die letzteren schoß ich in einem andern Weltteile, welcher Amerika heißt.«

      »Von diesem Lande habe ich noch nichts gehört. Sollen wir den Hedj in das Gepäck stecken?«

      »Ja. Ich werde ihn heute abend am Lagerfeuer abbalgen, wenn es überhaupt ein Feuer geben wird.«

      »Es gibt eins, denn an dem Bir Aslan wachsen viele und dichte Sträucher.«

      »So hebt ihn bis dahin auf! Es ist das Männchen, welches wertvoller als das Weibchen ist.«

      »Ja, es ist das Männchen; auch ich kenne es. Seine Witwe ist davon geflogen und wird um ihn trauern und klagen, bis ein andrer Hedj sie tröstet. Allah sorgt für alle Geschöpfe, selbst für den kleinsten Vogel, am allerbesten aber für die Dijur ed djiane, welche er jährlich in sein Paradies aufnimmt, wenn sie von uns gehen.«

      Dieser Glaube ist in Ägypten viel verbreitet. Der gewöhnliche Mann weiß nicht, daß die Schwalben, welche er eigentlich »Snunut« nennt, ihre wirkliche Heimat in Europa haben und nur während unsrer Winterszeit nach Süden gehen. Da sie im Frühling verschwinden, ohne daß er erfährt, wohin, so erklärt er sich, wohl meist auch infolge ihres traulichen, menschenfreundlichen Wesens, diese Erscheinung in der Weise, daß er annimmt, sie fliegen nach dem Paradiese, um bei Allah zu nisten und ihm die Gebete der Gläubigen vorzuzwitschern.

      Nachdem der unterbrochene Ritt fortgesetzt worden war, sah man nach einiger Zeit einzelne kahle Berge, welche sich im Süden und Norden der eingeschlagenen Richtung erhoben. Dies gab dem Fremden Veranlassung, auch nach rückwärts zu blicken. Sein Auge blieb an einigen winzig kleinen Punkten hangen, welche dort scheinbar unbeweglich in der Luft schwebten. Er zog sein Fernrohr aus der Satteltasche und beobachtete dieselben einige Zeit. Dann schob er das Rohr wieder in die Tasche zurück und fragte:

      »Ist der Weg, den wir reiten, ein vielbesuchter Handelsweg?«

      »Nein,« antwortete der Schech. »Wenn wir den Karawanenweg hätten einschlagen wollen, so hätten wir einen Bogen reiten müssen, auf welchem uns zwei Tage verloren gegangen wären.«

      »Hier ist also keine Karawane zu erwarten?«

      »Nein, weil es in der trockenen Jahreszeit auf dem Pfade, den wir ritten, kein Wasser gibt. Das unsrige ist auch bereits zur Neige gegangen. Die Schläuche sind leer.«

      »Aber am Bir Aslan werden wir sicher welches finden?«

      »Ganz gewiß, Effendi.«

      »Hm!


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