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Die Sklavenkarawane. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Die Sklavenkarawane - Karl May


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lautet das auf Arabisch?«

      »Kelb.«

      »Welch ein Name! Wie kann ein Mensch sich nach einem so verachteten Tiere nennen! Wie hieß dein Vater?«

      »Auch Uszkar oder Kelb.«

      »Dein Großvater?«

      »Ebenso.«

      »Und deine andern Ahnen?«

      »Auch nicht anders.«

      »Allah, welch ein Stammbaum ist das! Kelb ben Kelb Ibn Kelb Hafid Kelb, Kelb und nichts als Kelb! Es ist ein Wunder, daß du nicht bellst, sondern sprichst. Mein Name aber lautet Hadschi Ali ben Hadschi Ishak el Faresi Ibn Otaiba Abu – — —«

      »Still, still, still!« rief der Ungar, indem er mit beiden Armen den ewig langen Namen abwehrte. »Ich mag ihn nicht mehr hören. Wenn ich ihn einatme, wird er sich als Bandwurm in meine Eingeweide legen und mich von innen heraus aufzehren. Was kann dein Name gegen meine Erfahrungen und Kenntnisse bedeuten! Ihn hast du ohne alles Verdienst von deinen Vorfahren; sie aber habe ich mir selbst angeeignet. Wisse, daß ich sogar die Sprache aller Weisheit, das Latein, verstehe! Ich habe es von meinem Herrn gelernt.«

      »Und wisse,« schrie der andre, welcher sich ernstlich zu ereifern begann, »daß ich alle Länder und Völker der Erde, alle Städte und Dörfer des Weltalls kenne und beim Namen nenne.«

      »Das ist Geographie, deine Leidenschaft. Wo aber willst du sie studiert haben?«

      »Bei meinem Oheim, welcher erst in Stambul wohnte und dann in das Land der Nemtsche nach Lipsik ging, wo er an einer Straßenecke viele Jahre lang mit Asal ‚l abiad handelte. Dort wurde er wohlhabend und kehrte heim, mich zu belehren. Als ich ausstudiert hatte, ging ich nach Ägypten als Asker und bin so nach und nach bis in den Sudan gekommen.«

      »O du Vater des Gelächters,« lachte der Slowak, »willst du dir darauf etwas einbilden, daß dein Oheim Honig verkaufte? Hat er in Leipzig auch Latein studiert?«

      »Alles, alles, was es geben kann! Und ich hab‘s dann von ihm. Allah allein kennt die Millionen Länder und Dörfer, welche sich in meinem Kopfe befinden. Du aber weißt gar nichts. Du bist der Sohn der Blattern und der Vater der elf Haare. Du hast meinen Namen gehört. Wie kannst du mich den Vater des Gelächters nennen?«

      Sie waren beide zornig geworden und griffen sich bei ihren gegenseitigen körperlichen Schwächen an. Die Spitznamen, welche man ihnen gegeben hatte, waren sehr bezeichnend. Das Gesicht des Slowaken war geradezu abschreckend pockennarbig, und es mußte fast als ein Wunder erscheinen, daß die zerstörende Krankheit ihm die wenigen Haarkeime übrig gelassen hatte. Freilich zählte sein Schnurrbart mehr als elf Haare, aber über dreißig waren es gewiß nicht. Und diese zerstreut und unregelmäßig über die Oberlippe verteilten Männlichkeitsbeweise hatte er so lieb, daß seine Hände während jedes freien Augenblickes bemüht waren, sie zu sammeln und ihnen die Form eines echt ungarischen Schnurrwichses zu geben.

      Was den »Vater des Gelächters« betraf, so litt er an einer Krankheit, welche sein Gesicht in fast regelmäßigen Pausen, besonders aber bei Seelenerregungen und wenn er sprach, zur schrecklichen Fratze verunstaltete, nämlich am Gesichtskrampfe. Diese Verzerrungen brachten nie einen ernsten, sondern stets nur einen solchen Ausdruck des Gesichtes hervor, daß man meinte, Ali wolle sich über irgend etwas totlachen. Es ist ganz gewiß höchst verwerflich, sich über körperliche Gebrechen eines andern lustig zu machen, aber die Gesichter des Mannes, welcher Millionen Länder und Dörfer in seinem Kopfe hatte, wirkten so unwiderstehlich, daß der ärgste Melancholikus, der rücksichtsvollste Mensch geradezu gezwungen war, mitzulachen. Übrigens genierte ihn das keineswegs; er schien sich im Gegenteile ganz glücklich zu fühlen, stets lustige Gesichter um sich zu sehen.

      »Und wenn du alle Völker und Inseln der Erde im Kopfe hast, so kennst du doch gewiß nicht ein einziges Wort Latein!« behauptete der Slowak. »Herr, verstehst vielleicht auch du lateinisch?«

      »Ja, ein wenig,« nickte der »Vater der vier Augen« lächelnd. »Wo hast du es denn gelernt?«

      »Auch in Leipzig.«

      »Aber doch nicht an der Ecke bei dem Honigkasten?«

      »Nein, sondern von meinen Professoren.«

      »Professoren? Hast du etwa studiert?«

      »Ja.«

      »Was?«

      »Medizin.«

      »So bist du Doktor?«

      »Allerdings. Auch war ich drei Jahre lang Lehrer an einer deutschen Medresse.«

      Da sprang der Kleine auf und rief:

      »So bist du ein Deutscher?«

      »Ja. Wenn du deutsch verstehst, können wir uns dieser Sprache bedienen.«

      »Natürlich verstehe ich es, und zwar ganz ausgezeichnet! Allah! Ein Ra-is et tibb! Und ich habe dich du genannt! Wo habe ich da meine Augen gehabt! Das soll sofort gut gemacht werden; ich werde höflicher sein. Darf ich deutsch reden?«

      »Das versteht sich!« antwortete der Gelehrte, sehr neugierig darauf, wie der Ungar, welcher des Magyarischen, des Slowakischen und sogar des Lateinischen mächtig sein wollte und wirklich gar nicht übel arabisch sprach, sich im Deutschen ausdrücken werde. »Versuchen Sie es, und sagen Sie mir da einmal gleich, was Ihr Vater gewesen ist!«

      Der Gefragte antwortete mit strahlendem Gesichte, nun in deutscher Sprache:

      »Vatterr meiniges hatt Musika gewest. Macht dilideldum, dilideldei.«

      »Auf welchem Instrumente?« fragte der Arzt, der sich nur schwer des Lachens erwehren konnte.

      »Hatt blaste Klarniett: Viviviva viviviva!«

      Er hielt die beiden Hände vor den Mund und ahmte die Klänge der Klarinette täuschend nach.

      »Da haben Sie wohl auch ein Instrument zu blasen gelernt?«

      »Nein. Mund meiniger hatt nicht paßte dazu.«

      »Und wie ist Ihr eigentlicher Name?«

      »Hab ich heißte Uszkar Istvan.«

      »Also zu deutsch Stephan Pudel, wenn ich mich nicht irre, da ich zufälligerweise das Wort Pudel kenne. Ein ominöser Name hier in einem mohammedanischen Lande, wo das Wort Hund als größte Beschimpfung gilt. Sie hätten dieses Uszkar Ihren Gefährten nicht übersetzen sollen.«

      »Serr richtig! Aber wie heißten Sie, Pane Doktorrr?«

      »Ich heiße Emil Schwarz und bin hier, um die Fauna und Flora des Landes zu studieren und in möglichst vielen Präparaten mit nach Hause zu nehmen.«

      »Fauna und Florrra! O, das seinte gut Latein! Auch ich verstehnte Latein. Latein meiniges ich hatt lernte bei Pane Wagner. Fauna heißte Pflanz, und Flora heißte Vieh.«

      »Oder umgekehrt,« lachte Schwarz.

      »Umkehrte auch richtig, beides richtig! Ich bin viel geweste in Sudan. Ich hatt sehnte das ganze Florrra und Fauna. Wenn Sie brauchte ein Dienerrr, ich sehr gern wernte Dienerrr Ihriges.«

      »Wirklich?«

      »Ja, Pane Doktorrr. Ich nicht willnte mehr handeln im Sudan, und ich nicht mehr magte sein ein Dschelabi. Sie mich könnte brauchte sehr gut. Ich Sie wollte unterrrstützte mit Latein meiniges und machte kleb an die Etiquetten an Präparaten Ihrige.«

      »Dieses Anerbieten ist mir nicht unwillkommen, und ich werde – — —«

      Er hielt inne. In der Ferne war ein Ton erklungen, welcher sofort die Aufmerksamkeit aller in Anspruch nahm.

      »Was war das?« fragte Schwarz, sich in arabischer Sprache an die Dschelabi wendend. »Doch unmöglich Donner! Jetzt im Sef gibt es doch wohl keine Gewitter.«

      »Nein, Donner war es nicht,« antwortete der Slowak, auch in arabischer Sprache, welche er nicht so schlimm radebrechte wie die deutsche.

      »Was war es sonst?«

      »Es war Aslan, der Herr der Herden.«

      »Der


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