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Old Surehand I. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Old Surehand I - Karl May


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gewesen, und daß man dies unterlassen hatte, war jedenfalls eine Nachlässigkeit. Wie nun, wenn an meiner Stelle eine Indianerschar gekommen wäre! Jenseits senkte sich das Terrain in einen Cañon hinab, der sehr wahrscheinlich das nötige Wasser lieferte. Die Pferde lagen oder liefen frei umher. Die Truppen hatten zum Schutze gegen die Sonnenhitze über Kaktusstangen Leinwandtücher angebracht; ein großes Zelt war für die Offiziere bestimmt, und im Schatten desselben schienen die Proviantvorräte untergebracht zu sein. In der Nähe lagerten acht oder zehn Männer, welche nicht zu den Truppen gehörten, sondern wahrscheinlich bei denselben übernachten wollten, weil der Tag nun bald zu Ende ging. Ich war entschlossen, dasselbe auch zu thun. Ich hätte zwar noch weiterreiten können, dann aber allein lagern müssen, und dabei wegen meiner Sicherheit nicht schlafen dürfen. Hier fand ich die Ruhe, welche mir für meinen morgigen weiten Ritt so notwendig war.

      Als ich bemerkt wurde, kam mir ein Unteroffizier entgegen und brachte mich zum Kommandanten, der, durch Rufe aufmerksam gemacht, mit seinen Offizieren aus dem Zelte trat. Indem ich abstieg, musterte er mich und mein Pferd, und fragte dann:

      »Woher, Sir?«

      »Von der Sierra herab.«

      »Und wohin?«

      »Zum Pecos hinunter.«

      »Das sollte Euch schwer werden, wenn wir die Schufte von Komantschen nicht vertrieben hätten. Habt Ihr Spuren von solchen Kerls gefunden?«

      »Nein!«

      »Hm! Scheinen sich südlich gewendet zu haben. Wir sitzen nun fast zwei Wochen hier, ohne eine Nase von ihnen vor die Augen zu bekommen.«

      »Esel!« hätte ich ihm in das Gesicht rufen mögen, denn wenn er die Roten haben wollte, so mußte er sie suchen; es konnte ihnen nicht einfallen, ihm hierher in die Hände zu laufen. Hatte er nicht erfahren können, wo sie waren, so wußten sie jedenfalls ganz genau, daß er sich hier befand. Es war anzunehmen, daß das Lager des Nachts von ihren Spähern umschlichen wurde. Als ob er einen Teil meiner Gedanken erraten hätte, fuhr er fort:

      »Es fehlt mir ein tüchtiger Scout[3], auf den ich mich verlassen und der sie mir aufspüren kann. Old Wabble hat hier übernachtet; der wäre der richtige Mann für mich gewesen, habe aber erst, als er fort war, erfahren, wer er war; der Schurke mochte so etwas ahnen und nannte sich Cutter. Und über eine Woche ists schon her, da traf eine Streifpatrouille auf Winnetou, den Apatschen; der wäre noch besser gewesen, hat sich aber schleunigst fortgemacht. Wo der sich sehen läßt, da ist Old Shatterhand nicht weit, wie man mir sagt; ich wollte, der lief mir ins Garn. Wie heißt Ihr, Sir?«

      »Charley,« antwortete ich, ihm meinen Vornamen nennend, der ja auch mein Familiennamen sein konnte. Ihm zu sagen, daß ich dieser Old Shatterhand sei, konnte mir nicht einfallen. Ich hatte weder Zeit noch Lust, hierzubleiben und mich als Spion verwenden zu lassen. Dabei musterte ich die an der Erde lagernden Civilisten; zu meiner Beruhigung befand sich kein mir bekanntes Gesicht dabei. Freilich konnte ich durch mein Pferd und die Gewehre verraten werden. Es war bekannt, daß Old Shatterhand einen Bärentöter und einen Henrystutzen besaß und einen schwarzen Hengst ritt, den Winnetou ihm geschenkt hatte. Glücklicherweise war der Kommandant so bescheidenen Geistes, daß er nicht auf diese Dinge kam; er kehrte in das Zelt zurück, ohne seine Fragen fortzusetzen.

      Worauf er nicht gekommen war, das konnte einer der Civilisten erraten, die sehr wahrscheinlich alle Westmänner waren; darum schob ich den Henrystutzen unauffällig in das Lederfutteral, so daß sein eigenartiges Schloß nicht zu sehen war; der Bärentöter war weniger auffällig. Hierauf sattelte ich ab und ließ den Hengst frei. Gras gab es hier freilich nicht; dafür aber standen zwischen den Riesenkakteen genug Melokakteen, welche Futter und Saft in Fülle lieferten. Mein Rappe verstand es, diese Pflanzen zu entstacheln, ohne sich zu verletzen. Als ich dann die Civilisten um die Erlaubnis bat, mich zu ihnen zu setzen, antwortete einer von ihnen:

      »Kommt immer her, Sir, und eßt mit mir, wenn‘s Euch gefällig ist. Ich heiße Sam Parker, und wenn der ein Stück Fleisch übrig hat, kann jeder brave Kerl davon essen, bis es alle ist. Habt Ihr Appetit?«

      »Will es meinen.«

      »So schneidet davon herunter, so viel, wie Ihr wollt. Wir sind lauter Westleute, Sir. Und Ihr?«

      Er schob mir ein wohl acht Pfund schweres kaltes, aber gebratenes Fleisch hin; ich schnitt mir ein Stück davon ab und antwortete:

      »Ich treibe mich zuweilen auch diesseits des alten Missisippi herum, weiß aber nicht, ob ich mich einen Westmann nennen darf. Es gehört gar so viel dazu, einer zu sein.«

      Er schmunzelte befriedigt und sagte:

      »Habt recht, Sir, sehr recht! Freut mich, einmal einen bescheidenen Menschen zu sehen, der sich nicht gleich, wenn er Nachtwächter geworden ist, für den Präsidenten der Vereinigten Staaten hält. Solche Leute sind heutzutage seiten. Euern Namen haben wir vorhin gehört, Mr. Charley. Welche Arbeit thut Ihr denn im Westen hier? Jäger? Fallensteller? Honigsammler?«

      »Gräbersucher, Mr. Parker.«

      »Gräbersucher?« rief er erstaunt. »Das heißt – — Ihr – — sucht – — Gräber – —?«

      »Yes.«

      »Wollt Ihr uns foppen, Sir?«

      »Fällt mir nicht ein.«

      »So habt die Güte, Euch zu erklären, wenn ich Euch nicht mein Messer zwischen die Rippen geben soll. Nasführen lasse ich mich nicht.«

      »Well! Ich will erforschen, woher die jetzigen Indianer stammen. Vielleicht habt Ihr einmal gehört, daß Gräberfunde zu diesem Zwecke gute Dienste leisten.«

      »Hm! Habe freilich einmal gelesen, daß es Menschen giebt, die alte Gräber aufwühlen, um da drinnen Weltgeschichte oder so was zu studieren. Dummes Zeug! So ein Mannskind seid Ihr also auch?«

      »Yes.«

      »Also ein Gelehrter?«

      »Yes.«

      »Gott stehe Euch bei, Sir! Ihr könnt leicht selbst mit der Nase ins Grab stolpern und tot drin stecken bleiben. Wenn Ihr nach verstorbenen Leichen suchen wollt, so thut das doch in einer Gegend, wo Ihr Eures Lebens sicher seid. Hier aber pfeifen die Kugeln und Tomahawks nur so in der Luft herum. Die Comantschen sind los. Könnt Ihr schießen?«

      »Ein wenig.«

      »Hm, kann es mir denken! Habe auch einmal gedacht, ich könne schießen. Werde es Euch vielleicht einmal erzählen. Wie ich sehe, habt Ihr da eine alte Pulverbüchse, mit der man Mauern einrennen kann; das läßt tief blicken, Sir. Und dort das andere Gewehr in dem Etui, das ist wohl so eine richtige, ächte Sonntagsrifle?«

      »Weiß es nicht.«

      »Wird schon so sein! Ich sage Euch, Sir, es ist gefährlich, hier nach toten Leichnamen zu suchen. Macht Euch fort! Ihr könnt Euch uns anschließen; da seid Ihr sicherer, als wenn Ihr allein reitet.«

      »Welche Richtung nehmt Ihr denn von hier?«

      »Auch hinunter nach dem Pecos, wohin Ihr wollt, wie wir vorhin gehört haben.«

      Er ließ einen halb wohlgefälligen und halb ironischen Blick über mich gleiten und fuhr dann fort:

      »Ihr seht gar nicht übel aus, ganz wie aus dem Ei geschält; aber das taugt nichts für diese Gegend, Sir. Ein richtiger Westmann sieht ganz anders aus. Dennoch gefallt Ihr mir, und ich lade Euch noch einmal ein, mit uns zu gehen. Wir werden Euch beschützen, denn so ganz allein wie bisher kommt Ihr doch nicht durch. Ihr scheint auch beritten zu sein, wenigstens was man in den Oststaaten so zu nennen pflegt. Habt wohl Euer Kutschpferd mitgebracht, he?«

      »Es mag so ähnlich sein, Mr. Parker,« antwortete ich, innerlich belustigt darüber, daß er meinen indianischen Rassenhengst, mit dem nur noch Winnetous Rappe zu vergleichen war, für einen Kutschengaul hielt. Er gefiel mir wenigstens ebenso wie ich ihm. Wenn ich mich ihm anschloß und er dann erfuhr, wer ich war, so waren komische Scenen zu erwarten. Dazu kam, daß mir diese Begleitung, wenn auch nicht später, aber doch durch den Mistake-Cañon nützlich werden konnte, und darum entschloß ich mich, auf seinen Vorschlag einzugehen.

      »Habe


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Pfadfinder, Kundschafter.

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