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Old Surehand II. Karl MayЧитать онлайн книгу.

Old Surehand II - Karl May


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länger und zuletzt für immer da. Ich war froh, ihn zu haben; ohne ihn wäre ich mit meinem Kinde verhungert. Er ging hinüber nach Dodge City und ließ meinen Mann für tot erklären. Ich brauchte einen Beschützer und mein Sohn einen Vater. Rollins ist beides geworden. Einst aber hatte ihm von einem Schatze geträumt, der hier vergraben sei. Sonderbarerweise wiederholte sich dieser Traum so oft, daß Rollins nicht nur fest an die Existenz dieses Schatzes glaubt, sondern in einen förmlichen Wahn verfallen ist. Des Nachts phantasiert er von dem Golde, und des Tages gräbt er nach dem Golde.«

      »Wohl an dem Berge, an dessen Fuße die alten Platanen stehen?«

      »Ja. Aber ich darf nicht mit hin und mein Sohn ebensowenig. Ich kann keinem Menschen sagen, wie unglücklich ich bin. Ich bete täglich und stündlich um Errettung. Wenn Gott doch helfen wollte!«

      »Er wird helfen, wenn auch seine Hilfe Ihnen anfänglich Schmerz bereiten sollte. Ich habe so oft im Leben die Erfahrung gemacht, daß – —«

      Ich wurde unterbrochen. Joseph kam herein und bat uns, hinauszukommen und den Himmel zu betrachten. Wir folgten ihm, verwundert über dieses Verlangen. Der »kleine Hirsch« stand draußen und blickte aufmerksam nach einem Wölkchen, welches fast scheitelrecht über unsern Köpfen stand. Sonst aber war der Himmel vollständig rein und ungetrübt. Joseph sagte uns, daß der Indianer dieses Wölkchen für uns sehr gefährlich halte. Der »kleine Hirsch« sprach nämlich ganz leidlich englisch und konnte sich also dem weißen Knaben verständlich machen. Will Salters zuckte die Achsel und sagte:

      »Dieses Cigarrenwölkchen soll uns gefährlich sein? Pshaw!«

      Da wendete der Indianer den Kopf zu ihm hin und sagte nur das eine Wort:

      »Iltschi.«

      »Was bedeutet das?« fragte mich Will.

      »Wind, Sturm!«

      »Unsinn! Ein gefährlicher Wind, also eine Bö, kommt nur aus einem »Loche«, das heißt, wenn sich der ganze Himmel schwarz umzogen hat und sich in dieser schwarzen Decke ein rundes, helles Loch befindet. Hier aber ist es umgekehrt. Der Himmel ist außer dieser Stelle vollständig ungetrübt.«

      »Ke-eikhena-iltschi,« sagte der Indianer.

      Jetzt wurde ich doch aufmerksamer. Diese drei Worte bedeuten »der hungrige Wind«. Der Apatsche bezeichnet mit diesem Ausdrucke einen Wirbelsturm. Ich fragte den jungen Mann, ob er einen solchen befürchte. Er antwortete:

      »Ke-eikhena-akh-iltschi.«

      Das heißt »der sehr hungrige Wind« und bedeutet gar eine Windhose. Wie kam der Apatsche zu dieser Vermutung? Ich konnte an dem Wölkchen wirklich nichts Verdächtiges bemerken; aber ich wußte auch, daß diese Kinder der Wildnis einen wunderbaren Instinkt für gewisse Naturereignisse besitzen.

      »Unsinn!« meinte Salters zu mir. »Komm herein! Ich glaube gar, du fängst an, ein bedenkliches Gesicht zu machen.«

      Da legte der Indianer sich den Finger an die Stirn und sagte zu ihm:

      »Ka-a tschapeno!«

      Er hatte wohl gemerkt, daß Will nicht apatschisch verstand und bediente sich des Tonkawadialektes, zu deutsch. »Ich bin nicht krank,« nämlich im Kopfe. Salters verstand ihn, nahm ihm aber die Worte übel und trat wieder in die Hütte. Ich benutzte diese Gelegenheit, dem »kleinen Hirsch« zu zeigen, daß ich ihm seine früheren Antworten nicht geglaubt hatte. Ich fragte ihn:

      »Welcher Fuß meines jungen Freundes ist krank?«

      »Sintsch-kah – der linke Fuß,« antwortete er.

      »Warum aber hinkte mein Bruder mit dem rechten Fuße, als er dort aus den Sträuchern kam?«

      Es glitt ein Lächeln der Verlegenheit über sein Gesicht, doch antwortete er schnell gefaßt:

      »Mein tapferer Bruder hat sich geirrt.«

      »Mein Auge ist scharf. Warum hinkt der »kleine Hirsch« nur dann, wenn er gesehen wird? Warum ist sein Gang richtig, wenn er allein ist?«

      Er blickte mich forschend an, ohne zu antworten. Darum fuhr ich fort:

      »Mein junger Freund hat von mir gehört. Er weiß, daß ich die Fährte lese, daß mich kein Halm des Grases, kein Korn des Sandes zu täuschen vermag. Der junge Hirsch ist heute früh vom Berge herabgekommen und nach dem Flusse gegangen, ohne zu hinken. Ich habe seine Spur gesehen. Hat er auch jetzt den Mut, zu sagen, daß ich mich täusche?«

      Er senkte den Blick zur Erde und schwieg.

      »Warum sagt der »Hirsch«, daß er nach den heiligen Steinbrüchen mit seinen Füßen gehe?« fuhr ich fort. »Er ist von seinem Wigwam aus bis hierher geritten.«

      »Uff!« antwortete er erstaunt. »Wie könntest du das wissen?«

      »Ist nicht der größte Häuptling der Apatschen mein Lehrer gewesen? Meinst du, daß ich ihm die Schande mache, mich von einem jungen Apatschen, der noch kein Feuergewehr tragen darf, hintergehen zu lassen? Dein Tier ist ein Tschi-kayi-kle, ein Rotschimmel.«

      »Uff, uff!« rief er zweimal als Ausdruck der höchsten Verwunderung.

      »Willst du den Bruder Intschu tschunas belügen?« fragte ich vorwurfsvoll.

      Da legte er die Hand auf das Herz und antwortete:

      »Schi-itkli takla ho-tli, tschi-kayi-kle – — ich habe ein Pferd, einen Rotschimmel.«

      »So ist es recht! Ich sage dir sogar, daß du heute früh bei Zeiten die ganze indianische Schule durchgeübt hast.«

      »Mein weißer Bruder ist allwissend wie Manitou, der große Geist!« rief er aus, förmlich betroffen.

      »Nein. Du bist in Carriere geritten, mit einem Fuße im Sattel hängend und mit einem Arme am Halsriemen, deinen Körper an die eine Seite des Pferdes legend. Das thut man im Kampfe, um sich vor den Geschossen des Feindes zu schützen, zur Friedenszeit aber nur, wenn man die volle Schule übt. Nur bei einem solchen Ritte ist es möglich, daß Mähnenhaare sich an Griff und Scheide des Messers verfitzen und, ausgerissen, hängen bleiben. Solches Mähnenhaar kann nur ein Rotschimmel haben.«

      Er fuhr mit beiden Händen nach dem Gürtel, an welchem das Messer in der Scheide lag. Daran hingen einige Haare. Ich sah trotz seiner indianischen Hautfärbung, daß er errötete, und fügte hinzu:

      »Das Auge des »kleinen Hirsches« ist hell, aber noch nicht geübt genug für solche Kleinigkeiten, an denen doch oftmals das Leben hängt. Mein junger Bruder ist hierher gekommen, um den Besitzer dieses Hauses zu sehen. Hat er eine Blutrache mit demselben?«

      »Ich habe das Gelübde des Schweigens abgelegt,« antwortete er; »aber mein weißer Bruder ist der Freund des berühmtesten Apatschen. Ich will ihm etwas zeigen, was er mir heute noch zurückgeben wird. Er kann davon sprechen, denn meine Stunde ist gekommen.«

      Er öffnete das Jagdhemd und zog ein wie ein Briefcouvert viereckig zusammengelegtes Leder hervor. Er gab es mir und schritt davon, nach dem Maisfelde zu, bei welchem jetzt der blonde Joseph stand. Ich sah noch, daß er diesen beim Arme ergriff und mit sich fortzog.

      Ich schlug das Leder, welches aus einem gegerbten Hirschfelle geschnitten war, auseinander. Der Inhalt bestand aus einem zweiten Lederstücke aus Büffelkalbfell, nur von den Haaren befreit, mit Kalk gebeizt und zu Pergament geglättet. Es war zweimal zusammengeschlagen. Als ich es auseinander gefaltet hatte, sah ich eine Reihe von Figuren, in roter Farbe hervorgebracht, in der Zeichnung ganz ähnlich der berühmten Felseninschrift von Tsitßumovi in Arizona gehalten. Ich hatte ein Dokument in Indianerschrift in den Händen, eine solche Seltenheit, daß ich gar nicht sogleich an das Entziffern dachte, sondern in die Hütte eilte, um Will Salters diesen Schatz zu zeigen. Er schüttelte den Kopf dazu und meinte ganz verwundert:

      »Das soll man lesen können?«

      »Natürlich!«

      »Nun, so lies du es. Schon wenn es sich um unsre gewöhnliche Schrift handelt, will ich mich lieber mit zwanzig Indsmen als mit drei Buchstaben herumschlagen. Ich bin niemals ein Held im Lesen gewesen; ich schreibe meine Briefe dem Adressaten gleich hier mit der Doppelbüchse in den Leib; das ist das Kürzeste. Die Feder


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