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Reise durch den Stillen Ozean. Max BuchnerЧитать онлайн книгу.

Reise durch den Stillen Ozean - Max  Buchner


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und Klosettbestandtheile. Es berührte mich unangenehm, einen auffallenden Unterschied zwischen den englischen und deutschen Artikeln dieser Art konstatiren zu müssen. Von den englischen Schiffen war Alles so solid und selbst elegant gearbeitet, dass ich mich schämte, unseren lotterigen deutschen Trödel daneben liegen zu sehen. Wie oft hatte ich von Engländern Anspielungen und Klagen über die schlechte Ausrüstung unserer Schiffe zu hören und ruhig hinzunehmen, ohne im Stand zu sein, sie als unbegründet zurückzuweisen.

      Auf der Südkante, dem Eingang von Port Nicholson und dem Ozean zugewendet, stand oben der Leuchtthurm. Zwei Wächter bewohnten ihn, von denen der jüngere eine Frau besass. Mit ihnen sowie mit Mister Koral und dessen Tochter, die von Wellington herübergekommen war, die Verbannung ihres alten Vaters zu erleichtern, habe ich manchen angenehmen Abend zugebracht. Waren auch die beiden Leuchtthurmwärter der Einsamkeit ihres Lebens entsprechend einsilbig genug, und kann ich mich auch nicht erinnern, von dem älteren derselben mehr als ein stereotypes tägliches »Good Morning Sir, nice Morning Sir« mit einer Betonung als ob ich das Gegentheil behauptet, gehört zu haben, so waren sie doch die liebenswürdigsten Menschen, die mir jeden Gefallen thaten. Wir fuhren zusammen zum Fischen oder machten Segelpartieen um unser Eiland.

      An Gelegenheit zur Wasserjagd fehlte es niemals. Auf den Klippen ringsherum wimmelte es von Möven verschiedener Arten. Kormorane trieben sich dazwischen herum, waren aber nur schwer zum Schuss zu bekommen. Um auszuruhen, wählten sie immer die entferntesten Felsenspitzen, die eine weite Umschau gestatteten, und seltsam zeichnete sich oft ihre Silhouette vom Himmel ab, wenn sie regungslos auf einer Kante sassen, ihre nassen Flügel zum Trocknen ausgebreitet und schlaff herabhängend, nicht unähnlich einem zerzausten Preussischen Adler. Versuchte man sich ihnen zu nähern, flugs waren sie weg und verschwunden.

      Das interessanteste Wild auf der Insel aber waren die zahlreichen Pinguine der kleinen blauen Art, die hier eine Hauptstation zu haben schienen.

      Einmal in einer schönen Mondnacht schrieen sie so laut vom Strande herauf, dass ich sie durch die geschlossenen Fenster bis in mein Zimmer hörte. Es mussten mehrere Dutzend sein. Ich nahm meine Büchse, kletterte die mir wohlbekannten beschwerlichen Pfade hinab und setzte mich in den Schatten eines Felsblocks um zu lauern. Aber nichts liess sich blicken, obwohl ich fast zwei Stunden blieb.

      Die Poesie der Umgebung entschädigte mich reichlich für jegliche Beute. Nur das Anschlagen der glitzernden Wellen gegen die Felsenthore und Klüfte des Ufers, deren groteske Formen im ungewissen bleichen Lichte des Mondes schwammen, unterbrach die feierliche Stille der Nacht. Oben strahlte das südliche Kreuz und weiter nördlich der Skorpion, der zwölf Stunden später auch auf die ferne Heimath herabsah. Geheimnissvolle Stimmen regten sich zuweilen draussen über dem Wasser. Schaaren von Möven schliefen dort auf einsamen Klippen, und häufig stritten sich ein paar von ihnen um die Plätze. Und plötzlich liessen sich dann auch die Pinguine hören, so nahe, dass ich sie sehen zu müssen glaubte. Zuerst begann einer allein sein hässliches Jauchzen und Gurren, andere antworteten ihm, und dann fiel der ganze Chor ein und gurrte und jauchzte so schauerlich und unnatürlich, als ob eine Schaar dämonischer Geschöpfe aus der Apokalypse hinter den nächsten Felsen versteckt war. Dann trat auf einmal wieder Stille ein und nur die Wellen plätscherten leise.

      Erst nach langem Suchen gelang es mir, in einer der vielen Höhlen am Strande, in welchen sie sich während des Tages aufzuhalten schienen, drei Pinguine zu fangen. Sie verriethen ihre Anwesenheit durch dieselben gurrenden Töne, die ich schon öfter in der Nacht gehört, und die sie wahrscheinlich erschreckt durch das Geräusch, welches ich beim Herumklettern machte, ausstiessen.

      Ich zündete eine Kerze an und kroch auf dem Bauch in die immer enger und niedriger werdende Höhle bis ich nicht mehr weiter konnte. Da sassen denn meine Vögel in einem nur fussbreiten Loch, kein Meter von mir entfernt aber unerreichbar für die Hand, und gurrten und fauchten so giftig, dass ich fürchtete, sie möchten mir ins Gesicht springen, was in meiner eingeklemmten Lage sehr unangenehm werden konnte. Ich blieb ruhig liegen und bohrte mein Licht in den Boden. Das Licht schien die Neugierde der Pinguine lebhaft zu reizen. Sie beruhigten sich und hörten auf zu gurren, da sie nur mehr das Licht beguckten.

      Langsam kam jetzt einer heraus aus dem Loch, das seltsame Phänomen genauer zu untersuchen. Auf mich schienen sie ganz vergessen zu haben, da ich mich nicht regte und kaum zu athmen wagte. Immer näher und näher kam er der tückisch auf ihn lauernden Hand. Ein rascher Griff und ich hatte ihn beim Kragen. Er sträubte sich wüthend und biss heftig um sich, seine Kameraden fauchten und gurrten, ich rutschte zurück und steckte ihn draussen in einen mitgenommenen Sack. Ganz auf dieselbe Weise fing ich auch die zwei anderen. Nach zehn Minuten ruhigen Liegens hatten sie mich vergessen und schlichen hervor, das Licht zu begucken.

      Den letzten liess ich frei und ins Wasser laufen, um seine Schwimmkunst zu beobachten. Eilig hüpfte er gleichbeinig über die Blöcke des Ufers, bis er das rettende Element erreichte. Dann tauchte er unter und blitzschnell, seine Vogelgestalt in die eines Fisches verwandelnd, war er verschwunden. Nach einer Minute tauchte er einen Büchsenschuss weit entfernt wieder auf, um zu athmen. Ich machte eine Bewegung und abermals war er weg.

      Meine zwei Gefangenen brachte ich nach meiner Wohnung, wo ich ihnen eine helle, luftige Kammer einräumte. Trotz aller Bemühungen, ihnen ihren Aufenthalt so komfortabel als möglich zu machen, gelang es mir nicht sie zum Fressen zu bewegen. Ich liess für sie ein grosses Salzwasserbassin und einen kleinen Garten mit Ufergewächsen anlegen, ich gab ihnen lebende Fische und Würmer, ich versuchte sie gewaltsam zu füttern – sie bestanden hartnäckig auf dem Fasten.

      In der Nacht fingen sie einmal, als der Mond zu ihnen hereinschien, zu fauchen und zu gurren an und versetzten meine Krankenwärterin, welche neben ihnen schlief, in die grösste Angst und Bestürzung. Das abergläubische Weib glaubte, es seien böse Geister, die ihren Spuk trieben. Da ich mittlerweile einsehen musste, dass alle meine Mühe mit ihnen vergeblich war, so tödtete ich die armen Thiere, um sie nicht länger leiden zu lassen, nachdem sie zwölf Tage gefastet hatten.

      An den schönen warmen und windstillen Tagen, die auf die erste Periode der Stürme folgten, ruhte über unserer Insel eine idyllische Sabathruhe, welche, so wohlthuend sie im Anfang war, auf die Dauer langweilig wurde, und ich begann schliesslich mit dem Köter des Leuchtthurmwächters zu sympathisiren, dem unser Mangel an Ereignissen gleichfalls nicht zu behagen schien. Er war ein gutmüthiger struppiger Kerl, der keinem Menschen was zu Leide that. Aber er litt beständig an der schrecklichsten Beschäftigungslosigkeit und rannte oft Tage lang vom Leuchtthurm nach den Baracken und von diesen zum Leuchtthurm hin und her, um zu sehen, ob es nichts für ihn zu thun gäbe. Selbst mitten in der Nacht liess es ihm manchmal keine Rast, er konnte nicht schlafen und trabte dann regelmässig zu mir herauf, um vor meinem Fenster so lange zu heulen, bis ich aus dem Bett sprang und ihn mit einem Prügel den Berg hinabjagte, was indess unserer Freundschaft während des Tages keinen Abbruch that.

      Bald trat eine zweite Periode der Stürme ein, und es herrschte wieder ein Wetter, wie es für den neuseeländischen Herbst charakteristisch sein soll. Dunkle Wolken flohen heftig über den Himmel, durch deren Lücken die Sonne feine Lichtblicke herabsandte. Ueber Wasser und Land, über Berg und Thal glitten diese als hellstrahlende Inseln dahin, verfolgt von düsteren schwarzen Regenschauern, ein nie aufhörender Wechsel in der Beleuchtung. Dann rüttelte wieder der Wind heulend an unseren leichtgebauten zitternden Häusern, und man war ins Zimmer gebannt.

      Ich sah bereits mit Schmerzen meiner Erlösung entgegen, als mir eines Morgens gemeldet wurde, es sei ein Schiff mit der gelben Flagge im Grosstop hereingekommen und liege unten an der Insel vor Anker. Dies war mir keine sehr angenehme Ueberraschung. Denn ein Zuwachs von Kranken wäre gleichbedeutend mit einer Verlängerung meines Amtes gewesen. Uebrigens ging das Schiff am Nachmittag an die Stadt und mir fiel ein Stein vom Herzen.

      Am 12. Mai schlug für mich endlich die ersehnte Stunde. Meine bis auf fünf Köpfe zusammengeschmolzenen Kranken waren so weit genesen, dass sie keiner täglichen ärztlichen Beaufsichtigung mehr bedurften. Ich wurde von der Barkasse der Kommissioners abgeholt und siedelte nach Wellington über. Ich war frei.

      VI

      WELLINGTON

      Erste Eindrücke. Lage der Stadt. Sehenswürdigkeiten. Das Museum, der botanische Garten, das Athenäum, der


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