Novellen. Николай ЛесковЧитать онлайн книгу.
war die Kerasivna dem Dukač sehr wohl bekannt, er war aber ein zu gescheiter Mann, um daran zu glauben, daß Christy eine Hexe sei, im Gegenteil er fand, daß sie eine gescheite, erfahrene Frau sei, mit der man sich beraten kann.
Und da Dukač ein ebenfalls unbeliebter Mann war, so schlossen sich diese beiden in Freundschaft aneinander.
Man erzählte sich zwar im Dorfe, man hätte den Dukač mit der Christy unter der alten Weide stehen gesehen, die in den Zaun eingeflochten war, welcher die Gärten des Dukač von jenem der Kerasivna trennte.
Andere behaupteten sogar, es bestehe ein sehr intimes Verhältnis zwischen beiden – doch das alles war bloßes Gerede und Klatscherei, wie solches, hauptsächlich in den Dörfern, so oft vorzukommen pflegt.
Die Sache verhielt sich einfach so, daß Dukač und Kerasivna, deren Reputation eine und dieselbe war, sich näher an einander schlossen als an die anderen Nachbaren, daß so oft sie sich begegneten, sie stets Gelegenheit fanden, ihre Ansichten über dieses und jenes auszutauschen.
Jetzt erinnerte sich Dukač der Kerasivna, namentlich als die Einladung an die Intelligenz im Dorfe zu seinem Mißvergnügen ausfiel und ließ dieselbe holen, um sich mit ihr zu beraten.
Dukač erzählte ihr genau den Fall und die ihm dadurch angetane Beleidigung.
Kerasivna hörte dies ruhig an, dachte ein wenig nach, warf plötzlich den Kopf in die Höhe und sagte gerade zu:
„Wie denn, Herr Dukač, wenn Sie mich zur Patin nehmen möchten?“
„Dich? … zur Gevatterin haben?“ … wiederholte Dukač.
„Ja, mich … oder glauben Sie auch daran, wie die anderen, ich sei eine Hexe?“
„Hm … ja wohl, so sagen es alle, Du wärest eine Hexe, aber ich sehe keine Hörner auf Deinem Kopf, noch einen Pferdefuß.“
„Und das werden Sie auch niemals sehen.“
„Hm … Gevatterin … ja, was werden die Leute dazu sagen?“
„Was für Leute? … sie wollen ja auf euer Haus gar nicht spucken, wie so erst in dasselbe gehen.“
„Das ist wahr … aber, was wird meine Frau dazu sagen? … Siehst Du, die ist ebenso wie die übrigen fest davon überzeugt, Du wärest eine Hexe.“
„Und Sie fürchten sich wohl vor Ihrer Frau?“
„Ich? … fürchten … so dumm bin ich nicht wie Dein Mann … ich fürchte mich vor Weibern nie … überhaupt vor Niemanden … aber sag’ aufrichtig … bist Du wirklich keine Hexe?“
„Eh! Herr Dukač … schaue ich denn gar so darnach aus? … übrigens, laden Sie zum Paten, wen Sie wollen.“
„Hm! … so warte ein wenig, ärgere Dich nicht gleich … gut, also sei Du die Patin … aber glaubst Du, daß Dich der Pope in Peregudi als Patin zuläßt?“
„Und weshalb sollte er nicht?“
„Weiß Gott … er ist so sehr gelehrt … fängt stets mit der Bibel an … er kann sagen: gehört nicht in meinen Pfarrbezirk.“
„Seien Sie ohne Sorgen … das wird er nicht sagen … obzwar er ein sehr studierter Herr ist, muß er doch das tun, was seine Frau will … Er beruft sich stets auf die Bibel, muß aber schließlich doch alles tun, was alle Männer tuen … der Frau folgen … Ich kenne ihn sehr wohl, und war schon einigemal in seiner Gesellschaft … Einmal nahm er sich vor keinen Branntwein zu trinken und berief sich auf die Bibel, wo es stehen soll: trinkt euch mit Wein nicht voll, denn das ist Sünde … ich aber antwortete ihm: wenn es auch Sünde sei Branntwein zu trinken, so trinken sie doch ein Gläschen, und er … trank.“
„Hat er wirklich getrunken?“
„Gewiß … getrunken.“
„Nun gut … schau jedoch, daß er sich nicht früher betrinkt und unser kleines Kind nicht beschädigt und ihn nicht etwa auf die Namen Ivan oder Nikolaus tauft.“
„Das soll er wohl bleiben lassen, ein christliches Kind Nikolai zu taufen … Weiß ich denn nicht, daß dies ein Moskauer Name ist.“
„So ist’s … Nikolai ist ein Moskauer.“
Es stellte sich jedoch ein Hindernis ein, nämlich: Kerasivna besaß keinen so großen und warmen Pelz, um das Kind nach Peregudi fahren zu können und der Tag war frostig, bitterkalt … es herrschte geradezu eine „barbarische Kälte“; dafür besaß die Dukačin einen prächtigen Pelz mit blauem Tuche benäht.
Dukač holte denselben aus dem Hause und gab ihn der Kerasivna, ohne ein Wort zu sprechen.
„Jetzt,“ meinte er, „zieh rasch den Pelz an, oder besser, behalte ihn für immer, doch mach’, daß das Kind bald nach Peregudi kommt, damit die Leute nicht sagen, des Dukač Kind sei schon drei Tage ungetauft.“
Kerasivna sträubte sich zwar im Anfang gegen das Geschenk, doch gab sie bald nach.
Sie wendete die mit Hasenfellen ausgefütterten Ärmel recht weit heraus, zog den großen Kragen hoch über den Kopf hinaus, und das ganze Dorf sah ihr neidisch nach, als sie in dem mit einem paar starker Pferde bespannten Schlitten neben Agap sitzend, durch das Dorf auf der Straße nach Peregudi, zum Popen Jeremij, fuhr.
Alle waren davon überzeugt, daß Agap und Kerasivna bei der Abfahrt nüchtern waren.
Es ist richtig, zwischen den Knieen des Agap, welcher die Pferde lenkte, lag ein nicht geradezu kleines rundes Fäßchen mit Pflaumenbranntwein; doch dasselbe war gewiß für den Popen bestimmt.
Das Kind lag unter dem großen und breiten Pelz, gut eingewickelt, warm, obwohl alle, ohne Ausnahme, davon überzeugt waren, es wird sich bei der Taufe des Kindes etwas Schreckliches ereignen.
Alle waren der Überzeugung, Gott lasse es nicht zu, daß der Sohn eines so großen Sünders und schlechten Menschen, wie es Dukač ist, getauft werde, schon deshalb nicht, weil als Patin eine – Hexe fungiere.
Was wäre das für ein Glaube, wo so etwas vorkommen könnte; Gott ist gerecht, er kann etwas derartiges nicht dulden, nicht zulassen.
Dieser Ansicht und dieses Glaubens war die Mutter des Kindes; sie weinte bittere Tränen über den Eigensinn ihres eigenen Mannes, welcher seinem einzigen, lange erwünschten und ersehnten Kinde und Erben eine anerkannte Hexe als Patin auswählte.
Unter solchen Verhältnissen fand die Abfahrt der Kerasivna, des Agap und des kleinen Sohnes des Dukač statt.
Dieses alles, was ich eben erzählte, ereignete sich zwei Tage vor Nikolai, im Wintermonat Dezember, um zehn Uhr Vormittag; das Wetter war rauh, frostig, der Wind wehte von der Moskauer Seite und verstärkte sich gerade zu jener Zeit, als Agap, Kerasivna und das Kind wegfuhren, und es hatte den Anschein, als wenn aus demselben ein richtiger Sturm herauswachsen würde.
Tatsächlich fing der Himmel an sich mit bleigrauen schweren Wolken zu überziehen; der Wind wirbelte den gefrorenen Schnee auf und gleichzeitig fing es an stark zu schneien.
Alle Leute, welche dem Kinde des Dukač alles böse wünschten, bekreuzten sich beim Anblick des sich bildenden Wetters andächtig und waren ganz zufrieden, denn es zeigte sich deutlich und sichtbar, daß Gott an ihrer Seite stehe.
Elftes Kapitel
Wie ruhig und gelassen sonst Dukač zu sein pflegte, heute empfand er eine gewisse Unruhe, Vorahnung oder ähnliches, denn er war doch nicht vollends befreit von dem herrschenden Aberglauben, und er fing an sich zu fürchten.
Bei dem Sturm, der sich immer mehr und mehr steigerte, konnte es vorkommen, daß etwas Ungeahntes, Unangenehmes, Unerwartetes sich ereignen könne; es konnten ja doch der Pate mit der Patin und dem Kinde in dem eingetretenen Schneesturme, der sich plötzlich erhob, sich verirren, was böse Folgen nach sich ziehen konnte; und der Schneesturm fing an zu wüten gerade zu jener Zeit, als der Schlitten in die Talschlucht einbog, die gegen Peregudi führte.
Dazu war es ihm noch unangenehmer die Vorwürfe seiner Frau hören zu müssen; aus dem Munde