Reineke Fuchs. Johann Wolfgang von GoetheЧитать онлайн книгу.
ihn so sehr! Ich band ihm darauf die vorderen Füße
Mit dem Seile zusammen, er war es zufrieden und stand so,
Zog und erlustigte sich und schien das Läuten zu lernen.
Doch es sollt ihm die Kunst zu schlechter Ehre gedeihen,
Denn er läutete zu wie toll und törig. Die Leute
Liefen eilig bestürzt aus allen Straßen zusammen,
Denn sie glaubten, es sei ein großes Unglück begegnet;
Kamen und fanden ihn da, und eh er sich eben erklärte,
Daß er den geistlichen Stand ergreifen wolle, so war er
Von der dringenden Menge beinah zu Tode geschlagen.
Dennoch beharrte der Tor auf seinem Vorsatz und bat mich,
Daß ich ihm sollte mit Ehren zu einer Platte verhelfen;
Und ich ließ ihm das Haar auf seinem Scheitel versengen,
Daß die Schwarte davon zusammenschrumpfte. So hab ich
Oft ihm Prügel und Stöße mit vieler Schande bereitet.
Fische lehrt ich ihn fangen, sie sind ihm übel bekommen.
Einmal folgt' er mir auch im Jülicher Lande, wir schlichen
Zu der Wohnung des Pfaffen, des reichsten in dortiger Gegend.
Einen Speicher hatte der Mann mit köstlichen Schinken,
Lange Seiten des zartesten Specks verwahrt' er daneben,
Und ein frisch gesalzenes Fleisch befand sich im Troge.
Durch die steinerne Mauer gelang es Isegrim endlich,
Eine Spalte zu kratzen, die ihn gemächlich hindurchließ,
Und ich trieb ihn dazu, es trieb ihn seine Begierde.
Aber da konnt er sich nicht im überflusse bezwingen,
Übermäßig füllt' er sich an; da hemmte gewaltig
Den geschwollenen Leib und seine Rückkehr die Spalte.
Ach, wie klagt' er sie an, die ungetreue, sie ließ ihn
Hungrig hinein und wollte dem Satten die Rückkehr verwehren.
Und ich machte darauf ein großes Lärmen im Dorfe,
Daß ich die Menschen erregte, die Spuren des Wolfes zu finden.
Denn ich lief in die Wohnung des Pfaffen und traf ihn beim Essen,
Und ein fetter Kapaun ward eben vor ihn getragen,
Wohlgebraten; ich schnappte darnach und trug ihn von dannen.
Hastig wollte der Pfaffe mir nach und lärmte, da stieß er
Über den Haufen den Tisch mit Speisen und allem Getränke.
Schlaget, werfet, fanget und stechet! so rief der ergrimmte
Pater und fiel und kühlte den Zorn (er hatte die Pfütze
Nicht gesehen) und lag. Und alle kamen und schrien:
Schlagt! ich rannte davon und hinter mir alle zusammen,
Die mir das Schlimmste gedachten. Am meisten lärmte der Pfaffe:
Welch ein verwegener Dieb! Er nahm das Huhn mir vom Tische!
Und so lief ich voraus, bis zu dem Speicher, da ließ ich
Wider Willen das Huhn zur Erde fallen, es ward mir
Endlich leider zu schwer; und so verlor mich die Menge.
Aber sie fanden das Huhn, und da der Pater es aufhub,
Ward er des Wolfes im Speicher gewahr, es sah ihn der Haufen.
Allen rief der Pater nun zu: Hierher nur! und trefft ihn!
Uns ist ein anderer Dieb, ein Wolf, in die Hände gefallen,
Käm er davon, wir wären beschimpft; es lachte wahrhaftig
Alles auf unsere Kosten im ganzen Jülicher Lande.
Was er nur konnte, dachte der Wolf. Da regnet' es Schläge
Hierher und dorther ihm über den Leib und schmerzliche Wunden.
Alle schrien, so laut sie konnten; die übrigen Bauern
Liefen zusammen und streckten für tot ihn zur Erde darnieder.
Größeres Weh geschah ihm noch nie, solang er auch lebte.
Malt' es einer auf Leinwand, es wäre seltsam zu sehen,
Wie er dem Pfaffen den Speck und seine Schinken bezahlte.
Auf die Straße warfen sie ihn und schleppten ihn eilig
Über Stock und Stein; es war kein Leben zu spüren.
Und er hatte sich unrein gemacht, da warf man mit Abscheu
Vor das Dorf ihn hinaus: er lag in schlammiger Grube,
Denn sie glaubten ihn tot. In solcher schmählichen Ohnmacht
Blieb er, ich weiß nicht wie lange, bevor er sein Elend gewahr ward.
Wie er noch endlich entkommen, das hab ich niemals erfahren.
Und doch schwur er hernach (es kann ein Jahr sein), mir immer
Treu und gewärtig zu bleiben; nur hat es nicht lange gedauert.
Denn warum er mir schwur, das konnt ich leichtlich begreifen:
Gerne hätt er einmal sich satt an Hühnern gegessen.
Und damit ich ihn tüchtig betröge, beschrieb ich ihm ernstlich
Einen Balken, auf dem sich ein Hahn des Abends gewöhnlich
Neben sieben Hühnern zu setzen pflegte. Da führt' ich
Ihn im stillen bei Nacht, es hatte zwölfe geschlagen,
Und der Laden des Fensters, mit leichter Latte gestützet,
Stand (ich wußt es) noch offen. Ich tat, als wollt ich hineingehn;
Aber ich schmiegte mich an und ließ dem Oheim den Vortritt.
Gehet frei nur hinein, so sagt ich: wollt Ihr gewinnen,
Seid geschäftig, es gilt! Ihr findet gemästete Hennen.
Gar bedächtig kroch er hinein und tastete leise
Hier- und dahin und sagte zuletzt mit zornigen Worten:
O wie führt Ihr mich schlecht! ich finde wahrlich von Hühnern
Keine Feder. Ich sprach: Die vorne pflegten zu sitzen,
Hab' ich selber geholt, die andern sitzen dahinten.
Geht nur unverdrossen voran und tretet behutsam.
Freilich der Balken war schmal, auf dem wir gingen. Ich ließ ihn
Immer voraus und hielt mich zurück und drückte mich rückwärts
Wieder zum Fenster hinaus und zog am Holze; der Laden
Schlug und klappte, das fuhr dem Wolf in die Glieder und schreckt' ihn;
Zitternd plumpt' er hinab vom schmalen Balken zur Erde.
Und erschrocken erwachten die Leute, sie schliefen am Feuer.
Sagt, was fiel zum Fenster herein? so riefen sie alle,
Rafften behende sich auf, und eilig brannte die Lampe.
In der Ecke fanden sie ihn und schlugen und gerbten
Ihm gewaltig das Fell; mich wundert, wie er entkommen.
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