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Briefe an Ludwig Tieck 3. VariousЧитать онлайн книгу.

Briefe an Ludwig Tieck 3 - Various


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suchen, und sich überall bei Altem und Neuem gegen sogenannte Unmoralität und Unanständigkeit kehren, und sich selbst mit einer Arroganz, die mich vollends erboßt, für das freiste, frömmste, rechtschaffenste und moralisch’ste Volk auf Gottes Erdboden ausgeben.

      In den Vorlesungen ist man recht übel daran mit dem Gemisch von Nationen, denen man kaum verständlich werden, geschweige für Aller Bedürfnisse sorgen kann. So hören in einem Collegium Heerens Leute aus allen Nationen zwischen Havannah und Kleinasien incl. In meiner Kunstgeschichte habe ich schon ganz darauf resignirt, für die Zuhörer zu lesen. Ich betrachte die Vorlesung als einen Versuch, die Masse des Stoffs zu begränzen und wie es gehn will, zu unterwerfen. Doch lese ich sie in heitrer Stimmung und oft mit Freudigkeit, wozu das Lokal der Bibliothek und die neidlose Menge von Hilfsmitteln beiträgt. Wenn wir nun bald Gipsabgüsse von den sogenannten Elginschen Erwerbungen hätten. Was ich in Dresden in der Antiken-Gallerie sowohl als im Mengsischen Museum gesehn habe, wird mir immer merkwürdiger, und ich sinne oft in Gedanken darüber. So sehne ich mich sehr den Menelaos und Patroklos wiederzusehn, eine Gruppe, die doch besonders gegen Winckelmanns schnödes Urtheil ans Licht gesetzt zu werden verdiente.

      Aber noch viel mehr freue ich mich darauf, Sie und die verehrten Ihrigen, wenn auch nur auf kurze Zeit wiederzusehn, und mich in der Gewogenheit glücklich zu fühlen, die ich mir einbilde einigermaßen zu besitzen.

      Der gute Lipsius könnte jetzt selbst in dem Columbarium beigesetzt werden, dessen Ursprung aus dem vertraulichen Familiengespräch der Livia er so gemüthlich zu erzählen wußte.

Ganz und garder IhrigeK. O. Müller.

      III

Göttingen, 12. April 21.

      Als ich im vorigen Herbste von Ihnen, verehrter Freund, und dem lieben Dresden schied, dachte ich noch über Weimar und Gotha zu gehn, und war noch voll von Reiseplänen, von denen ich hernach nichts ausgeführt habe. Denn am Ende war ich über dem Abschiede so weichmüthig geworden, und die ganze Reise kam mir nun auf einmal so nichtig und zwecklos vor, da ich Dresden so eilig verlassen hatte, daß ich von Leipzig aus gradem Wege in möglichster Schnelle nach Göttingen zurückfuhr, und mir doch noch jede Poststation eine Ewigkeit dünkte. Jetzt kam mir meine lange Unthätigkeit und der Schlendrian des Lebens, dem man sich auf Reisen ergiebt, ordentlich wie ein Verbrechen vor, und ich stürzte mich mit doppeltem Eifer wieder in meine Studien. Nun ist wieder ein halbes Jahr vorbei, und ich schaue hinaus, und denke sehr lebhaft an Sie. Mehrere Freunde ziehen von hier fort, unter andern der Sanskritkenner Fr. Bopp, mit dem ich diesen Winter und besonders in der letzten Zeit viel zusammen gewesen bin. Wir hatten einen kleinen Cirkel, in welchem mancher Abend darauf verwandt wurde, Ihren Phantasus zu lesen; oft konnten wir bis tief in die Nacht hinein nicht aufhören, besonders über dem köstlichen Fortunat. Ich mußte dem Vorleser machen, wozu ich wenig taugte, wenn mich nicht manche Erinnerungen von Ihnen bisweilen aufrecht gehalten hätten. Bopp kommt in sechs Wochen etwa nach Dresden und wird sich die Freiheit nehmen Sie zu besuchen. Nur Schade, daß man ihn erst nach einigen Wochen recht kennen und schätzen lernt; zuerst hat er etwas sehr Unscheinbares. In diesen Ostertagen will ich mit meinem Bruder – um nicht als Bodensatz in Göttingen zurück zu bleiben – eine kleine Reise durch den Thüringerwald machen, leider wieder mit der Eile, die mich mein ganzes Leben hindurch vor sich hertreibt. Die Ferien greifen diesmal ziemlich mit in das Frühjahr hinein, und ich möchte das erste frische Grünen und Blühen des Waldes in diesen Bergen genießen, die ich mir sehr anmuthig verschlungen und verzweigt denke. – In diesen Tagen sind alle Griechen von hier abgegangen, um dem Kriegschauplatz näher zu sein. Meine Betrübniß darüber wird durch die Hoffnung überwunden, daß das oft versuchte Befreiungswerk nun endlich von Statten gehn wird, so sehr auch die Klugen, die stets wenig auf höhere Motive rechnen, zweifeln und fürchten mögen. Mir scheint es, als entscheide diese letzte und äußerste Kraftanstrengung über die Zukunft Europa’s, da das Leben, im Fall es glückt, eine ganz andere Richtung bekommen und sich wieder nahe an die Vorzeit und Ostwelt anlehnen wird, während es sich jetzt einseitig in eine selbstgemachte Cultur verliert. Den Göttingern scheint es ein wichtiges Ereigniß, daß der König gegen Ende Augusts nach Göttingen kommen wird, ich glaube der Prorektor sinnt jetzt schon auf passende Empfangsfeierlichkeiten, die doch am Ende lächerlich ausfallen. Da ich einmal darauf verfallen bin, Ihnen von allerlei verschiedenartigen Dingen, die gerade im Götting’schen Gesichtskreis liegen, Relation zu machen: so muß ich auch etwas von meinen litterarischen Plänen referiren. Ich habe zum Gegenstand des zweiten Bandes die Dorier gewählt, freilich ein weit größeres Thema als die Minyer; auch weiß ich noch nicht, wie ich es bezwingen werde. Religion, Staat, Kunst und gemeines Leben sind bei diesem Volksstamm so eigenthümlich, daß man wohl sagen kann: es habe nie eine schärfer ausgeprägte Form menschlichen Seins und Thuns gegeben. Die Entwickelung des Dorischen Charakters aus den tiefsten Gründen, zu welchen Fr. Schlegel und Schleiermacher manche Andeutung gegeben haben, überlasse ich freilich Andern; ich will mich mehr in den mittlern historischen Gegenden halten, wo man sich begnügt, die Nationalität als gottgegebne Bestimmung unerklärt stehen zu lassen. Ueber sehr Vieles möchte ich gern Ihre Stimme vernehmen, und vielleicht giebt sich Gelegenheit dazu. Ist Ihr Werk über Shakespeare schon dem Drucke nah? Ich komme noch manchmal auf das Griechische Theater zurück, und es interessirte mich neulich, bei Thiersch Einleitung zu Pindar S. 112 zu lesen, daß Fr. Gärtner, dessen Werk wir noch nicht haben, vor dem Heratempel zu Agrigent sich steinerne Sitze amphitheatralisch erheben sah. So war auch in Athen der Tempelhof des Lenäons das älteste Theater. Der große Brandopferaltar vor dem Tempel, zu dem man gewöhnlich auf vielen Stufen hinaufstieg, war dann die älteste Thymele; rings umher tanzt der kyklische oder dithyrambische Chor, und die Stufen des Tempels bildeten wohl die älteste Scene, daher noch später die Säulenverzierungen an der Scenenwand. Etwa so, wenn es erlaubt ist —

      Für das tragische Costüm würde man viel aus den Mosaiken des Pio-Clementinum lernen, die Millin (Description d’une Mosaique antique Paris 1819) herausgegeben, wenn sie nicht gar zu grob und ungeschlacht wären. Wenigstens sieht man daraus, daß die Alten so gut wie keine Variation des Costüms kannten und am weitsten von der historischen Pedanterei unsrer Zeit entfernt waren; und die Kothurne erscheinen dort wirklich als eine Art von Stelzen.

      Doch ich muß den Brief schließen, weil ich sonst ganz ins Citiren u. dgl. hineinkomme. Ich rechne überall auf Ihre gütige Nachsicht. Mein Bruder empfiehlt sich Ihnen; der angenehme Tag in Dresden liegt ihm wie ein Traum in der Seele; der mannigfaltige und flüchtige Kunstgenuß ist ihm wie ein Taumel vorübergegangen. Er wird jetzt nach 2 Jahren juristischer Studien noch zum Theologen; alle Remonstrationen waren vergebens; es ist bei ihm entschiedne Neigung.

      Max’n haben Sie gewiß schon durch die versprochnen Mährchen erfreut.

      Ich empfehle mich dem geneigten Andenken der Ihrigen und der Frau Gräfin. Möchten Sie mich bald, auch nur mit wenigen Zeilen erfreun.

Ihrtreu ergebnerK. Otfr. Müller.

      IV

Göttingen, 26. Nov. 1821.

      Obgleich es nichts Besonderes und Einzelnes ist, was ich Ihnen zu schreiben hätte, verehrter Freund: so ist es mir doch jetzt schon Bedürfniß geworden, mich von Zeit zu Zeit mit Gedanken und Gefühlen an Sie zu wenden. Mein Leben fließt ohne tiefe Bewegungen so leicht und heiter dahin, daß ich in dem beständigen Fluß der Dinge den Wechsel doch gar nicht merke; indeß kann ich doch von Zeit zu Zeit zurückschauen, und den zurückgelegten Weg überschauen. Eigentlich liebe ich nicht zu reflektiren, was ich gethan und was ich thun soll, sondern überlasse mich dem innern Triebe, den ich für den Leiter meines Daseins halte. Bei dieser sorglosen und harmlosen Art zu existiren bin ich nun freilich gar nicht geeignet, mein Streben und Leben so zu concentriren und zusammenzufassen, wie ich es gern möchte, daß es vor Ihnen erschiene; daher ich für die Unbedeutendheit meiner Briefe ein für allemal um Verzeihung bitte.

      Von Ihnen dringt nach unserm so ganz unpoetischen Göttingen nur bisweilen eine schwache Kunde, die ich stets mit Begierde auffasse. Waren Sie nicht kürzlich mit Ihrer lieben Familie in Stuttgardt? Um so mehr muß ich mich an Ihre Schriften halten, die jetzt wieder reichlicher zu fließen anfangen. Die 2 Bände Gedichte haben wir; den 3ten, den neuen Fr. Sternbald, die Novellen,


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