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Der Zauberberg. Volume 1. Томас МаннЧитать онлайн книгу.

Der Zauberberg. Volume 1 - Томас Манн


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Erregung hatte sich bei Joachims Worten zum Heitern entschieden, und indem er im Gehen die Augen mit der Hand bedeckte und sich vorneigte, wurden seine Schultern von einem raschen und leisen Kichern erschüttert.

      "Sind sie auch eingetragen?" fragte er, und das Sprechen wur-de ihm nicht leicht; es klang vor zurückgehaltenem Lachen wei-nerlich und leise jammernd. "Haben sie Statuten? Schade, daß du nicht Mitglied bist, du, dann könnten sie mich als Ehrengast zulassen oder als … Konkneipant … Du solltest Behrens bitten, daß er dich teilweise außer Betrieb setzt. Vielleicht würdest du auch pfeifen können, wenn du's drauf anlegtest, es muß doch schließlich zu lernen sein … Das ist das Komischste, was ich in meinem Leben gehört habe!" sagte er tief aufseufzend. "Ja, verzeih, daß ich so davon spreche, aber sie selbst sind ja in der besten Laune, deine pneumatischen Freunde! Wie sie daher-kamen … Und zu denken, daß es der 'Verein Halbe Lunge' war! 'Tiuu' pfeift sie mich an, – eine tolle Person! Aber das ist doch heller Übermut! Warum sind sie so übermütig, du, willst du mir das mal sagen?"

      Joachim suchte nach einer Antwort. "Gott", sagte er, "sie sind so frei… Ich meine, es sind ja junge Leute, und die Zeit spielt keine Rolle für sie, und dann sterben sie womöglich. Warum sollen sie da ernste Gesichter schneiden. Ich denke manchmal: Krankheit und Sterben sind eigentlich nicht ernst, sie sind mehr so eine Art Bummelei, Ernst gibt es genaugenommen nur im Leben da unten. Ich glaube, daß du das mit der Zeit schon ver-stehen wirst, wenn du erst länger hier oben bist."

      "Sicher", sagte Hans Castorp. "Das glaube ich sogar sicher. Ich habe schon sehr viel Interesse gefaßt für euch hier oben, und wenn man sich interessiert, nicht wahr, dann kommt das Verste– von selber … Aber wie ist mir denn nur, – sie schmeckt nicht!" sagte er und betrachtete seine Zigarre. "Ich frage mich die ganze Zeit, was mir fehlt, und nun merke ich, daß es Maria ist, die mir nicht schmeckt. Sie schmeckt wie Papiermache, ich versichere dich, es ist gerade, wie wenn man einen völlig ver-dorbenen Magen hat. Das ist doch unbegreiflich! Ich habe ja ungewöhnlich viel zum Frühstück gegessen, aber das kann der Grund nicht sein, denn wenn man viel gegessen hat, so schmeckt sie zunächst sogar besonders gut. Meinst du, es kann daher kommen, daß ich so unruhig geschlafen habe? Vielleicht bin ich dadurch in Unordnung geraten. Nein, ich muß sie gera-dezu wegwerfen!" sagte er nach einem neuen Versuch. "Jeder Zug ist eine Enttäuschung; es hat keinen Zweck, daß ich es for-ciere." Und nachdem er noch einen Augenblick gezögert, warf er die Zigarre den Abhang hinab zwischen das feuchte Nadel-holz. "Weißt du, womit es meiner Überzeugung nach zusam-menhängt?" fragte e r… "Meiner festen Überzeugung nach hängt es mit dieser verdammten Gesichtshitze zusammen, an der ich nun schon wieder seit dem Aufstehen laboriere. Weiß der Teufel, mir ist immer, als wäre ich schamrot im Gesicht… Hast du das auch so gehabt, als du ankamst?"

      "Ja", sagte Joachim. "Mir war auch zuerst etwas sonderbar. Mach dir nichts draus! Ich hab dir ja gesagt, daß es nicht so leicht ist, sich einzuleben bei uns. Aber du kommst wieder in Ordnung. Siehst du, die Bank steht hübsch. Wir wollen uns etwas setzen und dann nach Hause gehen, ich muß in die Liegekur."

      Der Weg war eben geworden. Er lief nun in der Richtung auf Platz Davos, etwa in Drittelhöhe des Hanges, und gewährte Wischen hohen, schmal gewachsenen und windschiefen Kiefern den Blick auf den Ort, der weißlich in hellerem Lichte lag. Die schlicht gezimmerte Bank, auf der sie sich setzten, lehnte sich an die steile Bergwand. Neben ihnen fiel ein Wasser in of-fener Holzrinne gurgelnd und plätschernd zu Tal.

      Joachim wollte den Vetter über die Namen der umwölkten Alpenhäupter unterrichten, die das Tal im Süden zu schließen schienen, indem er mit der Spitze seines Bergstockes auf sie wies. Aber Hans Castorp blickte nur flüchtig hin, er saß vorn-übergebeugt, zeichnete mit der Zwinge seines städtischen, sil-berbeschlagenen Stockes Figuren im Sand und verlangte anderes zu wissen.

      "Was ich dich fragen wollte – ", fing er an … "Der Fall in meinem Zimmer war also gerade eingegangen, als ich kam. Sind sonst schon viele Todesfälle vorgekommen, seit du hier oben bist?" – "Mehrere sicher", antwortete Joachim. "Aber sie werden diskret behandelt, verstehst du, man erfährt nichts da-von oder nur gelegentlich, später, es geht im strengsten Ge-heimnis vor sich, wenn einer stirbt, aus Rücksicht auf die Pa-tienten und namentlich auf die Damen, die sonst leicht Zufälle bekämen. Wenn neben dir jemand stirbt, das merkst du gar nicht. Und der Sarg wird in aller Frühe gebracht, wenn du noch schläfst, und abgeholt wird der Betreffende auch nur in solchen Zeiten, zum Beispiel während des Essens."

      "Hm", sagte Hans Castorp und zeichnete weiter. "Hinter den Kulissen also geht so etwas vor sich."

      "Ja, so kann man sagen. Aber neulich, es ist nun, warte mal, möglicherweise acht Wochen her – "

      "Dann kannst du nicht neulich sagen", bemerkte Hans Castorp trocken und wachsam.

      "Wie? Also nicht neulich. Du bist aber genau. Ich habe die Zahl ja nur so geraten. Also vor einiger Zeit, da habe ich doch einmal hinter die Kulissen gesehen, aus reinem Zufall, ich weiß es wie heute. Das war, als sie der kleinen Hujus, einer Katholi-schen, Barbara Hujus, das Viatikum brachten, das Sterbesakra-ment, weißt du, die Letzte Ölung. Sie war noch auf, als ich hier ankam, und ausgelassen lustig konnte sie sein, so dalberig, recht wie ein Backfisch. Aber dann ging es rapide mit ihr, sie stand nicht mehr auf, drei Zimmer von meinem lag sie, und ihre El-tern kamen, und nun kam denn also der Priester. Er kam, während alles beim Tee war, nachmittags, es war kein Mensch auf den Gängen. Aber stelle dir vor, ich hatte verschlafen, ich war in der Hauptliegekur eingeschlafen und hatte das Gong überhört lind mich um eine Viertelstunde verspätet. Da war ich nun im entscheidenden Augenblick nicht, wo alle waren, sondern war hinter die Kulissen geraten, wie du sagtest, und wie ich über den Korridor gehe, da kommen sie mir entgegen, in Spitzen-hemden und ein Kreuz voran, ein goldenes Kreuz mit Laternen, der eine trug es voran wie den Schellenbaum vor der Janitscha-renmusik."

      "Das ist kein Vergleich", sagte Hans Castorp nicht ohne Strenge.

      "Es kam mir so vor. Ich wurde unwillkürlich daran erinnert. Aber höre nur weiter. Sie kommen also auf mich zu, marsch, marsch, im Geschwindschritt, zu dritt, wenn ich nicht irre, vor-an der Mann mit dem Kreuz, darauf der Geistliche, eine Brille auf der Nase, und dann noch ein Junge mit einem Räucherfäß-chen. Der Geistliche hielt das Viatikum an der Brust, es war zu-gedeckt, und er hielt recht demütig den Kopf schief, es ist ja ihr A I Irrheiligstes."

      "Eben üben darum", sagte Hans Castorp. "Eben aus diesem Grunde wundere ich mich, daß du von Schellenbaum sprechen magst."

      "Ja, ja. Aber warte nur, wenn du dabei gewesen wärst, wüß-test du auch nicht, was du für ein Gesicht machen solltest in der Erinnerung. Es war, daß man davon träumen könnte – "

      "In welcher Hinsicht?"

      "Folgendermaßen. Ich frage mich also, wie ich mich zu ver-halten habe unter diesen Umständen. Einen Hut zum Abneh-men hatte ich nicht auf-"

      "Siehst du wohl!" unterbrach ihn Hans Castorp rasch noch einmal. "Siehst du wohl, daß man einen Hut aufhaben soll! Es ist mir natürlich aufgefallen, daß ihr keinen tragt hier oben. Mm soll aber einen aufsetzen, damit man ihn abnehmen kann, bei Gelegenheiten, wo es sich schickt. Aber was denn nun weiter?"

      "Ich stellte mich an die Wand", sagte Joachim, "in anständigen Haltung, und verbeugte mich etwas, als sie bei mir waren, – es war gerade vor dem Zimmer der kleinen Hujus, Nummer achthundzwanzig. Ich glaube, der Geistliche freute sich, daß ich grüßte; er dankte sehr höflich und nahm seine Kappe ab. Aber zugleich machen sie auch schon halt, und der Ministrantenjunge mit dem Räucherfaß klopft an, und dann klinkt er auf und läßt seinem Chef den Vortritt ins Zimmer. Und nun stelle dir vor und male dir meinen Schrecken aus und meine Empfindungen! In dem Augenblick, wo der Priester den Fuß über die Schwelle setzt, geht da drinnen ein Zetermordio an, ein Gekreisch, du hast nie so etwas gehört, drei-, viermal hintereinander, und da-nach ein Schreien ohne Pause und Absatz, aus weit offenem Munde offenbar, ahhh, es lag ein Jammer darin und ein Entset-zen und Widerspruch, daß es nicht zu beschreiben ist, und so ein greuliches Betteln war es auch zwischendurch, und auf einen Schlag wird es hohl und dumpf, als ob es in die Erde versunken wäre und tief aus dem Keller käme."

      Hans Castorp hatte sich seinem Vetter heftig zugewandt. "War das die Hujus?" fragte er aufgebracht. "Und wieso: aus dem Keller?"

      "Sie war


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