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Der Rekrut. Hendrik ConscienceЧитать онлайн книгу.

Der Rekrut - Hendrik Conscience


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sie sang in hellen Lauten den Refrain vom bekannten Mailiede.

      Den Maibaum that man pflanzen,

      Mit grünem Laub geschmückt;

      Man sah die Jugend tanzen

      Um ihn, froh und beglückt.

      Ihr Mädchen allzusammen

      Benutzt die Jugendzeit;

      Das Alter löscht die Flammen

      Der tollen Heiterkeit.

      Trien blieb träumend stehen, bis die Stimme ihrer Freundin hinter dem Walde verscholl. Dann eilte sie halb gehend und halb hüpfend auf dem Wege weiter und erreichte endlich ihre Wohnung. Dort saßen die beiden Wittwen an einem Tische, mit Ungeduld auf Trien wartend. Der alte Großvater, vom Rheuma befallen, lag im Bett in den Alkoven und steckte den Kopf zwischen die Vorhänge heraus, um wenigstens mit Aug und Ohr bei dem großen Werke, das man unternehmen wollte, gegenwärtig zu sein.

      Sobald sich das Mädchen in der Flur hören ließ, rafften die bei- den Wittwen in aller Hast die Sachen zusammen, die auf dem Tische lagen, und wischten ihn mit der Schürze rein. »Komm her, Trien,« sagte Jan's Mutter, »setze dich auf Großvaters Stuhl, er ist viel bequemer.«

      Das Mädchen nahm am Tische Platz, legte das Blatt Papier vor sich hin, und steckte sich die Feder zwischen die Lippen.

      Die Frauen und der Großvater sahen das sinnende Mädchen höchst neugierig an; das Brüderchen stemmte sich mit beiden Armen auf den Tisch, und gaffte ihr in Mund und Augen, um herauszubekommen , was sie mit der Feder thun wollte.

      Doch Trien stand auf ohne ein Wort zu sprechen, nahm eine Kaffeetasse vom Kasten herab, schüttete die Tinte aus dem Fläschchen hinein, und setzte sich dann wieder an den Tisch, wo sie das Papier nach allen Seiten herumwandte.

      Endlich tauchte sie die Feder in die Tinte und schickte sich zum Schreiben an. Nach einem Augenblicke hub sie ihren Kopf in die Höhe und frug dann:

      »Nun sagt mir, was soll ich schreiben?«

      Die beiden Wittwen sahen einander fragend an, und blickten auch auf den kranken Großvater hin, der den Hals aus dem Vorhange steckte und unverwandt nach Triens Hand hinsah.

      »Nun schreibt, daß wir alle wohlauf sind,« sagte der Alte hustend, »so fängt ein Brief doch immer an.«

      Das Mädchen bemerkte mit lächelnder Miene:

      »Nun das wäre auch arg; daß wir alle wohlauf sind – und ihr liegt seit vierzehn Tagen krank im Bett.«

      »Das könnt ihr ihm zuletzt im Brief immer noch sagen, Trien.«

      »Nein, Mädchen, weißt du was du thun sollst?« sprach Jan's Mutter, »frage ihn zuerst, wie es mit seiner Gesundheit steht, sobald wir das auf dem Papier haben, werden wir wohl etwas dazu finden.«

      »Nein, Kind,« sagte die andere, »schreib zuerst, daß du die Feder in die Hand nimmst, um zu hören, wie es mit seiner Gesundheit steht. So fing der Brief von Peter's Tieft auch an, den man uns gestern beim Bäcker vorlas.«

      »Ja, das sagte des Holzschuhmachers Kaet auch, aber ich thu' es doch nicht, denn es ist so kindisch,« sagte das Mädchen ungeduldig. »Jan wird doch von selbst wissen, daß ich mit meinen Füßen nicht schreiben kann.«

      »Setzt zuerst seinen Namen oben aufs Papier,« sagte der Großvater.

      »Welchen Namen? Braams?«

      »Durchaus nicht; Jan!«

      »Ihr habt Recht, Vater,« antwortete das Mädchen, »geh' fort, Paul, thu' deine Arme vom Tisch herunter, und ihr, Mutter, setzt euch etwas mehr zurück, sonst werdet ihr mich sicher stoßen.«

      Sie setzte die Feder an's Papier und während sie nach dem Platz suchte, wohin sie schreiben sollte, buchstabierte sie für sich den Namen des abwesenden Freundes.

      Da stand Jan's Mutter mit einem Mal auf und ergriff des Mädchens Hand.

      »Warte noch ein Bisschen, Trien, das Jan allein gefällt mir nicht, es ist zu kurz, es sollte etwas dabei sein. Wäre es nicht besser, geliebter Sohn, oder liebes Kind, dazu zu setzen?«

      Diese Worte hörte Trien fast nicht, sie leckte am Papier und rief halb unmuthig:

      »Seht, das kommt davon, da ist ein großer Klex auf dem Papier, und da hilft das Lecken nichts, er geht doch nicht heraus. Ich will das andere Blatt nehmen.«

      »Nun, Trien, was sagt ihr dazu, geliebter Sohn, ist doch viel hübscher?«

      »Nein, das will ich auch nicht hinsetzen,« murmelte Trien verdrießlich, »kann ich denn an Jan schreiben, als ob ich seine Mutter war?«

      »Aber was willst du denn schreiben?«

      Eine tiefe Schamröthe bedeckte des Mädchens Stirn.

      »Wenn wir lieber Freund schrieben, findet ihr das nicht am Besten?«

      »Das will ich denn doch auch nicht,« sagte die Mutter, »setze lieber kurzweg Jan.«

      »Lieber Jan?« frug das Mädchen.

      »Ja, so ist's gut,« antworteten Alle mit Einem Mal, als waren sie über die Lösung des schwierigen Räthsels hoch erfreut.

      »Doch bleibt mir auch vom Leib,« rief das Mädchen, »und haltet den kleinen Paul, daß er mich nicht stößt.«

      Das Mädchen begann die Arbeit, nach einem Augenblick standen ihr die hellen Schweißtropfen auf der Stirn, sie hielt ihren Athem an und war von der Anstrengung ganz roth, dabei seufzte sie tief auf, als hätte sie sich einer schweren Last entledigt und sagte heiter: »Uf! das L ist doch ungeheuer schwer! Doch jetzt steht es da mit seinem langen Hals.«

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